„Bankrotterklärung der Denkmalschutzbehörde“

Wieder einmal kann man von einem Totalversagen der Denkmalschutzbehörden sprechen, diesmal in Staufen. Denn was dort passiert ist und worüber sich Bürgermeister und Gemeinderat von Staufen zur Recht so einmütig empören, ist kein Einzelfall, sondern in solchen Fällen leider die Regel – auch hier in Freiburg.

Die Vorgänge rund um ein mittelalterliches Gehöft am Rande von Wettelbrunn, einem Ortsteil von Staufen, zeigen dies deutlich: Das Gebäudeensemble beherbergte schon ein bekanntes Gasthaus und zuletzt die Diskothek „Hazienda“. Die Badische Zeitung (BZ) berichtete am 30. April 2020 darüber unter anderem: „Nun verfallen die Überreste, der Denkmalschutz ist perdu und Rat und Bürgermeister sehen einerseits eine „Unverfrorenheit des Investors“ und andererseits „eine Bankrotterklärung des Denkmalschutzes“. Und in dem Artikel heißt es weiter: „Bürgermeister Michael Benitz beklagte den Niedergang des Denkmalschutzes im Land.“

Siehe in der BZ: https://www.badische-zeitung.de/fruehere-diskothek-hazienda-sorgt-erneut-fuer-heftigen-aerger

Es ist nicht das erste Mal, dass der Denkmalschutz vor Investoren einknickt, die Ihre denkmalgeschützten Gebäude vorsätzlich verfallen lassen, um sie dann abreißen zu können. Jeder erinnert sich noch daran, wie sich die Behörden und auch das Verwaltungsgericht, vor dem der Fall verhandelt wurde, beim Abriss des denkmalgeschützten Hauses in der Wintererstraße 28 in Freiburg vom Investor über den Tisch ziehen ließen.

Siehe dazu: https://freiburg-lebenswert.de/beim-denkmalschutz-muss-sich-was-aendern/
und: https://freiburg-lebenswert.de/wieder-ein-wertvolles-kulturdenkmal-in-gefahr/

Das Haus in der Wintererstraße 28 stand unter Denkmalschutz, wurde aber dennoch mit fadenscheinigen Beründungen abgerissen! (Foto: H. Sigmund)

Um solche Vorkommnisse in Zukunft zu vermeiden, hatte sich Freiburg Lebenswert (FL) bereits im Jahr 2017 mit der Novellierung des Denkmalschutzgesetzes beschäftigt und viele Änderungs-Vorschläge ausformuliert. Ziel war es, den Denkmalschutz zu stärken, denn der Vergleich mit anderen Bundesländern macht deutlich, dass das Denkmalschutzgesetz in Baden-Württemberg dringend einer Novellierung bedarf. Es hinkt inhaltlich moderneren Gesetzen in anderen Bundesländern, wie in Bayern, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, um nur einige anzuführen, hinterher. FL möchte deshalb die Formulierung im Koalitionsvertrag der Stuttgarter Regierungskoalition aufgreifen, in dem es heißt, man wolle den Denkmalschutz „stärken“ und „weiterentwickeln“. Leider sind unsere Bemühungen aber in Stuttgart verschleppt und nicht weiterverfolgt worden.

Siehe: https://freiburg-lebenswert.de/fl-stellt-plaene-zur-novellierung-des-dschg-in-bw-vor/

Auszug aus dem grün-schwarzen Koalitionsvertrag 2016

Vielleicht ist der Fall in Staufen nun Grund, dieses Anliegen erneut aufzugreifen. Die Einmütigkeit, mit der Bürgermeister und Gemeinderat dort die „Unverfrorenheit des Investors“ (so Bürgermeister Benitz) verurteilen, ist zumindest ermutigend. Denn schon jetzt ist der Eigentümer eines denkmalgeschützten Gebäudes verpflichtet, seiner Erhaltungspflicht nachzukommen. Dass die Denkmalbehörden ihrer Pflicht, das zu kontrollieren nicht nachkommen und Investoren gewähren lassen, ist ein Skandal.

Es ist deshalb wichtig noch einmal daran zu erinnern, dass die untere Denkmalschutzbehörde so ausgestattet sein muss, dass sie ihrer Aufsichtspflicht nachkommen kann und Eigentümer von Denkmälern, die nicht ausreichend unterhalten werden, zur Denkmalspflege zwingen kann. Wer ein Denkmal kauft, sollte sich der besonderen Verantwortung bewusst sein und Interesse und Freude an der Pflege haben. Dafür stellt der Staat ja auch einige finanzielle Anreize zur Verfügung.