Zur Sicherheit und Ordnung in Freiburg

Stadträtin Gerlinde Schrempp (FL)

Die folgende Rede hat unsere Stadträtin Gerlinde Schrempp am 4. April 2017 im Freiburger Gemeinderat gehalten. Es ging um TOP 2, Partnerschaft „Sicherer Alltag“ des Landes Baden-Württemberg und der Stadt Freiburg sowie um das Projekt „Sicherheit und Ordnung in Freiburg“ (Drucksachen G-17/089 und G-17/089.1). Hier ihre Rede im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Erster Bürgermeister Neideck,
meine Damen und Herren,

zunächst der Dank meiner Fraktion an die Verwaltung für die guten Beschluss-Vorlagen. Dass der Stadtkreis Freiburg die polizeiliche Kriminalstatistik in Baden-Württemberg anführt ist nicht schön, vor allem weil es sich keineswegs um sogenannte Kleinkriminalität handelt sondern um Raub-, Betäubungsmittel und Körperverletzungsdelikte. So ist auch absolut nachvollziehbar, dass das subjektive Sicherheitsempfinden in der Bevölkerung sehr stark eingeschränkt ist.

Ein Kommunaler Ordnungsdienst wurde zu Beginn dieser Legislatur – aus unserer Sicht leider – im Gemeinderat abgelehnt. Zumindest tagsüber wäre er in der Lage gewesen, Ordnungsstörungen anzugehen und hätte Zustände vermeiden helfen können, wie sie im letzten Jahr von der WIR-Initiative angegangen wurden. Die Stadt war also bisher auf den zuständigen Polizeivollzugsdienst angewiesen, der wegen offensichtlicher Personalknappheit Ordnungsstörungen nur nachrangig zu Straftaten verfolgt hat. Es ist sicherlich nachzuvollziehen, dass die Polizei der Bekämpfung von Kriminalität Vorrang einräumen muss, d.h. aber, dass für die Verfolgung von Ordnungsstörungen ein großes Vollzugsdefizit gegeben ist. Genau das erleben vor allem die Bürger der Innenstadt und kritisieren den mangelnden Vollzug bei Tag, aber vermehrt bei Nacht. Der Lokalverein Innenstadt hat das in seinem Schreiben vom 17.02. d.J. an den Oberbürgermeister sehr deutlich ausgedrückt.

Ich bestätige gerne, dass die Zusammenarbeit zwischen Polizeipräsidium und Stadt Freiburg bisher sehr offen und intensiv war. Dass nun im Rahmen der Partnerschaft „Sicherer Alltag“ zusätzliche 25 Einsatzbeamte in Freiburg kontinuierlich zur Verfügung stehen werden, ist ein großer Erfolg. Die Verlegung von zwei Einsatzzügen mit jeweils 86 BeamtInnen von Lahr dauerhaft nach Umkirch, ist aus unserer Sicht sehr positiv zu bewerten.

Auch die Erweiterung der Aufgaben des Gemeindevollzugsdienstes (GVD) der Stadt ist ein großer Schritt in die richtige Richtung.  Dieses zusätzliche Personal wird hoffentlich zu einer Verbesserung der Situation in der Innenstadt beitragen. Die Rücksichtslosigkeiten vieler Menschen und nicht nur der sog. „Nachtschwärmer“ haben die Lebensqualität der Innenstadtbewohner drastisch reduziert. Der Nachtlärm ist für diese Menschen die gravierendste Störung. Übermäßiger Alkoholgenuss, der übrigens bei unglaublich vielen 13, 14, 15 Jährigen zu beobachten ist, die mehrfach als Notfälle in die Klinik verbracht werden müssen, Vermüllung, Umwerfen von Mülltonnen oder Pflanzkübeln, Zerkratzen, oder Eintreten von Schaufenstern, Graffiti oder Wildpinkeln ist vor allem ab 23 Uhr zu beobachten.

Wie Her Polizeipräsident Rotzinger schon mehrfach berichtet hat, wechselt die Stadt ab 23 Uhr ihr Gesicht. Deshalb ist das Vorhaben, dass der GVD nur bis 22 Uhr unterwegs sein soll, wenig hilfreich. Der GVD muss mindestens bis 2 Uhr tätig sein. Wenn das aber aus personalpolitischen Gründen, Stichworte sind Ausbildung bzw. Ausrüstung des GVD, nicht möglich ist, dann muss die Polizei die Überwachung gerade in dieser Zeit verstärkt wahrnehmen, die wesentlichen Störungen treten nach Mitternacht auf, deshalb würde wohl auch bei einer späteren Evaluation des erweiterten GVD zu Unrecht der Schluss gezogen werden, er sei ineffektiv. 

Noch ein paar Worte zum Frauen-Taxi. Meine Fraktion spricht sich dagegen aus, es hat sich in der Vergangenheit nicht bewährt. Wenn man nachts ein Taxi bestellt, muss man heute schon sehr lange auf ein Fahrzeug warten, weil es einfach zu wenige Taxis gibt und das wird sich mit einem Frauen-Taxi nicht ändern. Für mich persönlich aber sind zwei andere Umstände bedenkenswert: 1. Frauen begeben sich in einen selbstgewählten Käfig. Wie werden Gerichte später urteilen, wenn einer Frau etwas zustößt und sie kein Frauen-Taxi bestellt hat? Außerdem sind Männer genauso, wenn nicht sogar mehr gefährdet wie Frauen, dazu gibt es Zahlen von teilweise schweren und schwersten Körperverletzungen und auch Morden, gerade aus den vergangenen Jahren.

Zur Video-Überwachung: Wir befürworten die Einführung einer Videoüberwachung im öffentlichen Raum. Die in der Drucksache genannten konkreten Bereiche Bermuda-Dreieck, Colombipark, Stühlinger Kirchplatz, die Bertholdstraße, das Areal um den Bahnhof gehören unbedingt überwacht. Weiterhin sollten neue Discobereiche im Industriegebiet Nord unbedingt einbezogen werden. Mir sind persönlich mehrere Schwerverletzte bekannt, die große Probleme hatten, in Gerichtsverfahren zu ihrem Recht zu kommen. Mit einer Videoüberwachung hätte sich das sicherlich einfacher gestaltet. Ich vermute, dass mit einer Videoüberwachung es gar nicht erst zu den Verletzungen durch Überfälle gekommen wäre.

Dass sich Kriminalitätsschwerpunkte bei Bekanntwerden der Videoüberwachung verlagern können, ist durchaus möglich. Ich habe aber genug Vertrauen zu den Polizeibehörden, dass sie hier flexibel handeln und entsprechende Änderungen zeitnah vornehmen werden.

Alles, was in den letzten Wochen in Sachen „Sicherer Alltag“ auf den Weg gebracht wurde, wird zur Verbesserung beitragen, ich höre aus der Bevölkerung viel Zustimmung. Wir werden mit diesen Maßnahmen nicht zu einer polizeidominierten intoleranten Stadt, im Gegenteil. Aber: Toleranz bedeutet nicht, alles zu akzeptieren, was nicht dem Anstand oder gesetzlichen Regeln entspricht.

Die Fraktion Freiburg Lebenswert/Für Freiburg wird geschlossen dem Antrag der Verwaltung und den Änderungen des interfraktionellen Antrages von CDU und anderen zustimmen.

Vielen Dank!