Bei einer Mitgliederversammlung am 21.6.2022 in der Gaststätte Grüner Baum in der Wiehre hat Freiburg Lebenswert den neuen Vorstand gewählt.
Erster Vorsitzender ist Prof. Dr. Michael Wirsching, der dieses Amt bereits seit Mai 2021 kommissarisch führte. Zum neuen zweiten Vorsitzenden wurde Klaus Ulrich Müller gewählt. Neue Schriftführerin ist Dr. Kerstin Langosch, die dieses Amt von Wolfgang Deppert übernimmt, der aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr antrat. Kassenwart bleibt wie zuvor Ulrich Glaubitz.
Mit großem Applaus der anwesenden Mitglieder wurde Wolfgang Deppert für seine verdienstvolle Arbeit gedankt.
Als Beiräte wurden gewählt Christa Gronbach, Karl-Heinz Krawczyk, Joachim Müller, Ralf Schmidt, Nicolas Schoof, Oliver Tappe, Peter Vogt, Tjark Voigt. Unser Dank gilt auch den Beiräten, die sich nicht mehr zur Wahl stellten.
Somit haben die FL-Mitglieder die erfolgreichen Bemühungen des bisherigen zweiten Vorsitzenden Michael Wirsching, den Verein zu konsolidieren, deutlich gewürdigt. Teil dieser erfolgreichen Arbeit war die Einführung von Veranstaltungen in online-Formaten in der schwierigen Pandemie-Zeit. So konnten zentrale Themenanliegen von Freiburg Lebenswert wie städtischer Klimaschutz und Stadtplanung weiter vorangebracht werden.
Bild oben: Der neue geschäftsführende Vorstand von FL: Kerstin Langosch, Klaus Ulrich Müller, Michael Wirsching, Ulrich Glaubitz (Foto: W. Deppert).
Sparkasse steigt wahrscheinlich aus dem Projekt Dietenbach aus
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Finanzierung des neuen Stadtteils Dietenbach ist der Sparkasse zu riskant
Angesichts explodierender Baupreise und steigender Zinsen wird der Sparkasse das Dietenbach-Geschäft nun zu riskant. Sie erwägt daher den Ausstieg. Die Verhandlungen zwischen Stadt und Sparkasse scheiterten an der Frage, wie viel die Sparkasse an die Stadt als Ausgleich für die Wertsteigerung der Grundstücke in Dietenbach, hochgerechnet auf 20 Jahre, bezahlen sollte. Die Stadt prüft nun, die Sparkassen-Tochter „Entwicklungsmaßnahme Dietenbach GmbH“ (EMD), über die das Geschäft zwischen Stadt und Sparkasse abgewickelt werden soll, aufzukaufen. 40 % der Fläche in Dietenbach gehören bereits der Stadt, die EMD hätte 60 % der Flächen erwerben sollen.
Freiburg Lebenswert zeigt insgesamt Verständnis für das Vorgehen der Sparkasse. Verwunderlich ist allenfalls, dass die Sparkasse bei einem solch unsicheren Projekt mit so vielen Unwägbarkeiten bei Dietenbach überhaupt eingestiegen ist. Dass die Stadt nun ein Projekt von der doppelten Größe des Riesenfelds finanziell alleine stemmen möchte, erscheint vermessen. Unter keinen Umständen sollte der städtische Haushalt für den Bau von Wohnungen herhalten. Angesichts zahlloser preistreibender Faktoren wie Materialknappheit, allgemein gestiegener Baukosten, Zinsanstieg und die derzeitige Energiekrise, ist eine völlig unkalkulierbare Kostensteigerung zu erwarten, was sich unweigerlich auf Kosten wichtiger Projekte und schließlich auch auf Kosten der Bürger auswirken wird.
Ein Ausstieg der Sparkasse sollte daher zum Anlass genommen werden, das Projekt Dietenbach insgesamt zu beenden. Eine Fortführung ist nicht nur angesichts der exorbitanten Kosten, sondern auch angesichts diverser Krisen wie Energieknappheit oder Klimawandel unverantwortlich. Freiburg Lebenswert hat immer wieder auf die klimaschädliche Wirkung des Bauens allgemein hingewiesen. So ist es unverantwortlich, eine solch große Fläche wie Dietenbach zu versiegeln und diese der Landwirtschaft zu entziehen. Durch den Ukrainekrieg kommt nun auch noch eine weltweite Lebensmittelknappheit hinzu. Wir leben in vieler Hinsicht schon auf Kosten ärmerer Staaten, wo Konzerne Landflächen aufkaufen, die dann für unsere Bedürfnisse den dort lebenden Menschen entzogen werden. Nur deswegen können wir es uns überhaupt erlauben, so großzügig landwirtschaftliche Flächen zu bebauen.
Die Tatsache, dass Dietenbach im Überschwemmungsgebiet entstehen soll, setzt der ohnehin schon hohen Umweltproblematik die Krone auf. In Dietenbach wird bei Realisierung so manches entstehen, „bezahlbarer Wohnraum“ und ein „klimaneutraler Stadtteil“ allerdings werden als leere Versprechungen zurückbleiben. Die Stadt sollte zurückfinden zu einer maßvollen Baupolitik und einer Klimapolitik, die den Namen verdient. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.
Wertvolle landwirtschaftliche Fläche soll für Dietenbach geopfert werden (Foto: K. U. Müller).
Bebauung in der Sternwaldstraße unter massiver Verletzung von Anwohnerrechten
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Zaun und Bepflanzung auf Nachbargrundstück von Baufirma entfernt. Anwohner werden bedroht.
Der denkmalgeschützte Eingang steht den Baufahzeugen im Weg (Foto: K. U. Müller).
Nachdem bereits im Februar 2021 unter Polizeiaufgebot sämtliche alte Bäume im rückwärtigen Bereich zwischen Sternwald- und Nägeleseestraße abgeholzt wurden, wurde nun mit dem Bau zweier Wohnhäuser begonnen. Das Bauvorhaben war nicht einfach zu realisieren, fehlte es schlichtweg an einem ausreichend großen Zugang zu den Gärten zwischen den Häuserreihen. Erfolgreich hatten die Anwohner dem Investor das Leben so schwer wie nur möglich gemacht. Ein Wegerecht an der Sternwaldstraße 9 sicherte dem Investor jedoch das Durchkommen mit kleinen Baumaschinen. Dazu muss allerdings der denkmalgeschützte Eingangsbereich an dem Haus Nr. 9 abgebrochen werden.
Der Bagger parkt auf dem Nachbargrundstück (Foto: P. Vogt).
Leider genügte dieser Durchgang immer noch nicht, so dass die Baufirma gleich den kompletten Zaun, wie auch die zur Nr. 11 gehörende Bepflanzung plattmachte. Anwohner, welche die Bauarbeiter auf deren rechtswidriges Verhalten hinwiesen, wurden kurzerhand mit Eisenstangen und Steinen bedroht. Auch wurde uns von einem älteren Ehepaar berichtet, das aus Angst vor aggressiven Bauarbeitern die Wohnung nicht mehr verlässt. Dem nicht genug, parkt ein Bagger komplett auf dem Nachbargrundstück.
Der Zugang vorher (Foto: P. Vogt).
Freiburg Lebenswert verurteilt aufs Schärfste das Vorgehen des Investors wie auch der beauftragten Baufirma. Nicht nur, dass das Bauvorhaben in diesem hochsensiblen Bereich ökologisch wie auch städtebaulich eine Katastrophe ist – dort entstehen unter maximaler Auslotung der Baugrenzen zwei architektonisch anspruchslose und nicht in die Gegend passende Klötze – es ist offensichtlich auch in dem zugestandenen rechtlichen Rahmen nicht zu realisieren. Es liegt auf der Hand, dass die Zufahrt auch für kleine Baumaschinen zu klein ist. Dann allerdings ist es in keiner Weise statthaft oder gar gerechtfertigt, in die Rechte der ohnehin schon über das Bauvorhaben zurecht verärgerten Anwohner einzugreifen.
FL-Ortsbegehung in der Sternwaldstraße am 21.5.2022 (Foto: K. U. Müller).
Freiburg Lebenswert fordert von allen Beteiligten, auch von der Stadt, eine Beendigung dieses rechtswidrigen Zustandes. Insbesondere muss wieder auf die Notwendigkeit einer Bauleitplanung in solch hochsensiblen Gebieten hingewiesen werden. Schon vor Jahren hat der Gemeinderat Erhaltungs- und Gestaltungssatzungen für ebensolche Quartiere beschlossen, auch um deren Charakter zu wahren eben jenen Charakter, der mit solchen Bauvorhaben verlorengeht. Wurden zunächst Anfang 2019 im Stadtteil Waldsee die Satzungen erlassen, sollte im Herbst 2019 die Wiehre folgen. Leider wurden die Satzungen verschleppt, was vor allem daran lag, dass Altbauten angeblich energetisch nicht ausreichend ausgestattet werden können.
Die Zufahrt nach dem Eingriff der Baufirma. Alles, auch die Bepflanzung auf dem Nachbargrundstück, wurde plattgemacht (Foto: P. Vogt).
Man kann nicht oft genug darauf hinweisen, dass auch Altbauten energetisch ertüchtigt werden können und dass Neubau enorm klimaschädlich ist. Auch sind Grünflächen wie in der Sternwaldstraße für das Stadtklima und anlässlich des dramatischen Artenschwundes unabdingbar. Wird lediglich auf die energetische Ausstattung von Gebäuden verwiesen, gleichzeitig aber abgerissen, neu gebaut und Grünflächen betoniert, werden im Kampf gegen den Klimaschutz falsche Akzente gesetzt.
Erhaltungs- und Gestaltungssatzungen hätten eine Bebauung wie sie in der Sternwaldstraße geplant und leider wohl auch realisiert wird, verhindert. Worauf warten wir noch?
Nach den Baumfällungen 2021 hat sich die Natur wieder halbwegs erholt. Leider muss sie bald fahlem Beton weichen (K. U. Müller).
Mehr Erhaltungs- und Gestaltungssatzungen
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Auf Initiative von FL hat der Gemeinderat der Stadt die Möglichkeit eröffnet, Erhaltungs- und Gestaltungssatzungen erlassen zu können. Das war dringend notwendig, machte die Abriss- und Bauwut in Freiburg nicht einmal vor den sensiblen Stadtquartieren halt. So mussten vor allem die Wiehre und Herdern den Verlust mehrerer stadtbildprägender Altbauten beklagen.
Abrisse alter liebenswerter Häuser in der Wiehre in einem fort (Foto: K. U. Müller)
2019 wurde für den Stadtteil Waldsee eine Erhaltungssatzung erlassen, die Wiehre sollte folgen. Leider wartet man dort bis heute. Das Umweltdezernat sieht die Satzungen kritisch, da Altbauten angeblich oft den Standards des ökologischen Bauens nicht genügen. Man kann es nicht oft genug wiederholen, dass dies im Kampf gegen den Klimawandel nicht entscheidend ist. Abriss und Neubau, wie auch das Bauen auf der grünen Wiese sind erheblich klimaschädlicher. Auch alte Häuser können ausreichend energetisch ertüchtigt werden und gegen ein Solardach auf einem Altbau ist nichts einzuwenden. Die Erhaltungs- und Gestaltungssatzungen dienen dazu, eine behutsame bauliche Entwicklung zu gewährleisten. Grauenvolle Nachverdichtung wie gerade in der Kronen- oder Sternwaldstraße praktiziert, muss der Vergangenheit angehören.
Wie ein Fremdkörper wirkt dieser Neubau in der Kronenstraße. Fader und einfallsloser kann Architektur nicht mehr sein (Foto: K. U. Müller).
Schützen wir endlich unsere sensiblen Stadtquartiere, sorgen wir mit sinnvollen Regelungen für eine maßvolle Stadtentwicklung. Satzungen jetzt!
Das Areal Sternwaldstraße vor den Baumfällungen. Dort sollen zwei überdimensionierte Kuben entstehen (Foto: Peter Vogt).