Mauereidechsen werden umgesetzt

Sage und schreibe 900.000 Euro kostet eine Umzugsaktion, die derzeit im Kleineschholz vonstattengeht. Jede einzelne Mauereidechse muss von den Kleingärten an einen anderen Ort umgesiedelt werden, denn diese Tiere stehen als streng geschützte Art auf der Roten Liste. Ersatzquartiere sind entlang der Straßenbahnlinie zwischen dem Rathaus im Stühlinger und Runzmattenweg in Form von sieben Stein- und Sandhügeln angelegt.

Grund für die Maßnahme: In Kleineschholz sollen 500 neue Wohnungen entstehen. Dafür müssen die Kleingärten und damit die Lebensräume nicht nur der Eidechsen, sondern auch vieler anderer Arten weichen.

Die Maßnahme ist nicht nur kostspielig, sondern auch mit großem Aufwand verbunden. Wirklich jedes einzelne Exemplar muss umgesetzt werden, auch müssen die Umsetzarbeiten jetzt im Frühjahr ruhen, da die Tiere sich jetzt nach dem Winterschlaf paaren. Die nächsten Eidechsen können also erst im Herbst und die Nachkommen erst 2023 eingesammelt und umgesetzt werden.

Auch wenn diese Maßnahme richtig und wichtig ist und in der BZ am 11.5.2022 auch positiv erwähnt wird, so kaschiert sie doch ein Grundproblem in der Green City: Es wird zu viel gebaut und dadurch erst zu viel Natur zerstört. Auch stellt sich die Frage, ob wirklich sichergestellt werden kann, dass jedes einzelne Exemplar umgesetzt wird. Und was passiert mit den vielen anderen Arten, die durch die Bebauung ihren Lebensraum verlieren? Wieder einmal muss die Frage aufgeworfen werden, ob es eine gute Entscheidung war, diese Natur mit dem Totschlagargument der Wohnraumbeschaffung einer Bebauung zu opfern.

Viele Arten werden im Kleineschholz ihren Lebensraum verlieren (Foto: K. U. Müller).

Das Artensterben hat inzwischen besorgniserregende Ausmaße angenommen. Nicht nur Mauereidechsen, sondern auch viele andere Tierarten sind stark im Rückgang begriffen. Seit 1998 ging laut WWF in Deutschland 76 % der Insektenbiomasse verloren. Wenn auch die Landwirtschaft als Hauptverursacher gilt, so kann der gigantische Flächenverbrauch durch Baumaßnahmen und die damit verbundene Vernichtung von Biotopen als Mitursache nicht ausgeblendet werden.

Die damalige Fraktion Freiburg Lebenswert/Für Freiburg hat 2016 als einzige Gruppierung im Gemeinderat gegen die Bebauung Kleineschholz gestimmt. Bei keineswegs explodierender Bevölkerungszahl, bei Unmengen an geplanten Baugebieten, bei den gigantischen Umweltproblemen wie Klimawandel oder Artensterben wird es Zeit, umzudenken. Wohnungsbau darf nicht ständig und zwangsweise Vorrang vor dem Naturschutz haben, zumal Bauen auch noch in hohem Maße klimaschädlich ist.

Siehe auch:

Leserbreif zu dem BZ-Artikel

FL-Beitrag vom 19.5.2016: Gärten verbessern die Lebensqualität