Viel Ärger hat in Freiburg die Berichterstattung der Badischen Zeitung (BZ) zur Diskussion um den Bau des geplanten Stadtteils Dietenbach im Vorfeld des Bürgerentscheids erzeugt. Dazu passt ein Interview, das die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) mit dem Vorstandsvorsitzenden des Axel-Springer-Verlags, Mathias Döpfner, geführt und am 9.2.2019 veröffentlicht hat. Anlass war der Fall des Spiegel-Journalisten Claas Relotius. In dem Interview geht Döpfner mit seiner Zunft hart ins Gericht und beschreibt, was in Freiburg, in dem ein Medien-Unternehmen eine dominierende, meinungsbeherrschende Monopolstellung hat, seit vielen Jahren immer wieder Thema ist: „Ein möglichst wahrheitsgetreues Bild kann nur im Wettbewerb möglichst vieler Erkenntnisse und Ansichten entstehen.“
Viel Nachdenken hat in journalistischen Kreisen eingesetzt, seit der Fall Relotius ans Licht gekommen ist. Döpfner meint dazu im Interview: „Relotius hat eine Ware geliefert, die gewünscht war, und zweifellos nicht nur vom «Spiegel». Diese Ware basiert auf einem bestimmten Sound, den Jurys von Journalistenpreisen gefördert haben. Aber es geht auch um die Ideologie eines intellektuellen Milieus. (…) Relotius hat einen Sound und eine Haltung geliefert, die seine Chefs wollten (…). Am Ende war es für ihn leichter, solche Geschichten zu erfinden, als jedes Mal aufwendig zu recherchieren. Denn die Welt sieht nicht immer so aus, wie man sie sich wünscht. (…) Wir müssen uns nun alle fragen, wie wir wieder mehr Authentizität und Glaubwürdigkeit herstellen können.“
„Ein möglichst wahrheitsgetreues Bild kann nur im Wettbewerb möglichst vieler Erkenntnisse und Ansichten entstehen. Genau deshalb ist journalistischer Wettbewerb so wichtig.“
Deutlich äußert sich Döpfner zu diesem Milieu in dem Journalisten schreiben und dem Sie sich offenbar verpflichtet fühlen: „Journalisten sind zusammen mit darstellenden Künstlern – in Film, Oper und Theater – wahrscheinlich die eitelste Berufsgruppe, die es gibt. (…) Und da liegt das Problem. Viele Journalisten sind getrieben davon, bei den Kollegen gut anzukommen. Sie verhalten sich damit zutiefst unjournalistisch: Sie wollen das Juste Milieu ihrer eigenen Branche bedienen, anstatt nonkonformistisch die andere Seite der Medaille zu beleuchten. Man will der eigenen Crowd gefallen, und das führt zu Herdenverhalten, Mainstream-Denken, Konformismus in der journalistischen Darstellung und immer mehr auch zu Intoleranz gegenüber Freidenkern.“
Und auf die ganz allgemein gestellte Frage „Was ist die Rolle des Journalisten?“ antwortet er: „Journalisten sind Wahrheitssucher. Sie befinden sich auf der Suche nach Wahrheit, aber sie kennen sie nicht. Ein möglichst wahrheitsgetreues Bild kann nur im Wettbewerb möglichst vieler Erkenntnisse und Ansichten entstehen. Die Gesamtheit all dieser Darstellungen, kritischen Fragen, investigativen Rechercheergebnisse und Kommentare kommt im besten Fall der Wirklichkeit nahe. Genau deshalb ist übrigens auch journalistischer Wettbewerb so wichtig.
(…) Wenn Journalisten von Aktivisten nicht mehr zu unterscheiden sind, dann können wir einpacken. Hier ist eine ganz wichtige Grenze zu ziehen. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass alles Aktivistische einem Journalisten zuwider sein muss. Es gibt den schönen Satz von Hanns Joachim Friedrichs, wonach sich ein guter Journalist daran erkennen lässt, dass er sich nicht mit einer Sache gemein macht, auch nicht mit einer guten.“