Pressemitteilung, 05.06.2014
Die neue Gemeinderatsfraktion Freiburg Lebenswert sieht in der Diskussion um die Bebauung des Areals der Reinhold-Schneider-Villa in der Wiehre einen beispielhaften Beleg für die Notwendigkeit, Bürgerinformation und beteiligung nicht nur zu verbessern, sondern endlich durchzusetzen. Die Pläne, eine denkmalgeschützte Villa massiv durch An- und Neubauten zu entwerten, kamen erst durch das Nachhaken der Kulturliste und anscheinend gegen den Willen der Verantwortlichen an die Öffentlichkeit. Der Überbringer der Botschaft Atai Keller wird nun ebenso wie die Badische Zeitung (BZ) streng getadelt. Stadtverwaltung und Grünen-Stadtrat Friebis sind sich einig, die BZ müsse nicht alles wissen.
Es geht aber nicht um die BZ, sondern um das grundsätzliche Recht der Freiburger Bürger, zu erfahren und mitzuentscheiden, wie sich ihre Stadt entwickeln soll. Schließlich handelt es sich hier um ein Kulturdenkmal, in dem ein bedeutender Schriftsteller lebte – es geht um das kulturgeschichtliche Gedächtnis der Stadt. Und das soll die Bürger dieser Stadt nicht interessieren? Es könnte ja sein, dass solch ein Projekt der Nachverdichtung möglicherweise in Ordnung ist. Aber warum muss systematisch alles hinter verschlossenen Türen ausgehandelt werden? Freiburg Lebenswert hält es sehr wohl für einen Skandal, dass ein Beschluss im Gemeinderat zur Aufstellung eines Bebauungsplanverfahrens, das Bürgerbeteiligung vorgesehen hatte, ignoriert wird.
Das Kulturdenkmal „Reinhold-Schneider- Villa“ in der Mercystraße 2 soll brutal vermarktet werden. Ein klotziger Flachdach-Anbau mit Tiefgarageneinfahrt sowie zwei Häuser mit Etagenwohnungen im Park ohne Rücksicht auf die historische Umgebung stehen vor der Genehmigung. Der Park ist aber ausdrücklich Teil des Anwesens, das als Ganzes unter Denkmalschutz steht. Die verantwortlichen Stellen halten aber den Paragraphen 34 BauGB, der die Anpassung an die Umgebungsbebauung verlangt, für ausreichend. Der Aufwand für ein Bebauungsplanverfahren sei zu groß. Wer profitiert? Sicher wird kein preisgünstiger Wohnraum geschaffen, auf jeden Fall geht wieder einmal ein Stück charmantes Freiburg verloren. Und wieder werden die Interessen eines Investors vor die des Gemeinwohls, des Denkmalschutzes und der Kulturgeschichte der Stadt gestellt.
An diesem Beispiel wird deutlich, warum Freiburg Lebenswert mit den Hauptthemen Ende des Bauens auf Teufel komm raus, Erhalt von Stadtbild und Bürgerbeteiligung auf Anhieb drei Sitze erringen konnte. Die Stadtverwaltung hofiert die Investoren, die Fraktionen der Grünen, CDU und SPD im Gemeinderat nicken die Beschlüsse ab oder „verlieren den Überblick bei der Fülle der Bauprojekte“ (OT Renate Buchen lt. BZ). Gut, dass die Zahl der Kritischen und Wachsamen im Gemeinderat jetzt gewachsen ist, wenn es laut Rathaussprecherin Lamersdorf ein „gängiges Verfahren“ ist, dass die vom Gemeinderat beschlossene Planung nicht weiter verfolgt wird. Hoffentlich lässt sich die BZ in ihrer journalistischen Aufgabe und Freiheit, im Interesse der Öffentlichkeit kritisch zu berichten, nicht einschüchtern.
Der § 34 Bau GB kann die sukzessive Verschandelung Freiburgs nicht verhindern. Freiburg Lebenswert wird auf die Einrichtung von Instrumenten zum Schutz des Stadtbilds wie Erhaltungs- und Gestaltungssatzungen, Stärkung von Denkmalschutz und dem Ernstnehmen von Gestaltungsbeirat pochen. Die Ergebnisse des Perspektivplans, der immerhin 250.000 € kostet, müssen in stadtbildprägende Entscheidungen einfließen, wenn all diese Initiativen keine Farce sein sollen. Nach Ansicht von Freiburg Lebenswert muss auch der „Green City Tower“, von dem man ebenfalls kürzlich erst aus der Presse erfahren konnte, auf breiter Ebene von Bürgern und externen Experten im Rahmen eines Gesamtkonzeptes, wohin will Freiburg sich entwickeln, diskutiert werden.
Freiburg Lebenswert e.V.
Textvorlage bearbeitet von Dr. Kerstin Langosch
Ansprechpartner für die gewählten FL-Gemeinderäte: Dr. Wolf-Dieter Winkler
Pressereferenten: Michael Managò und Dr. Friederike Zahm
E-Mail: presse@freiburg-lebenswert.de