Siedlungsflächen-Entwicklung in der Region

Zum „Kooperationsmodell zur Siedlungsflächenentwicklung in der Region Freiburg“ (TOP 14, Drucksache: G-18/015) hat der Vorsitzende der Fraktionsgemeinschaft Freiburg Lebenswert / Für Freiburg (FL/FF), Dr. Wolf-Dieter Winkler, im Gemeinderat am 30. Januar 2018 folgende Rede gehalten:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,

Stadtrat Dr. Wolf-Dieter Winkler (FL)

die Vorlage liest sich ja erst mal gut. Da werden als Leitbilder ausgegeben eine Siedlungsflächenentwicklung entlang der ÖPNV-Achsen (vorzugsweise der Schiene), Flächensparen, Vorrang der Innenentwicklung, Schaffung bezahlbaren Wohnraums, kleinteiliges, integriertes und nachhaltiges Bauen. Wer kann da etwas dagegen haben? Zumal wir von Freiburg Lebenswert / Für Freiburg ja schon öfter darauf hingewiesen haben, dass in den Ortsmitten der Kaiserstuhl- und Schwarzwaldgemeinden viele alte Gebäude und Gehöfte verfallen oder zumindest leer stehen. Wenn diese alle saniert und wieder zu Wohn- und Arbeitszwecken hergerichtet werden könnten, wäre es ein willkommener Beitrag zur Wohnraumschaffung, der vor allem den Ortskernen wieder mehr Leben einhauchen könnte. Stadt und Land könnten dann in der Tat im Sinne der Vorlage profitieren.

Doch liest man dann weiter, dann wird ganz schnell klar, dass diese hochklingenden Leitlinien gar nicht umgesetzt werden sollen. Da ist dann plötzlich davon die Rede, dass es sich bei den Entwicklungsflächen voraussichtlich um Flächen außerhalb des bestehenden Siedlungskörpers handeln wird und damit also Freiflächen, häufig landwirtschaftliche Flächen, verloren gehen würden. Das ist ja wohl ein eklatantes Missverhältnis zwischen Anspruch und geplanter Wirklichkeit! Und nicht nur das. Da wird darüber spekuliert, dass mit diesen Kommunen Lösungen zur Bereitstellung von Flächen für die naturschutzrechtlichen Kompensationsmaßnahmen gesucht werden sollen. Auch hier ist klar, dass natürlich nahezu ausschließlich bisher landwirtschaftlich genutzte Flächen in Anspruch genommen würden. Die Leidtragenden werden – wie in St. Georgen im Zusammenhang mit dem geplanten Stadtteil Dietenbach – wieder mal die Landwirte und Winzer der Ortschaften sein.

Also das Ganze wird keine Gewinn-Gewinn-Situation, sondern wird eine Gewinn-Verlierer-Situation werden zum Nachteil der Kooperationsgemeinden Freiburgs. Welcher halbwegs verantwortungsbewusste Bürgermeister oder Gemeinderat dieser Gemeinden kann einer solchen „Partnerschaft“ zustimmen, bei der die Vorteile bei der Stadt und die Nachteile bei den Winzern und Landwirten der Ortschaften liegen?

Das Bundesbaugesetzbuch verlangt den Vorrang für die Innenentwicklung, also für das auch in der Vorlage aufgeführte Leitbild, das aber nicht zum Zuge kommen soll. Die Vorlage unterstützt somit grundgesetzwidrig die Vernichtung von Landwirtschaft und Natur. Grundgesetzwidrig deshalb, weil Artikel 20a den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen für die kommenden Generationen festlegt. Ich zitiere den Grundgesetz-Artikel: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“ Meine Damen und Herren, das Grundgesetz und damit dieser Artikel sind auch für die Stadtverwaltung und uns Stadträte bindend!

Am Wochenende hat sich das RegioBündnis Pro Landwirtschaft, Wald und ökosoziales Wohnen zu diesem Kooperationsmodell mit folgender klaren Aussage zu Wort gemeldet: „Mit einem erweiterten Siedlungsbrei im Umland würden die Äste weiter abgesägt, auf denen Kommunen und Einwohnerschaft sitzen: Die Region kann sich in Krisen immer weniger selbst ernähren.“ Auch wir haben diesbezüglich schon mehrmals unsere Sorgen geäußert.

Die Botschaft des RegioBündnisses ist daher eindeutig: Es bittet den Gemeinderat das Vorhaben zu beenden. Wir kommen dieser Bitte nach und werden der Vorlage nicht zustimmen.

Das landwirtschaftlich genutzte Dietenbach-Gelände (Foto: M. Falkner)