Pressemitteilung vom 20.07.2015
Was ist das Gutachten eines schon beteiligten Experten wert? Das Stuttgarter Architekturbüro Hotz verantwortet das Gutachten zum Meierhof-Abriss, aber auch schon die gesamte Planung des UWC-Areals und ist deshalb in der Sache nicht unabhängig. Der Freiburger Architekt, Dipl-Ing. Tjark Voigts, hat sich nun in einem Schreiben an die Denkmalstiftung Baden-Württemberg gewandt. In dem Brief, den er auch den Fraktionen im Gemeinderat zugänglich gemacht hat, steht unter anderem:
„Der historische, 270 Jahre (!) alte Meierhof in dem ehemaligen Freiburger Kartaus-Klostergelände wurde von der Bosch-Stiftung fallen gelassen und mit einem 100.000 € teurem Gutachten als abrissfällig eingestuft. Der Gutachter ist der Architekt, der die übrigen Neubauten auf dem Gelände (College School) plante und realisierte und sich nun auf einen Folgeauftrag für einen neuen Hof freut.
Die Bosch-Stiftung, dem Gemeinwohl verpflichtet, erwarb den Meierhof von der „Freiburger Stiftungsverwaltung“ (evtl. mit Auflagen?) und ließ das Haus seit 2011 leer stehen; die Grundwasserpumpen im Keller wurden abgestellt, und so verkamen Fundament, Unter- und Erdgeschoss innerhalb kürzester Zeit. Wer anders, als eine kultur-orientierte Stiftung, muss sich aber um die Erhaltung unseres geschichtlichen Erbes bemühen und kann vordergründige Rentabilitätsgründe hinten anstellen?“
Tjark Voigts appelliert in seinem Schreiben an die Denkmalstiftung, sie möge sich passend zu Ihrer Satzung („Förderung privater Initiativen auf dem Gebiet der Denkmalpflege, insbesondere dort, wo staatliche Denkmalpflege nicht oder nur in beschränktem Umfang wirkt“), in die Reihe der kritisch Nachfragenden einreihen und „sich für die Erhaltung dieses einmaligen Kultur- und Denkmalguts einsetzen“.
Bisher war immer von einem sog. „neutralen Gutachten“ die Rede, das zu der Entscheidung geführt habe, dass der Meierhof nicht zu retten sei. Wenn aber der von der Robert-Bosch-Stiftung beauftragte Architekt, Mathias Hotz, der auch die Neubauten des United World College (UWC) erstellt hat, für das Gutachten verantwortlich ist, dann ist dessen Aussagekraft und Glaubwürdigkeit des Gutachtens schwer erschüttert. Dann muss unseres Erachtens über das Urteil der Denkmalbehörde, dem Meierhof seine Denkmalwürdigkeit abzusprechen, ganz neu entschieden werden.
Dringende Aufgabe des Gemeinderats wäre es nun, erneut Einsicht zu nehmen in den notariellen Kauf- bzw. Übertragungsvertrag der Stiftungsverwaltung an die Robert-Bosch-Stiftung. Und dies aus zweierlei Gründen: Zum einen, um zu prüfen, ob bzgl. der Nutzung des Meierhofs Auflagen verbunden waren und zum anderen ist zu prüfen, inwiefern dieser Verkauf bzw. die Übertragung im Einklang mit der Satzung der Freiburger Stiftung steht. Vielen Erbbauberechtigten in Freiburg, die für ihr Hausgrundstück jedes Jahr 4% Erbbauzins an die Stiftungsverwaltung zahlen müssen und dieses aber gern erwerben würden, beschied die Stiftungsverwaltung mit Verweis auf die Satzung, dass eine Veräußerung kategorisch ausgeschlossen sei.
Freiburg Lebenswert e.V.
Pressesprecher: Michael Managò
E-Mail: presse@freiburg-lebenswert.de
Siehe auch unsere Beiträge: „Verpflichtung zum Erhalt des Meierhofs in der Kartaus“ sowie „Breiter Widerstand gegen Abriss des Meierhofs“.
Siehe dazu auch die Artikel in der „Badischen Zeitung“: http://www.badische-zeitung.de/freiburg/allianz-gegen-den-abriss-des-meierhofs-im-freiburger-osten–107379764.html
und: http://www.badische-zeitung.de/freiburg/broeselnde-waende-wasser-im-keller–106420135.html
Zur Denkmalstiftung Baden-W. siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Denkmalstiftung_Baden-W%C3%BCrttemberg