Steigerung der Holzverwendung in Freiburg

Zum Thema „Steigerung der Holzverwendung in Freiburg“ hat unsere Stadtrat und Fraktions-Vorsitzender Dr. Wolf-Dieter Winkler (FL) am 23.10.2018 im Freiburger Gemeinderat für die Fraktion FL/FF folgende Rede gehalten:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,

die Exkursion nach Vorarlberg im Oktober 2017 hat endlich das bewirkt, was SPD-Stadtrat Walter Krögner, aber auch wir von FL/FF, schon lange und vehement fordern: Mehr Einsatz von Holz im Baubereich. Insofern war diese Reise ein voller Erfolg. Wurden doch dort – zumindest die meisten – Zweifler und Bedenkenträger in Gemeinderat und Verwaltung vom Baustoff Holz überzeugt. Insbesondere wurden dabei die allseits bekannten Vorurteile weitgehend widerlegt, die da beispielsweise wären: Bauen mit Holz ist teuer, Holz ist wegen seiner Brennbarkeit gefährlich und Holz lässt aus statischen Gründen keine höhergeschossigen Gebäude zu. Die selbstbewussten Referenten aus Vorarlberg hatten bei solch geäußerten Vorurteilen oft nur süffisanten Spott übrig.

Stadtrat Dr. Wolf-Dieter Winkler (FL)

Es ist ohnehin unverständlich, dass man gerade in unserer Region mit einer Jahrhunderte alten Tradition von ausschließlich mit Holz gebauten Schwarzwaldhöfen den Holzbau so in Vergessenheit geraten lassen und abschätzig behandeln konnte. Die Baumeister vergangener Jahrhunderte haben sich nicht nur bei Gebäuden aus Stein wie dem Freiburger Münster, sondern auch im Holzbau ein phänomenales Wissen angeeignet, das einen nur ehrfürchtig werden lassen kann. Diese Gebäude werden Jahrhunderte alt. Es ist daher völlig unverständlich, dass dieses Wissen weitgehend verloren ging bzw. einem architektonischen Verständnis Platz machen musste, das einen grausen lässt. Heute werden Gebäude im 40Jahres-Rhythmus abgerissen und neu erstellt. Viele Gebäude kommen aufgrund der billigen und schlechten Planung und Bauausführung erst aus den Kinderkrankheiten nicht raus und gehen dann direkt in die Alterskrankheiten über. Und das, obwohl den heutigen Architekten und Planern mit dem Computer und hervorragender Software Hilfsmittel zur Verfügung stehen, von denen die Altvorderen nur träumen konnten. Von der gigantischen Verschleuderung grauer Energie durch die hohe Frequenz von Neubau und Abriss will ich hier gar nicht erst reden.

Gerade heute Abend wird auf Betreiben der Verantwortlichen des Naturparks Südschwarzwald das Schwarzwald-Institut in Elzach gegründet. Es soll sich um qualitätsvolle Architektur, Design und Handwerk kümmern. Die Baumeister früherer Jahrhunderte würden über ein solches Institut vermutlich nur verständnislos den Kopf schütteln. Aber gut, wenn dieses Institut dazu dient, alte Techniken wieder neu zu lernen und weiter zu entwickeln, soll es mir recht sein.

Aber auch angesichts des durch CO2 verursachten Klimawandels ist eine Rückbesinnung auf den Baustoff Holz dringender denn je. Bauen mit Holz ist eine gute Maßnahme, um der Atmosphäre den im CO2-Molekül befindlichen Kohlenstoff, das C, zu entziehen und im Holz zu binden. Der Holzzuwachs in Deutschland beträgt jährlich rund 122 Mio. m³. Unser Wald und die nachhaltige Holznutzung entlasten die Atmosphäre jährlich um 127 Mio. Tonnen CO2 – das ist eine Größenordnung von 14% der gesamten deutschen Treibhausgasemissionen. Wald ist also eine hervorragende Kohlenstoffsenke. Aber entscheidend ist, dass der im Holz gebundene Kohlenstoff dort viele Jahre oder besser Jahrhunderte gebunden bleibt. Da hat es mich erstmal überrascht, wie das hier in der Vorlage erwähnte Holzhausprojekt der Freiburger Stadtbau in der ehemaligen ECA-Siedlung umgesetzt werden soll. Denn die dort vergleichend geplanten Massiv- und Holzhäuser sollen im heute üblichen Schuhschachtel-Design erstellt werden.

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Auf meine Frage im Umweltausschuss, wieso man keinen konstruktiven Holzschutz wie Dachüberstände vorsieht, erläuterte die technische Geschäftsführerin der FSB, dass dies der Bebauungsplan nicht hergibt. Wie bitte? Wir bauen dort Häuser, die dem Wetter schutzlos ausgeliefert sind, weil der Bebauungsplan keinen konstruktiven Wetterschutz zulässt? Da war ich mehr als skeptisch, ob das sinnvoll ist. Ich habe daher gestern ein sehr informatives Telefonat mit Johannes Kaufmann geführt, dem Architekten aus dem österreichischen Dornbirn, der die Häuser plant. Er hat mich davon überzeugt, dass es wohl nicht ganz so entscheidend ist, ob es einen konstruktiven Holzschutz gibt oder nicht, sondern dass Holzqualität und vor allem Ausführungsdetails in der Fassade einen entscheidenden Einfluss darauf haben, wie lange die Fassade hält. Er hat mich weiter davon überzeugt, dass eine solche dem Wetter ausgesetzte hinterlüftete Holz-Fassade viel robuster ist und länger hält als viele der heutigen Fassadendämmungen. In der Tat muss ich zugeben, dass auch die Holzlaubengänge an meinem eigenen Haus trotz Dachüberstand bei Regen oft genug durchnässt werden. Und dennoch sind sie bereits 200 Jahre alt.

Also, ich habe nun doch ein gewisses Vertrauen erworben, dass die Vorarlberger Fachleute auch bei Verzicht auf konstruktiven Holzschutz – im Sinne des Fernhaltens von Regen von der Fassade – in der Lage sind, langlebige Holzhäuser zu bauen. Dafür spricht ja auch das Renommee von Johannes Kaufmann. Es wird jedenfalls spannend, was bei dem Vergleich zwischen Massiv- und Holzbauten herauskommen wird. Ich hoffe nur, dass beide Gebäudetypen auch die jüngeren Mitglieder des Gemeinderates überleben werden und diese nicht wie wir Älteren beispielsweise auf dem Grundstück des ehemaligen Rotteck-Gymnasiums drei Gebäudegenerationen – eines Gymnasiums und zweier Unibibliotheken – miterleben müssen.