Die Entscheidung ist gefallen, aber die Probleme bleiben

Trotz der mehrheitlichen Entscheidung im Gemeinderat am 24.07.2018 zum „Stadion-Neubau am Wolfswinkel“ bleiben die vielen Probleme bestehen, die von den Kritikern angesprochen wurden. Sie können nun wohl nur noch vor Gericht endgültig entschieden werden.  Im Gemeinderat hat FL-Stadträtin Gerlinde Schrempp zum Thema Stadion-Neubau (Drucksachen G-18/112 und G-18/162 bis G-18/139) folgende Rede gehalten:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Gemeinderäte,

ein Stadion wird geplant für mindestens 70 Jahre. Die ersten Tribünen des Schwarzwaldstadions wurden Anfang der 50er Jahre übrigens unter tatkräftiger Mithilfe der Familie Schrempp erbaut.  Gar keine Frage, dass der SC ein neues Stadion braucht, meine Fraktion ist keineswegs ein Gegner eines neuen Stadions, wir sind Standortgegner. Ich habe in zahlreichen Reden immer wieder gesagt, dass mit dem Standort Wolfswinkel das Problem Verkehrschaos, Dreck, Lärm usw. von der einen Seite der Stadt auf die andere Seite, nämlich den Westen, verlagert wird.

Stadträtin Gerlinde Schrempp (FL)

Für die angrenzenden Stadtteile, vor allem natürlich den Mooswald bedeutet das nichts anderes als 70 Jahre Lärm, Verkehrsprobleme, Einschränkungen insofern, dass die eigene Straße an Spiel- oder Eventtagen nicht anfahrbar sein wird, so wie dies in den vergangenen Tagen bei den Großkonzerten auf dem Messegelände schon der Fall  war. Den anfallenden Dreck und Abfall kennt jeder vom Schwarzwaldstadion. Das Naherholungsgebiet Wolfsbuck wird massiv eingeschränkt. Der Durchgangsverkehr auf der Westrandstraße ist bereits heute ein Problem, täglich sind mehrfach stop-and-go-Situationen zu beobachten, aber wie sagte der Verkehrsgutachter so entlarvend  im Dialogverfahren: „Staus sind kein Verkehr, deshalb werden sie nicht berücksichtigt.“  Die geplante Querstraße entlang des Stadiongeländes von der Paduaallee zur Madisonallee soll eine Entlastung darstellen für den heutigen Verkehr. Es ist eine Straße vom Nichts ins Nirgendwo, man verschiebt hier die Verstopfung einfach nur eine Straße weiter auf die Berliner Allee.

Mit dieser Erschließungsstraße müssen Sie den ehemaligen Müllberg Wolfsbuck angraben, Sie alle wissen, dass dieses Angraben absolut nicht kalkulierbare Kosten nach sich ziehen wird. Einen Vorgeschmack auf die Kostensteigerungen gerade der Infrastrukturmaßnahmen konnte Sie ja heute der BZ entnehmen. Ich erinnere aber an das Versprechen des früheren EMB Neideck, dass bei 38 Mio. für die Stadt Schluss sei. Aber was geht ihn das Geschwätz von gestern an. 

Die anfangs hochgelobten Synergieeffekte, die die Grundlage für den hohen zweistelligen Millionenzuschuss des Landes waren, sind nicht mehr vorhanden, keine gemeinsame Mensa von Universität und Stadion, die Parkplätze werden von der Universität  überhaupt nicht gebraucht, sie werden schon heute teilweise vermietet. Konsequenzen  zu diesen Veränderungen vom Land: Fehlanzeige! Dafür tritt die FWTM in die Lücke, und wieder zahlt der Freiburger Bürger.

Die klimatologische Folge der Bebauung ist die Erwärmung, das  bedeutet eine massive gesundheitliche Beeinträchtigung vor allem natürlich der Mooswald-Bewohner. Was eine solche zu erwartende Erwärmung gerade für ältere oder kranke Menschen für Folgen hat,  kann man in jedem Fachartikel, vor allem nach dem Hitzesommer 2003, nachlesen.

Die Flugsicherheit ist massiv gefährdet. Mussvorgaben für den Luftverkehr werden nicht eingehalten: So wird die Sicht des Piloten in der Platzrunde auf die Landebahn durch den Stadionbaukörper eingeschränkt sein, der Flugleiter kann zeitweise das Luftfahrzeug nicht sehen. Der Vorschlag des Gutachters Fricke, GfL,  dieses Problem zu beseitigen, ist, die Platzrunde von derzeit 1800 ft auf 3500 ft zu erhöhen. Das ist ein so unglaublicher Unsinn, denn weltweit ist die Platzrunde auf 1000 ft über Grund festgelegt.  Der Flugplatz Freiburg liegt ca. 800 ft über NN, dazu kommen die 1000 ft Platzrundenhöhe, das bedeutet eine Platzrundenhöhe von 1800 ft in Freiburg. Und so eine schwierige Rechnung – es geht um eine Grundrechenart – kann GfL nicht leisten. Oder doch ? Ich glaube schon, aber sie beweisen mit diesem Vorschlag, dass sie keine Ahnung von Luftverkehr und seinen Regeln haben.

Im Gutachten fehlt vollständig das Landerisiko, wie es in Freiburg besteht. Aufgrund schon heute bestehender schwieriger Verhältnisse aufgrund des Wolfsbucks, mit dem aber in Freiburg ausgebildete Piloten kein Problem haben, denn sie weichen den Verwirbelungen durch eine sogenannte „lange Landung“ aus, auch die meisten fremden Piloten verfahren so. Eine gefahrlose lange Landung ist aber nicht mehr möglich, wenn der Stadionkörper in Verlängerung des Wolfsbucks durch seine Ecken und Kanten noch schlimmere Verwirbelungen erzeugt. Das beschreibt die GfL mit keinem Wort, denn es fehlen entsprechende Angaben zu solchen Landevorgängen in 0 bis 10/15 Meter über Grund.

Zweiter Fehler im Gutachten: Eine massive Gefährdung der Besucher des Stadions würde durch den Vorschlag der GfL bestehen, in Ausnahmen während des Spiels in Richtung 16 zu starten. 16 bedeutet Richtung Bedarfshaltestelle, also Richtung Stadt, wo Hunderte Menschen zum Stadion laufen.

Ich habe Dutzende Anrufe bekommen und Gespräche geführt, in denen mich Piloten aus verschiedenen europäischen Ländern daraufhin angesprochen haben, ob dieser Vorschlag tatsächlich in einem Flugsicherheitsgutachten stünde. Meine Antwort dazu war natürlich „Ja, und dafür gab die Stadt Freiburg sogar 85.000 € aus“. Über diese Ausgabe werden wir an anderer Stelle zu sprechen haben.

Kein den Standort befürwortendes Mitglied des Gemeinderates hat jemals einen Sachkundigen, die es ja hier im Gemeinderat gibt, zu diesem Unsinn befragt, obwohl ich Sie oft genug darauf hingewiesen habe. .

Ich nannte diese Vorschläge der GfL mehrfach öffentlich „Bockmist“ und dass GfL damit nachgewiesen habe, dass sie von Flugsicherheit keine Ahnung hätten. Ich bin sicher, dass ich mit Klagen zu rechnen hätte, wenn diese Aussage unzutreffend wäre, aber – seien Sie alle versichert – das habe ich nicht zu befürchten!

Unfälle wegen Verwirbelungen gab und gibt es, ich erinnere an den dramatischen Unfall vor wenigen Monaten in Spanien, bei dem zwei Freiburger zu Tode kamen, sie waren aus geringster Höhe abgestürzt. Auch zu diesem schlimmen Vorfall hat bei uns niemand nachgefragt, deshalb muss ich davon ausgehen, dass mögliche künftige Unfälle aufgrund der durch den Baukörper entstehenden Leewindverwirbelungen nicht in Betracht gezogen werden, die Verwaltung und die befürwortenden Gemeinderäte verstecken sich hinter der GfL.

Aber das geht nicht, Sie wurden auf die Gefahren aufmerksam gemacht, das wird Ihnen allen in schriftlicher Form zugänglich sein, deshalb hier mein Antrag, dass meine Ausführungen hier als Redeprotokoll jedem zugänglich sein müssen.

Nun zu den Einwendungen:

Hinter sehr vielen Einwendungen konnten Sie lesen „Der Einwendung wird nicht gefolgt“ oder „Dem Hinweis wird nicht gefolgt“ bis zu „Der Hinweis ist unzutreffend“.

Ich führe hier beispielhaft drei Einwendungen von Rettungseinheiten auf:

  1. Notfalleinsätze im Sperrgebiet Stadion: Seitens der Stadt findet sich hierzu keine Aussage zu der eingewendeten Fragestellung. Bemerkenswert !
  2. Dem Hinweis auf das fehlerhafte Gutachten zur Anpassung des Sicherheitsstreifens wird seitens der Stadt Freiburg gefolgt, aber dennoch nur auf die trotzdem bereits vorhandenen Plangenehmigungen zur Anpassung des Sicherheitsstreifens verwiesen. Damit wird ein fehlerhaftes Gutachten zwar eingestanden, aber es hat keine Konsequenzen.
  3. Die genannten vorbereitenden Arbeiten zur Erschließung vor Planreife sind bereits trotz Einwendungen und ausstehender Genehmigung des Bebauungsplans seit Monaten im Gange.

Nun zu der Spiegellösung: Auch hier war uns klar, dass diese Planung vom zuständigen Dezernat nicht in der Form geprüft wird, wie es ihr zustünde. Besonders bemerkenswert, dass auch hier wieder der Gutachter Speer und Partner zum Zuge kam, der schon mit seiner Planung des Stadions mitten auf der Landebahn und  mit der damit einhergehenden Schließung des Verkehrslandeplatzes  sich klar zum Vorhaben positioniert hat. Hier noch eine kleine Anmerkung zu einer von vielen gewünschten Wohnbebauung nach einer  Schließung des Verkehrslandeplatzes. Im Umkreis von 500 Metern zu einem Stadion darf keine Wohnbebauung realisiert werden, hier wird nicht einmal das Regierungspräsidium helfen können.

Links die Planung der Verwaltung im Wolfswinkel, rechts die „Spiegellösung“.

Die Verwaltung bestätigt in der kurzen Stellungnahme, dass Ökologie, Lärmbelästigung der Anwohner  und Flugsicherheit, bei der Spiegelvariante, auch die jederzeitige Möglichkeit, Organtransporte und Entnahmeflüge durchzuführen  natürlich besser dastünden. Nochmal Ökologie, Lärm und Flugsicherheit, Organtransporte ! Diese absolut wesentlichsten Punkte werden weggewischt und Sie, die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte folgen der Empfehlung der Verwaltung, diese Punkte zu vernachlässigen. Dazu kann ich mir jeden weiteren Kommentar ersparen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich  habe zwei Ordner durchgearbeitet, und selbstverständlich sind wir uns dessen bewusst, wie die Abstimmung hier ausgehen wird. Nach der Zustimmung durch den Gemeinderat wird auch das Regierungspräsidium Stuttgart dem Vorhaben zustimmen.

Damit ist dann der Weg frei für die juristischen Auseinandersetzungen, die Anzahl der zu erwartenden Klagen wird beträchtlich sein. Sie, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, wissen das und ich weiß das. Und Sie alle wissen,  welche Zeit solche Klagen in Anspruch nehmen.

Trotz dieser erwartbaren Zustimmung der  Behörde, muss sich jeder Gemeinderat seiner persönlichen  Verantwortung bewusst sein, deshalb beantragen wir eine namentliche Abstimmung. 

Vielen Dank !

Der Wolfswinkel: Hier wollen SC und Stadt das neue Stadion bauen (Foto: BI pro Flugplatz).