Wenn historische Gebäude abgerissen werden, ist die Bestürzung in der Öffentlichkeit oft groß. In Freiburg passiert dies wahrlich nicht selten. So wurden in der Nachkriegszeit und leider verstärkt in den letzten Jahren etliche stadtbildprägende Gebäude zum Abriss freigegeben. Häufig geht es um Gebäude, die nicht dem Denkmalschutz unterliegen, aber dennoch Charme, Identität und Geschichte eines Quartiers repräsentieren und daher schützenswert sind. Doch auch der Denkmalschutz kann den Abriss historischer Gebäude keineswegs zuverlässig verhindern. Zu einfach sind die Möglichkeiten, diesen auszuhebeln, zu gering das Interesse bei den Verantwortlichen der Stadt Freiburg, Kulturdenkmale zu erhalten. In aller Regel werden die abgerissenen Gebäude dann durch fade und einfallslose Neubaukuben ersetzt. Ein Straßenzug kann auf diese Weise komplett entwertet werden, unsere Städte – leider auch Freiburg – werden immer gesichtsloser.
Dass dabei nicht einmal vor baulich intakten Vierteln Halt gemacht wird, ist besonders bedauerlich. So musste der Stadtteil Wiehre in den letzten Jahren den Verlust etlicher historischer Gebäude beklagen, von Juli 2017 bis Juli 2018 wurden sogar sage und schreibe fünf (!) Altbauten dem Erdboden gleichgemacht. Dass dies dem Stadtteil enorm geschadet hat, liegt auf der Hand. Andere Stadtteile wie z. B. Herdern oder Waldsee können ebenfalls ein Lied davon singen.
Ließ man bei der Stadt Freiburg achselzuckend Bauträger und abrisswillige Eigentümer gewähren, keimt nun doch wenigstens ein Mindestmaß an Hoffnung auf. So hat der Gemeinderat im Jahr 2018 städtebauliche Erhaltungssatzungen beschlossen, mit denen die Stadtteile Waldsee, Herdern, Wiehre, Stühlinger und Brühl, die eine hohe Dichte alter Bauten aufweisen, gegen die Gefahren des hohen Abriss- und Neubaudrucks in der Stadt geschützt werden sollen. Freiburg Lebenswert war damals Initiator und konnte mit viel Überzeugungsarbeit die Mehrheit im Gemeinderat von der Notwendigkeit solcher Satzungen überzeugen.
Seit zwei Jahren arbeitet das Projekt „Rettung von Kulturdenkmalen“ im Rahmen der Arge Freiburger Stadtbild an der Erstellung einer Datenbank mit schützenswerten und gleichzeitig gefährdeten Gebäuden. Rund 70 Datensätze sind in bislang in der Datenbank zusammengefasst, weitere sollen dazukommen (die BZ berichtete am 9.8.2021). Dabei enthält jeder Eintrag Fotos und Lageplan des jeweiligen Gebäudes sowie eine Beschreibung, was bei einem Abriss verloren ginge. Leider steht die Zukunft des Projekts in den Sternen, denn dessen Förderung läuft nun aus.
Bleibt zu hoffen, dass das Projekt erfolgreich weitergeführt werden kann. Die Liste bereits abgerissener Gebäude ist wahrlich lang: Ratsstüble, Villa in der Winterer Straße 28, Erwinstraße oder Lorettostraße 14, eines der letzten Häuser des alten Adelhausen. Akut abbruchgefährdet ist das Haus Habsburger Straße 91, eines der wenigen verbliebenen frühgründerzeitlichen Gebäude – die Liste ließe sich problemlos verlängern.
Freiburg Lebenswert setzt sich stets für den Erhalt historischer Gebäude und damit auch für das Stadtbild ein. Wir dürfen die Entscheidung, wie die Stadt aussehen und wie mit unserer Geschichte umgegangen werden soll, nicht allein den Bauträgern überlassen. Wir alle haben eine Verantwortung unseren Kulturgütern gegenüber. Hoffen wir, dass die Stadt sich endlich dieser Verantwortung bewusst wird!
Siehe auch: https://freiburg-lebenswert.de/entsetzen-ueber-abriss-einer-villa-in-der-wiehre/
https://freiburg-lebenswert.de/liste-denkmalgeschuetzter-gebaeude/
https://freiburg-lebenswert.de/denkmalschutz-statt-geschichtsvergessener-funktionsarchitektur/
https://freiburg-lebenswert.de/das-gesicht-der-wiehre-wahren/