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Tübingen darf Verpackungssteuer erheben

Nach Schlappe vor dem VGH macht Bundesverwaltungsgericht den Weg frei

Tübingen darf nun doch eine Verpackungssteuer erheben

Die Stadt Tübingen darf Steuern auf Einwegverpackungen erheben. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden. In der Vorinstanz beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim hatte sich eine McDonald’s-Filiale in Tübingen noch durchgesetzt. Die Richter am VGH Mannheim bemängelten die fehlende Kompetenz einer Gemeinde für die Einführung einer solchen Steuer. Schließlich werden Speisen und Getränke zum Mitnehmen ja möglicherweise außerhalb des Gemeindegebiets verbracht, somit handele es sich nicht um eine örtliche Steuer. Das sah das Bundesverwaltungsgericht anders: In der Regel würden „to go“- Speisen und -Getränke noch an Ort und Stelle verzehrt und damit sei die Steuer ortsgebunden und dürfe von der Gemeinde erhoben werden.

Angesichts dieses Urteils fordert die deutsche Umwelthilfe Städte und Gemeinden auf, dem Tübinger Modell zu folgen. Freiburg Lebenswert begrüßt die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts und schließt sich dieser Forderung für die Stadt Freiburg an.

Die Menge aller Einwegbecher hat sich laut Verbraucherzentrale für heiße und kalte Getränke in den letzten 25 Jahren verdoppelt. Betrachtet man lediglich die Heißgetränke, liegt die Steigerung sogar bei satten 500 %. Bereits die Herstellung der Einwegbehältnisse kostet Energie und verbraucht mehr Wasser, als das Behältnis aufnehmen kann. Die meisten Becher für Heißgetränke bestehen aus Pappe mit einer Kunststoffbeschichtung, was die Wiederverwertung schwierig bis unmöglich macht. Demgemäß landen viele Becher als Müll in der Landschaft, was ganz nebenbei auch noch den Anteil von Mikroplastik erhöht.

So enden viele Einwegverpackungen

Aufrufe zur Freiwilligkeit bringen erfahrungsgemäß nichts. Die Politik muss entsprechend gegensteuern. Ein Instrumentarium ist der Preis. Umweltschädliche Produkte müssen mehr kosten als umweltfreundliche. An Müll in den Straßen mangelt es in Freiburg wahrlich nicht, mal abgesehen davon, dass alle einen Beitrag leisten sollten, die Müllteppiche in den Ozeanen nicht weiter zu vergrößern.

Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Weg für die lokale Politik zu einer Verpackungssteuer geebnet. Freiburg sollte ihn mitgehen.

Fotos: K. U. Müller




Investor fällt letzten Baum bei Bauprojekt in der Sternwaldstraße

Investor hält sich nicht an Auflagen der Baugenehmigung – GuT war informiert

Anwohner aus der Sternwaldstraße haben uns berichtet, dass der Investor bei seinem umstrittenen Bauprojekt Sternwaldstraße 7/9 am Freitag, den 12.5.2023 den letzten verbliebenen Baum ebenfalls gefällt hat. Um das Bauprojekt zu realisieren, hatte der Investor bereits 2021 eine Vielzahl alter Bäume auf dem Grundstück entfernen lassen.

Wird wie im vorliegenden Fall im ungeplanten Innenbereich gebaut, kann auch eine Baumschutzsatzung eine Fällung nicht verhindern, wenn ein Eigentümer oder ein sonstiger Berechtigter aufgrund bauplanungsrechtlicher Vorschriften die Fläche, auf der sich ein Baum befindet, überbauen darf (§ 6 Abs. 2 Nr. 2 der Satzung). Bedauerlicherweise lag dieser Sachverhalt bei den bereits gefällten Bäumen vor. Der Baum, der nun gefällt wurde, war jedoch von dieser Ausnahmeregel nicht betroffen. So durften auch laut Schreiben vom Garten- und Tiefbauamt vom 11.01.2021 (Az. 20-746 – Bestandteil der Baugenehmigung Baurechtsamt Az. 03762-20) die verbliebenen Bäume durch die Bautätigkeit nicht in Ihrem Bestand beeinträchtigt werden, insbesondere durften im Wurzelbereich keinerlei Verdichtungsmaßnahmen und Materiallagerungen vorgenommen werden.

Laut Investor seien die Bauarbeiter durch den Baum gefährdet gewesen, eine fadenscheinige Begründung, mit welcher der Investor die Fällung zurechtzutricksen versuchte. Auf Anfrage teilte das Garten- und Tiefbauamt (GuT) mit, der Bergahorn auf dem Grundstück sei bereits bei den Aushubarbeiten für den Neubau verbotswidrig am Wurzelwerk so stark beschädigt worden, dass ein Erhalt des Baumes aus Sicherheitsgründen nicht mehr möglich sei. Das GuT habe damit die Befreiung zur Fällung des aktuell noch bestehenden Baums von der Baumschutzsatzung erteilt (§ 6 Abs. 2 Nr. 5 der Satzung). Der Verstoß gegen die Auflagen in der Baugenehmigung sei mit einem Ordnungswidrigkeitenverfahren geahndet worden. Das Schlimme daran: Das GuT, von Anwohnern rechtzeitig informiert, dass der Baum nicht den Auflagen gemäß behandelt wurde, hielt ein Einschreiten nicht für nötig.

Was lief schief in der Sternwaldstraße? Alles. Ein Investor will im Innenhof eines gewachsenen Grundstücks zwei völlig unpassende Klötze errichten und zerstört damit nicht nur die bauliche Harmonie dieser schönen Gegend in der Oberwiehre, sondern auch die Natur, bestehend aus mehreren alten Bäumen. Eine Gesprächsbereitschaft bestand seitens des Investors zu keiner Zeit, weder mit der Stadt noch mit den Anwohnern, die nun wieder einmal mit dem Schlimmsten leben müssen. Dass bei den bereits erfolgten Fällungen auch Bäume und Sträucher auf dem Nachbargrundstück betroffen waren, setzt dem unrühmlichen Vorgang die Krone auf. Schließlich verstößt der Investor gegen die Auflagen, darf den letzten Baum fällen und kauft sich über ein Bußgeld frei. Und dann ist da noch das GuT, an welches sich die Anwohner gewandt haben in der Hoffnung, sich auf die Behörde verlassen zu können.

Mit einer Bauleitplanung ließe sich dieser bauliche Wildwuchs verhindern. Gemäß § 1 a BauGB könnten auch Belange des Umweltschutzes besser berücksichtigt werden. Eine solche Bauleitplanung, sei es durch Bebauungspläne oder durch Satzungen, wird seit Jahren für die Wiehre von den Bürgervereinen gefordert. Die längst verabschiedeten Erhaltungs- und Gestaltungssatzungen werden verschleppt. Inakzeptable Nachverdichtungen wie in der Sternwald- oder auch in der Kronenstraße sind die Folge.

Es wird Zeit, dass die Stadt ihrer Verantwortung nachkommt und für solch gewachsene Quartiere endlich die rechtlichen Rahmenbedingungen schafft, um derart uneinsichtige und unkooperative Bauträger in die Schranken zu weisen.

Der Baum ist gefällt. Dass sich der Betonbau nicht in die Umgebung einfügt, ist unschwer zu erkennen
Das Areal Sternwaldstraße vor den Baumfällungen

Fotos: P. Vogt




Stolberger Zink

Dem wiederholten Vorschlag die Altlastenfläche in Kappels Ortsteil Neuhäuser für die Nutzung von Wohnbau „herzurichten“, diesmal gefordert von Grünen, SPD/Kult, ESFA, CDU und Freien Wählern (BZ vom 17.4.2023), widerspricht Freiburg Lebenswert.

Auf dieser Altlastenfläche lagern rund 65.000 m³ schwermetall-belastete Erde und Schlamm aus dem Bergbau. Bei Nutzung dieser Fläche für Wohnungsbau muss dieses belastete Material zu irgendeiner, mit Sicherheit weit entfernten Deponie verbracht werden. Da Deponieraum rar ist, kann man mit horrenden Kosten an Deponiegebühren rechnen. Weiter muss das Gelände zu etwa 70 % wieder aufgefüllt werden. Macht rund 45.000 m³. Zusammen also rund 110.000 m³, die weg bzw. zu gefahren werden müssen. Unter der Annahme, dass dabei große 4-Achs-Kipplastwagen mit einer Nutzlast von 19 Tonnen und einem Nutzvolumen von 12 m³ zum Einsatz kommen, sind das weit über 9.000 Fahrten von vermutlich dieselbetriebenen LKW. Transportkosten und CO2-Ausstoß der Diesellaster dürfen somit ebenfalls als horrend angenommen werden.

Letzter Stand von 2014 ist, dass die Anzahl der Wohnungen auf dem Altlastengelände gegen den Protest des Bürgervereins Neuhäuser von 80 auf 150 erhöht werden sollte. Bei 9.000 Fahrten kommen auf jede der 150 Wohnungen 60 LKW-Fahrten für Aushub bzw. Auffüllmaterial. 60 Fahrten pro Wohnung! Und bis zu diesem Zeitpunkt ist noch keine einzige Wohnung gebaut. Für deren Bau kommen ja noch weitere LKW-Fahrten hinzu. Wie sollen unter diesen Randbedingungen zu wirtschaftlich seriösen Bedingungen Wohnungen gebaut werden können? „Bezahlbar“ werden sie auf keinen Fall sein!

Geologen und Chemiker raten in aller Regel davon ab, schwermetallhaltige Erzabraumhalden zu öffnen, da dadurch die Schwermetalle oft erst mobilisiert würden. Sie empfehlen eher, die Inertisierung der Schwermetalle zu festen chemischen Verbindungen wie Oxiden, Carbonaten etc. oder zu organischen und anorganischen Komplexen der Natur zu überlassen. Nebenbei bemerkt nahm die Schwermetallbelastung der deutschen Gewässer, aus denen oft Trink- und Brauchwasser als Uferfiltrat gewonnen wird, seit den 1970er Jahren rapide ab, stellt also für die Trinkwasseraufbereitung kein großes Problem mehr dar.

Der HPC-Gutachter wies damals daraufhin, dass er während der Sanierung keine Möglichkeit sieht, die Lärm-Grenzwerte für das dortige reine Wohngebiet einzuhalten. Da diese Werte bindend seien und der Stadt daher kein Ermessen zustünde, könnten klagebereite Anwohner die Sanierung behindern und zumindest hinauszögern. Dazu komme, dass bei einer Stilllegung der Baustelle aufgrund von Klagen die Anwohner den giftigen Stäuben der dann offenen Sanierungsfläche ausgesetzt wären.

Fazit von Stadtrat Wolf-Dieter Winkler: „Ein solcher Aufwand für 150 Wohnungen ist nicht finanzierbar und damit nicht vermittelbar. Am besten überlässt man daher diese Abraumhalde sich selbst, entfernt den eingetragenen Wohlstandsmüll, kontrolliert die Abflüsse gelegentlich auf Schwermetallbelastung und wertet die Fläche einfach zu einem Biotop auf.“

Pressemitteilung FL vom 21.4.2023, Autor: Dr. Wolf-Dieter Winkler. Siehe auch unseren Beitrag im Amtsblatt vom 29.4.2023, Seite 3.




Stadtbildprägende Gebäude erhalten? Fehlanzeige!

Nun ist es also amtlich: Nachdem jahrelang nichts passiert und somit neue Hoffnung aufgekeimt war, soll der Altbau Habsburger Straße 91 voraussichtlich in Kürze abgerissen werden. Wieder verliert Freiburg ein historisches stadtbildprägendes Haus. Wieder einmal war ein schützenswertes Gebäude nicht denkmalgeschützt, obwohl es sich um ein sehr seltenes Haus aus der Zeit vor dem gründerzeitlichen Bauboom handelt. Auf Anfrage von Freiburg Lebenswert wurde uns am 23.3.2023 mitgeteilt, die Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung als Denkmal hätten nicht vorgelegen.

Ein seltenes Schmuckstück nicht unter Denkmalschutz. Wäre ja nicht im Sinne des Bauträgers

Da fragt man sich ernsthaft: Welche Voraussetzungen muss ein Gebäude noch mitbringen, um dem Denkmalschutz zu unterliegen? Dieses intakte Gebäude ist ein Schmuckstück, allein der Dachansatz ist ein Kunstwerk. Die Entscheidung darüber erfolgt ganz offensichtlich nicht von Leuten, die für Denkmale brennen oder denen das Stadtbild auch nur minimal am Herzen liegt, sondern von Leuten, die über diese Frage technokratisch mit reinem Bauträgerkalkül entscheiden.

Fenster und Dachansatz sind ein Kunstwerk. Denkmalschutz? Nicht, wenn es einen Bauträger stört

Das Backsteinhüsli, ebenfalls stadtbildprägend, ist seit 2016 Geschichte

Dieser Abriss steht leider stellvertretend für die Art und Weise, wie in Freiburg mit historischen Bauten umgegangen wird. Weder die Stadt noch die Landesdenkmalbehörde haben sich für den Erhalt des Gebäudes eingesetzt. Erschwerend kommt hinzu, dass das Gebäude vollkommen intakt ist und dass es eine gute Alternativlösung gegeben hätte, denn es hätte nichts dagegengesprochen, den voll asphaltierten Hinterhof unter Erhalt des Altbaus zu bebauen. Abriss und Neubau führen zudem zu hohem CO2-Ausstoß und hohem Abfallaufkommen. Wenn den Verantwortlichen Stadtbild, Kultur und Geschichte schon egal sind, wäre es wenigstens unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes angebracht, uneinsichtige Bauträger in die Schranken zu weisen.

Nach dem Koalitionsvertrag Baden-Württemberg soll der Denkmalschutz gestärkt werden. OB Horn hat bei Amtsantritt immer wieder betont, er wolle den Charme der Stadt erhalten. Bleibt es bei leeren Worthülsen? Der Charme Freiburg muss immer mehr gesichtslosen Neubauten weichen. Für den neuerlichen Tiefpunkt in Freiburgs Denkmalschutz kommt jede Einsicht wohl zu spät. Im Südwesten nichts Neues. Was für ein Armutszeugnis!

Siehe auch unseren Beitrag vom 12.8.2021: Wenn der Abrissbagger kommt…

Kepler-Gymnasium, Wirtshaus zu Amerika, zwei angrenzende Villen – alles wurde an dieser Front der Habsburger Straße abgerissen und durch gesichtslose Riegelbauten ersetzt. Fortsetzung folgt!

Fotos: K. U. Müller




Dietenbach bindet Personal

Nach dem BZ-Bericht „Wie ein Pferdestall in der Wiehre zu einer der ersten Tankstellen Freiburgs wurde“ vom 9.1.2023 musste mit großer Verwunderung bereits zur Kenntnis genommen werden, dass das denkmalgeschützte Anwesen Schwarzwaldstraße 69 im Unterhalt vernachlässigt wird und seit längerer Zeit leersteht. Freiburg Lebenswert hat daraufhin bei der Stadt eine Anfrage nach den Gründen für diese Vernachlässigung gestellt. In der uns nun vorliegenden Antwort wurde mitgeteilt, dass bereits 2017 ein Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan für eine Reaktivierung des denkmalgeschützten Gebäudes gefasst worden sei. Dieser sehe auch die Nutzung des Gebäudes zu Wohnzwecken vor. Das Verfahren sei jedoch aufgrund anderer Prioritäten innerhalb der Bauverwaltung nicht weiterverfolgt worden.

Worin genau diese anderen Prioritäten liegen, wurde uns nicht mitgeteilt. Eine Antwort dürfte allerdings nicht schwer zu erraten sein, wenn man bedenkt, dass laut Haushaltsplan 2023/2024 im Baudezernat zwei neue Stellen für das Projekt Dietenbach geschaffen werden – bei bereits sieben bestehenden Stellen. Dabei sind nicht berücksichtigt die Stellen in anderen Dezernaten, die ebenfalls für Dietenbach tätig sind.

Freiburg Lebenswert hat sich stets aus ökologischen Gründen gegen den neuen Stadtteil Dietenbach ausgesprochen. Die nun explosionsartig gestiegenen Kosten bieten einen weiteren Grund für eine ablehnende Haltung. Dass dieses Projekt nun auch noch übermäßig Personal bindet, gibt weiteren Anlass, dieses Projekt kritisch zu sehen.

Die Beseitigung des Leerstands ist eine wichtige Maßnahme zur Wohnraumbeschaffung. Eine Sanierung des Anwesens Schwarzwaldstraße 69 könnte hier einen Beitrag leisten. Dem Denkmalschutz, der nach dem Koalitionsvertrag 2021 der grün-schwarzen Landesregierung gefördert werden soll, käme eine Sanierung ebenfalls zugute. Ungeachtet dessen ist die Berücksichtigung des Denkmalschutzes gesetzlich verpflichtend, Eigentümer von Kulturdenkmalen haben diese baulich zu erhalten. Leider genießt die Denkmalpflege nicht bei allen Privateigentümern ein allzu hohes Ansehen. Daher sollte man von der Stadt erwarten, dass sie mit gutem Beispiel vorangeht. Dazu müssen allerdings die Prioritäten verschoben werden – auch beim Personaleinsatz.




Dietenbach wird mehr als eine Milliarde kosten

Nach einer aktualisierten Kosten- und Finanzierungsübersicht, die am 31.1.2023 auf der Tagesordnung des Gemeinderats stehen wird, soll der Gemeinderat eine Verdoppelung der Projektkosten schlucken und absegnen.

Wurden die Kosten beim Bürgerentscheid 2019 noch mit 602 Millionen Euro angesetzt, summieren sich die Ausgaben nun auf sagenhafte 1,247 Milliarden Euro. Das Fazit in der Berichterstattung der Badischen Zeitung vom 20.1.2023 lautet: Bezahlbarer Wohnraum, also das ursprüngliche Hauptargument für den Bau, wird nicht realisierbar sein.

Junge Familien mit Kindern, die auf günstiges Wohnen angewiesen sind, waren damals die wichtigste Zielgruppe. Sie müssen sich übel getäuscht fühlen. Die Verantwortlichen des Dietenbach-Projekts haben ihre Kostenkalkulation viel zu niedrig angesetzt. Zwar konnte man den Ukraine-Krieg und die Corona-Pandemie nicht voraussehen, doch die Klimakrise und knappe Ressourcen waren schon 2019 jedem bekannt. Wie bei anderen Großprojekten wurden wohl auch in Dietenbach die Kosten viel zu niedrig geschätzt, um den Bürgern das Projekt schmackhaft zu machen.

Freiburg Lebenswert hat sich von Anfang an gegen dieses Projekt ausgesprochen und hat nicht nur wegen der hohen Kosten, sondern auch wegen der ökologischen Auswirkungen vor dem Stadtteil gewarnt. Der Stadtteil wird nicht „klimaneutral“ sein, wie die Stadt und einige Parteien schwadronieren und er wird auch keinen bezahlbaren Wohnraum liefern, sondern Besserverdiener ansprechen. Das war die Ansicht von FL, die nun auch mit neuen Zahlen bestätigt ist.

Heute ist klar, dass die zwei zentralen Versprechungen, derentwegen die Bürgerinnen und Bürger Freiburgs 2019 mehrheitlich für einen neuen Stadtteil gestimmt hatten, nämlich Klimaneutralität und bezahlbarer Wohnraum, niemals erfüllt werden. Der Rechtsweg erlaubt nach vier Jahren, auf der Grundlage neuer, erst jetzt bekannt gewordener Fakten, erneut über den Neubau abzustimmen. 

Den politischen Irrtum zu erkennen und dem eingeschlagenen Weg noch rechtzeitig zu verlassen, ist jetzt das Gebot der Stunde. Denn eines ist für uns klar: Das war nicht die letzte Preissteigerung, die Dietenbach erfahren würde.

Siehe auch: Kommentar in der BZ zum Thema




Mehr Grün, weniger Beton

Entsiegelung soll Freiburg klimafit machen

Unter dem Titel „Mehr Grün, weniger Beton“ wurde in der BZ am 17.11.2022 ein Interview mit Freiburgs Klimaanpassungsmanagerin Verena Hilgers veröffentlicht, welche die Dach- und Fassadenbegrünung für eine der effizientesten und flächensparendsten Maßnahmen für die Schaffung von kühlenden Grünflächen hält. Die Stadt gehe jedoch vermehrt auch andere Themen an, so z. B. Sonnensegel auf Spielplätzen, Verschattung durch Baumpflanzungen oder auch neue Trinkwasserstellen.

Auch die Entsiegelung von asphaltierten oder betonierten Flächen sei enorm wichtig, allerdings bestünden lediglich viele kleinflächige Entsiegelungspotenziale, so Verena Hilgers. Vor allem Sperrflächen an Kreuzungen kämen in Betracht. Als großräumigeres Entsiegelungsprojekt biete sich vor allem die Komturstraße an, wo es künftig keine Straßenbahntrasse mehr geben wird.

Mit dem neuen für 2024 geplanten Projekt „kühlende Erholungsräume“ soll die Situation in der Stadt weiter verbessert werden.

Freiburg Lebenswert hat immer wieder die Wichtigkeit dieses Themas hervorgehoben, insbesondere bei in dieser Hinsicht vollkommen irrsinnigen Projekten wie z. B. dem Platz der alten Synagoge und unterstützt die von der Klimaanpassungsmanagerin genannten Maßnahmen.

Mit solchen Backöfen wie dem Platz der alten Synagoge braucht man sich über eine übermäßige Erhitzung nicht zu wundern (Foto: K. U. Müller).

Die Neubauten in der Habsburger Straße sind ein gutes Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte (Foto: K. U. Müller).

Dabei kann allerdings nicht unerwähnt bleiben, dass mit diesen Maßnahmen lediglich die Folgen und eben nicht die Ursachen für die Aufheizung der Stadt bekämpft werden. Mehr Grün, weniger Beton – das läuft in Freiburg leider seit Jahren andersrum. Ein Beispiel: Der Stühlinger ist dicht bebaut und damit klimatisch ein Hotspot. In Kleineschholz sollen jedoch 500 neue Wohnungen entstehen, wofür die kühlenden Kleingärten beseitigt werden. Dies wirkt sich nicht nur negativ auf das Stadtklima aus, sondern auch auf die Biodiversität. Gleiches passiert im Obergrün. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen.

Schade um die Kleingärten in Kleineschholz. Diese für den Stühlinger wichtige Grünfläche wird bald verschwinden (Foto: K. U. Müller).

Freiburg Lebenswert hat in letzter Zeit häufig die umweltschädlichen Auswirkungen des uferlosen Bauens thematisiert. Solange jedoch der Bausektor, der für die Erhitzung der Städte und dazu noch für 40 % der globalen CO2-Emissionen verantwortlich ist, so vorangetrieben wird wie in Freiburg, wird sich nichts ändern und wir werden auch in Zukunft immer wieder die Finger in diese Wunde legen.

Der Erhalt von Grünflächen bringt mehr und kostet nichts!

Übrigens: Nicht nur Freiburg verfehlt seine Klimaziele, auch der Bund wird seine selbstgesteckten Klimaziele für 2030 vermutlich verfehlen. Vor allem zwei Ministerien hinken hinterher: Verkehr und Bauen. Das dürfte nicht weiter verwundern.

Natur im Obergrün – ebenfalls bald Geschichte (Foto: K. U. Müller).

Siehe auch: Beitrag von FL aus dem Jahr 2014, „Irrsinnige Neugestaltung




Antisemitismus in Südbaden

Der nachbarschaftliche Konflikt mit rechtsradikalem und antisemitischem Hintergrund, über den Annemarie Rösch in ihrem BZ-Artikel vom 2.11.22 berichtet, empört uns bei Freiburg Lebenswert. Wieder müssen wir mit ansehen, dass kriminelle rechtsradikale Handlungen nicht mit der notwendigen Schnelligkeit zu polizeilichen Ermittlungen führen und nicht mit der notwendigen Schärfe geahndet werden, was wir von einem staatlichen Exekutivorgan und einer unabhängigen Justiz erwarten.

Ein Täter mit rechtsradikalem und antisemitischem Gedankengut soll vom Freiburger Amtsgericht gegen Zahlung einer so geringen Geldauflage aus seiner Verantwortung entlassen werden, dass er nicht als vorbestraft gilt. Dem Opfer wird es dadurch schwer, wenn nicht sogar unmöglich gemacht, mit juristischen Mitteln sein Recht zu bekommen. Dies berührt die elementaren Grundvoraussetzungen unserer demokratischen Gesellschaft. Bei der Empörung darf es jedoch nicht bleiben.

Das Handeln der Verantwortlichen von Polizei und Justiz muss – so die Darstellung des BZ-Artikels zutrifft – kritisch hinterfragt werden . Bei krimineller Verherrlichung des Nationalsozialismus darf es keine Toleranz geben. Es wäre für die Täter ein Signal zum Weitermachen. Das können wir uns nicht leisten.




Neubauziele nicht zu erreichen

Bauwirtschaft will trotz Krise Neubau vorantreiben, bietet aber auch Alternativen

400.000 Wohnungen will die Bundesregierung pro Jahr neu schaffen. Durch die Energiekrise, Material-, Personalknappheit und Auftragsstornierungen ist dieses Ziel allerdings in weite Ferne gerückt. Die Bau- und Immobilienwirtschaft schlägt daher Alarm. „Wir sind meilenweit vom Ziel der Bundesregierung entfernt, in diesem Jahr 400.000 Wohnungen zu bauen“, so der Präsident des Mieterbundes Lukas Siebenkotten. Auch die IG Bau warnt davor, in einer Phase wachsender Zuwanderung und zunehmender Wohnungsnot beim Neubau auf die Bremse zu treten.

Dieser Altbau wurde aufgestockt. Dabei wurde der Charme des Altbaus erhalten (Foto: K. U. Müller).

Mit Sorge muss dabei betrachtet werden, dass die Ampelkoalition beim Klimaschutz den Bausektor offensichtlich völlig ausklammert. Dieser macht jedoch fast 40 % der globalen CO2-Emissionen aus, hierzulande gehen allein 55 % des Abfalls auf Bau und Abriss von Immobilien zurück. Da lohnt ein Blick auf die Alternativen zum Neubau. So appelliert sogar die IG Bau an die Immobilienwirtschaft, angesichts der aktuell schwierigen Neubaubedingungen nach alternativen Wegen zu suchen. Der Umbau von vorhandenen Nicht-Wohngebäuden zu Wohnungen biete große Chancen und brauche deutlich weniger Material, so die IG Bau. Zudem sei der Umbau deutlich kostengünstiger als Neubau. Darüber hinaus biete die Dachaufstockung bei Wohnhäusern, die in der Nachkriegszeit bis zum Ende der 90er-Jahre gebaut wurden, ein enormes Potenzial – ebenfalls günstiger als jeder Neubau.

Freiburg Lebenswert hat diese sinnvollen Maßnahmen zur Wohnraumbeschaffung immer wieder zur Sprache gebracht, leider hat die Stadt den Neubau stets bevorzugt vorangetrieben. Dabei sieht sogar das Baudezernat in seinem Jahresbericht 2020 (letzte Seite) auch für Freiburg gutes Potenzial für den Dachausbau. Demnach können in Freiburg 1.800 bis 3.200 neue Wohneinheiten durch Dachentwicklung entstehen. Da verwundert doch sehr die wiederholt von Prof. Dr. Rüdiger Engel, Leiter der Projektgruppe Dietenbach, geäußerte Meinung, Dachaufstockungen seien im Vergleich zum Neubau marginal und viel zu teuer.

Deutschland hat enorm viel neu gebaut in den letzten Jahren. Günstiger Wohnraum ist damit wenig entstanden, eine Lösung für die gewaltigen Umweltprobleme ist nicht in Sicht. Um bezahlbare Wohnungen zu schaffen, wird sich Deutschland daher gewaltig umbauen müssen.

Rücksichtslos fressen sich die Neubaublöcke in schönste Weinberglandschaft wie hier in Ebringen – so kann es nicht weitergehen, Alternativen sind gefordert (Foto: K. U. Müller).

Siehe auch: Bericht in der BZ vom 13.10.2022




FL wählt neuen Vorstand

Bei einer Mitgliederversammlung am 21.6.2022 in der Gaststätte Grüner Baum in der Wiehre hat Freiburg Lebenswert den neuen Vorstand gewählt.

Erster Vorsitzender ist Prof. Dr. Michael Wirsching, der dieses Amt bereits seit Mai 2021 kommissarisch führte. Zum neuen zweiten Vorsitzenden wurde Klaus Ulrich Müller gewählt. Neue Schriftführerin ist Dr. Kerstin Langosch, die dieses Amt von Wolfgang Deppert übernimmt, der aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr antrat. Kassenwart bleibt wie zuvor Ulrich Glaubitz.

Mit großem Applaus der anwesenden Mitglieder wurde Wolfgang Deppert für seine verdienstvolle Arbeit gedankt.

Als Beiräte wurden gewählt Christa Gronbach, Karl-Heinz Krawczyk,  Joachim Müller, Ralf Schmidt, Nicolas Schoof, Oliver Tappe, Peter Vogt, Tjark Voigt. Unser Dank gilt auch den Beiräten, die sich nicht mehr zur Wahl stellten.

Somit haben die FL-Mitglieder die erfolgreichen Bemühungen des bisherigen zweiten Vorsitzenden Michael Wirsching, den Verein zu konsolidieren, deutlich gewürdigt. Teil dieser erfolgreichen Arbeit war die Einführung von Veranstaltungen in online-Formaten in der schwierigen Pandemie-Zeit. So konnten zentrale Themenanliegen von Freiburg Lebenswert wie städtischer Klimaschutz und Stadtplanung weiter vorangebracht werden.

Bild oben: Der neue geschäftsführende Vorstand von FL: Kerstin Langosch, Klaus Ulrich Müller, Michael Wirsching, Ulrich Glaubitz (Foto: W. Deppert).