Unter dieser Überschrift steht ein Beitrag, den der Radiosender „Deutschladfunk Kultur“ am 23.07.2019 gesendet hat. Darin weist der Sachbuchautor und Bauexperte Daniel Fuhrhop, der seit 2019 auch wissenschaftlicher Mitarbeiter der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg ist, wo er den Forschungsschwerpunkt „Wohnen“ bearbeitet, auf die Widersprüchlichkeiten beim Wohnungsbau hin: Dem Phänomen von immer weiter boomenden Städten einerseits und ständig steigendem Leerstand in ländlichen Regionen andererseits.
Geändert, so der Experte Fuhrhop, habe sich vor allem wo wir wohnen: „Seit zehn bis 15 Jahren ziehen viele Menschen in die boomenden Großstädte. Sie verlassen schrumpfende Orte und ländliche Regionen: Dort stehen in Deutschland seit mehreren Jahren zwei Millionen Wohnungen leer, und die Zahl steigt. Mit fatalen Folgen: Weil schon so viele Menschen aus diesen ländlichen Gegenden weggezogen sind, fehlen dort Arbeitskräfte.“ Hinzu kommt, dass die Preisentwicklung und niedrige Zinsen die Spekulation mit Wohnraum und den Bauboom weiter anheizen.
„Wir wohnen anders als früher, wir wohnen anderswo, und wir verlieren Wohnraum durch Spekulation.“
Es sei also höchste Zeit, nicht nur in die vermeintlich hippen Stadtviertel wie Prenzlauer Berg in Berlin zu streben. Dabei könne die Politik helfen, indem sie mit einer neuen Art der Wirtschaftsförderung „nicht boomende Städte noch voller, sondern unterschätzte Orte stärker“ mache. Das größte Potential, um Wohnraum ohne Neubau zu schaffen, biete aber das „Wie“ des Wohnens: Familien werden kleiner und immer mehr Menschen wohnen allein. „Über 80 Quadratmeter Wohnraum als Alleinlebende haben in Deutschland vier Millionen Menschen. Ihre Wohnungen und Häuser sind so groß, dass ein, zwei oder mehr Personen noch Platz finden könnten“, so Fuhrhop weiter.
„Seit zehn Jahren werden in Deutschland Jahr für Jahr mehr Wohnungen gebaut. Und doch hat man den Eindruck, es fehlten in den Großstädten so viele Wohnungen wie lange nicht. Warum eigentlich? Die Zahl der Einwohner Deutschlands stieg seit 1991 um zwei Millionen. Durchschnittlich leben zwei Personen in einem Haushalt. Das heißt: Eigentlich hätte eine Million neue Wohnungen ausgereicht. Gebaut wurden seit 1991 aber sieben Millionen Wohnungen. Wo sind die sechs Millionen zusätzlichen Wohnungen hin? Die Antwort führt zu sichtbarem Leerstand und zu verstecktem Wohnraum. Und das hat drei Ursachen: Wir wohnen anders als früher, wir wohnen anderswo, und wir verlieren Wohnraum durch Spekulation.“
Siehe (auch als Audio): https://www.deutschlandfunkkultur.de/wohnungsmangel-bauboom-ist-die-falsche-antwort.1005.de.html?dram%3Aarticle_id=454502&fbclid=IwAR0op1jY-QEAHQvFr6X3aXEErlK7krVJUtr9RBH1sI5aOihd4P_Ue7hPmfc