Nach einem ersten erfolgreichen Webinar der Reihe „FL-Online“ im April 2021, folgte am 1.2.2022 eine weitere Online-Veranstaltung zum Thema „Lebenswerte Stadt“. Auch diese Veranstaltung war ein großer Erfolg: Neben Vertretern der Stadt und diverser Verbände hatten sich über 70 Teilnehmer zugeschaltet. Auch war Frau Beule von der Badischen Zeitung anwesend, die ausführlich über die Veranstaltung berichtete.
Nach Begrüßung und einer kurzen Ansprache von FL-Interimsvorsitzenden Prof. Dr. Michael Wirsching folgte ein Einführungsvortrag von Andreas Hofer, Intendant Internationale Bauausstellung Region Stuttgart 2027. Dieser wies auf die hohe graue Energie beim Neubau hin. Stoffflüsse nehmen inzwischen eine ebenso große Rolle ein wie Energie- und Wasserflüsse. Daher solle möglichst viel Baumaterial wiederverwendet und Abrisse möglichst vermieden werden. Entscheidend seien auch gute städtische Strukturen, da viele Emissionen durch den Autoverkehr entstünden, der mit steigender Entfernung zum Stadtzentrum zunehme. Stadt müsse man nicht neu bauen, sondern lediglich neu denken.
Stefanie Weidner von der Werner Sobek AG, Stuttgart, wies im Folgenden ebenfalls auf die Problematik durch zu hohen Abriss bestehender Gebäude hin. So solle stets überprüft werden, ob Neubau tatsächlich notwendig sei oder ob es schon einen nutzbaren Bestand gebe. Schließlich sei der Verkehr ein entscheidender Aspekt. Eine lebenswerte Stadt brauche weniger Fahrzeuge, eine Antriebswende allein reiche nicht aus.
Ingrid Marienthal, Fuß- und Radentscheid, plädierte ebenfalls für weniger Autos und für bessere Rad- und Fußwege, was weniger Lärm bedeute und damit der Stadtgesundheit zugutekomme.
Carsten Butsch, Universität Köln, beleuchtete das Thema unter dem Aspekt der Stadtgesundheit. So wirke sich eine ästhetische Stadt positiv auf die Psyche aus. Demgemäß sei es erschreckend, dass gerade der soziale Wohnungsbau häufig als Schallschutz vor dahinterliegende Wohnlagen fungiere. Wichtig sei es, mehr soziale Kontakte in den Städten zu schaffen. Demgemäß sei die Verringerung des Individualverkehrs von großer Bedeutung, was auch zu mehr Bewegung animiere und daher gesundheitsfördernd sei.
Joachim Scheck, Vorsitzender der ARGE Stadtbild Freiburg, wies darauf hin, dass die Ästhetik für eine lebenswerte Stadt unerlässlich sei. Am Beispiel Sigmaringen zeigte er bauliche Fehler der Vergangenheit auf. Sigmaringen, bis in die 70er-Jahre ein intaktes Stadtbild, sei durch Straßenbau und Donauanpassung beispiellos „entstellt“ worden. Auch dem heutigen Städtebau fehle oft „das Herz“.
Schließlich war noch Roland Jerusalem, Leiter Stadtplanungsamt Freiburg, an der Reihe. Auch er hob die Bedeutung von Freiflächen hervor, immerhin gebe es in Freiburg 14 Hotspots. Freiflächen seien auch für den Artenschutz wichtig. Auf Einwand aus dem Online-Publikum, dass in Freiburg nach wie vor (zu) viele Bäume abgeholzt werden, räumte er ein, dass dieses Bewusstsein innerhalb der Stadtverwaltung sicherlich noch geschärft werden müsse.
Anschließend folgte eine Diskussion mit reger Publikumsbeteiligung. Fazit: Es ist erfreulich, dass Themen, die Freiburg Lebenswert seit Gründung 2013 immer wieder ins Feld führt, langsam sogar bei der Stadt ins Bewusstsein dringen. Was FL-Online anbelangt – Fortsetzung folgt.