Zum Masterplan Wärme 2030 (Drucksache G-21/100) hat Stadtrat Dr. Wolf-Dieter Winkler (FL) am 30. November 2021 im Freiburger Gemeinderat folgende Rede gehalten:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine sehr geehrte Damen und Herren!
Das Szenario für die Wärmebedarfsentwicklung des Masterplans Wärme leitet sich aus dem Klimaschutzkonzept der Stadt Freiburg ab, das der Gemeinderat im Jahr 2019 verabschiedet hat. Und dieses ist durchaus als sehr ehrgeizig zu bezeichnen. So wird dort – nur als Beispiel – von einer künftigen jährlichen Sanierungsrate bei Bestandsgebäuden von 2 bis 3 % ausgegangen, die bundesweit bei nur etwa 1 % liegt. Jetzt sind zwei Jahre vergangen und es wäre interessant zu wissen, ob sich diese Rate auch nur ansatzweise hat erreichen lassen. Wir leiden nämlich unter einem Fachkräftemangel – auch im Baubereich. Und für die Zukunft wird es noch schwieriger, weil von den vielen Neubaugebieten wie beispielsweise Kleineschholz und Dietenbach die noch verbliebenen Facharbeiter aus dem Bestandsbereich abgesaugt werden. Wer also soll diese Sanierungsraten im Bestand umsetzen? Wie soll man unter diesen Bedingungen von 1.900 GWh Energiebedarf in Freiburg für Raumwärme und Warmwasser im Jahr 2020 auf nur noch 1.150 GWh in 2050 kommen? Das sind astronomische 40 % weniger Energiebedarf! Dass sich die Autoren des Masterplans Wärme daher auf das städtische Klimaschutzkonzept beziehen, was sie selbst aus der Schusslinie nimmt, wenn die Prognosen nicht eintreten, ist daher nur zu verständlich. Soweit zur angepeilten Reduzierung des Energiebedarfs.
Die zweite Maßnahme ist, dass der nun so erheblich reduzierte Energiebedarf möglichst CO2-frei bereitgestellt werden soll. Die eine Quintessenz des Masterplans ist, dass für eine wesentliche Dekarbonisierung die vorhandenen und geplanten Wärmenetze zu einem Verbund zusammengeführt werden müssen. Für diesen Verbund können zeitnah sukzessive alle zur Verfügung stehenden Energiequellen wie Geothermie, Abwärme von Industrie und Abwasser, Solarthermie, Luft und Grundwasser erschlossen werden. Die geplante Abwärmenutzung der Schwarzwaldmilch ist so eine Maßnahme. Das sollte so funktionieren! Die andere Quintessenz ist, dass langfristig die mit Erdgas versorgten Haushalte über das Erdgasnetz mit grünem Wasserstoff oder Methan versorgt werden sollen. Grün bedeutet, dass diese Gase mit überschüssigem Strom aus Wind- und Photovoltaikanlagen hergestellt werden. Das wird jedoch über die nächsten Jahrzehnte weitgehendes Wunschdenken bleiben. Ein Grund ist, dass das bis dahin erfolgreiche EEG (Erneuerbare Energien Gesetz) um das Jahr 2012 durch die schwarz-gelbe Bundesregierung massiv verschlechtert wurde. Allein im Photovoltaik-Bereich gingen ca. 70.000 Arbeitsplätze und enormes Fachwissen verloren. Von diesem Rückschlag haben sich die regenerativen Energien bis heute nicht erholt. Ein anderer Grund ist, dass durch die Digitalisierung, durch die E-Mobilität, aber auch durch den massiven Einsatz von Strom im Wärmebereich – Stichwort Wärmepumpen – der Strombedarf sehr wahrscheinlich schneller zunehmen wird als der Zubau im Wind- und Photovoltaik-Bereich. Wenn dies so einträfe, stünde kein Überschussstrom für PtG (Power-to-Gas) zur Verfügung. Und die bereits erkennbaren Bremsmanöver einiger Koalitionäre der künftigen Ampelregierung lassen auch hier leider keine günstigere Prognose zu. Ob also aus dem Masterplan Freiburgs eine Masterumsetzung wird, steht in den Sternen. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wie immer gilt: Die Hoffnung stirbt zuletzt!