Problem Englischer Rasen
Ein ordentlicher und gut gepflegter Rasen – fĂŒr viele deutsche Gartenbesitzer ein Muss. Diesen einfach mal den ganzen Mai nicht mĂ€hen? Undenkbar. Doch genau darum bitten Gartenakademie Rheinland-Pfalz und Deutsche Gartenbau-Gesellschaft 1822, die auch dieses Jahr zur Aktion „MĂ€hfreier Mai“ aufrufen.
Dramatischer Artenschwund in Deutschland

Doch warum ist der sauber getrimmte Rasen ein Problem? Ein solcher Rasen bietet Insekten kaum Futter- und Nistmöglichkeiten. HĂ€ufiges MĂ€hen sorgt zudem dafĂŒr, dass sich Insekten im Garten gar nicht erst entwickeln können. Diese finden dann keine Nahrung und werden schon durch den Vorgang des MĂ€hens selbst dezimiert. Das ist besonders heikel vor dem Hintergrund des gigantischen Insektensterbens in den letzten Jahren. So ist die Masse der Insekten in den vergangenen 30 Jahren um ca. 75 % zurĂŒckgegangen. Nicht nur Umweltgifte, sondern auch immer kleiner werdende LebensrĂ€ume setzen Insekten und vielen anderen Tierarten zu. LĂ€sst man den RasenmĂ€her hingegen öfters mal stehen, erhöht sich der Anteil an nektarreichen BlĂŒten um ein Zehnfaches. Und Insektenschutz lohnt sich. Fliegende Insekten sind wichtige BestĂ€uber unserer Kultur- und Wildpflanzen. Ăpfel, Weintrauben oder Erdbeeren – ohne Insekten nicht denkbar. Zudem stehen sie am Anfang der Nahrungskette. Gibt es weniger Insekten, steht vielen Vogelarten, KleinsĂ€ugern und Amphibien weniger Futter zur VerfĂŒgung.
Doch nicht nur Insekten sind im RĂŒckgang begriffen, auch anderen Tierarten geht es schlecht. Eine ZĂ€hlung von Amphibien in der Ortenau 2021 brachte bei Erdkröten und Grasfröschen einen Bestandsschwund von 50 bis 90 % zutage.

Viel Potenzial in privaten GĂ€rten
Sicher, auch die Landwirtschaft muss umdenken. Diese ist die Hauptursache fĂŒr den RĂŒckgang der biologischen Vielfalt in Deutschland. Zu viele Ackergifte, zu viel Stickstoff- und PhosphordĂŒnger, immer mehr und immer gröĂere Felder, Monokulturen, der Verlust von Hecken und BrachflĂ€chen sowie das Trockenlegen von Feuchtwiesen und Mooren, all diese Faktoren tragen zu dem gigantischen Artensterben bei. Doch mit den privaten GĂ€rten steht mehr FlĂ€che zur VerfĂŒgung als die FlĂ€che sĂ€mtlicher Naturschutzgebiete in Deutschland zusammen. Dazu kommen öffentliche GrĂŒnanlagen und Parks. Hier kann mit einigen VerĂ€nderungen im Kampf gegen das Artensterben viel erreicht werden.

Was sagen die Nachbarn?
FĂŒr viele deutsche Gartenbesitzer ist penible Ordnung das MaĂ aller Dinge. Einige wĂŒrden aber doch gerne etwas mehr Natur wagen, scheuen aber mögliche Reaktionen aus der Nachbarschaft. In diesem Fall sollte man erklĂ€ren, dass weniger RasenmĂ€hen und generell mehr Wildnis und Unordnung im Garten nichts mit Faulheit zu tun hat und dass ein Mehr an Nichtstun ökologisch wertvoll und wichtig ist.
Gefahr durch MĂ€hroboter
Besondere Gefahr droht dazu noch durch MĂ€hroboter. Diese sind Ă€uĂerst praktisch, kĂŒrzen sie doch den Rasen ganz alleine und auch Ă€uĂerst zuverlĂ€ssig. FĂŒr Insekten, Amphibien und Reptilien sind sie jedoch eine groĂe Gefahr. Laufen die MĂ€hroboter nachts oder in der DĂ€mmerung, sind die nachtaktiven Igel besonders gefĂ€hrdet. Diese haben keinen Fluchtreflex, sie rollen sich bei Gefahr einfach zusammen. Igel mit komplett abgeschnittenen Gesichtern werden immer öfter aufgefunden. Der Gartenbesitzer merkt nur selten etwas davon, da sich die verstĂŒmmelten Igel hĂ€ufig noch ins Gehölz schleppen, wo sie dann qualvoll verenden. Leider sind diese MĂ€hroboter auch fĂŒr KinderfĂŒĂe und KinderhĂ€nde hoch gefĂ€hrlich. Bei Tests der Stiftung Warentest 2020 und 2022 zeigten viele GerĂ€te gute Leistungen, bei sĂ€mtlichen GerĂ€ten wurden jedoch groĂe SicherheitsmĂ€ngel festgestellt. Man sollte MĂ€hroboter daher niemals unbeaufsichtigt und schon gar nicht bei Nacht laufen lassen.
Mehr Natur wagen

Besser ist ohnehin mehr Natur im Garten. Heimische StrĂ€ucher und Stauden bieten Insekten und Vögel Nahrung. Werden GrĂŒnflĂ€chen nicht stĂ€ndig geschnitten, siedeln sich von alleine standorttypische Wildblumen an. Dazu zĂ€hlen z. B. GĂ€nseblĂŒmchen, diverse Kleesorten, Wiesensalbei und vieles mehr. Wer ein bisschen mehr Wildnis im Garten wagt, wird mit herrlichen Naturerlebnissen belohnt, die auch fĂŒr Kinder Ă€uĂerst spannend sind.
Die Stadt Freiburg stellt ĂŒbrigens seit MĂ€rz 2021 innerhalb des Förderprogramms âArtenschutz in der Stadtâ Fördermittel fĂŒr die Umsetzung von freiwilligen ArtenschutzmaĂnahmen auf privaten FlĂ€chen im Stadtgebiet Freiburg zur VerfĂŒgung.

Siehe auch: Interview mit der DGG-1822-DGG-1822-GeschĂ€ftsfĂŒhrerin Bettina de la Chevallerie in der BZ