Wir alle sind erschüttert und sprachlos angesichts der Tragödie um die Ermordung der jungen Medizinstudentin in Freiburg. Maria L., die sich für Flüchtlinge engagiert hat und damit für eine tolerante, offene Gesellschaft eingetreten ist, ausgerechnet sie soll mutmaßlich von einem afghanischen Flüchtling umgebracht worden sein? Wir können es nicht fassen und müssen uns doch den Tatsachen – und auch unserer Wut – stellen. Aber Thomas Hauser, der Herausgeber der BZ, hat Recht, wenn er sagt: „Diese Trauer sollte uns nicht blind dafür machen, dass Gruppen unterwegs sind, die von diesem Leid profitieren wollen – nicht nur im Internet. (…) Unsere Wut dürfen die nicht bekommen. Sie wollen sie doch nur in zerstörerische Energie umwandeln. Besser wäre es, sie konstruktiv zu nutzen.“
Sein Leitartikel in der BZ endet mit einer Mahnung zur Besonnenheit, die Unterstützung verdient: „Eine offene Gesellschaft beweist sich nicht bei schönem Wetter, sondern dann, wenn sie bedroht wird – von außen, wie von innen. Erst dann zeigt sich, ob ihre Werte tragen und ob sie diese selbst wirklich ernst nimmt. Die Familie der toten Studentin hat hier ein Zeichen gesetzt, indem sie ihre Trauer nicht zu Hass werden ließ, sondern um Spenden für die Hilfsorganisation bat, in der Maria sich für Flüchtlinge eingesetzt hat. Südbaden sollte trauern und wütend sein, aber dieses Beispiel nicht vergessen.“
Schon zuvor hatte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin zu Recht vor pauschalen Urteilen gewarnt: „Wir reden von der möglichen Tat eines afghanischen Flüchtlings, nicht von einer ganzen Gruppe von Menschen, die, wie er, Afghanen oder Flüchtlinge sind“. Eigentlich ist dies eine Selbstverständlichkeit. Dass sie in diesen hitzigen Zeiten so betont werden muss, sollte uns auch beunruhigen. Es sollte uns eine Aufforderung sein, unsere Freiheiten, unsere Demokratie und – gerade jetzt vor Weihnachten – unsere Mitmenschlichkeit gegenüber Schutzbedürftigen zu bewahren und diese zu verteidigen.
Dies ist keine „Gutmenschen-Naivität“, sondern realistische Besonnenheit, die als „konstruktive Energie“ genutzt werden sollte. Das Eintreten für demokratisch-liberale Grundwerte bedeutet nämlich auch, dass man einerseits schutzbedürftige Flüchtlinge aufnimmt, gleichzeitig aber auch für ein konsequenteres und nachhaltigeres Auftreten gegenüber Straftäter eintreten kann – einschließlich der Abschiebung im Falle von Straffälligkeit. Denn die notwendige Willkommenskultur muss, um akzeptiert zu werden, auch dem Sicherheitsgefühl der Bevölkerung Rechnung tragen.
Siehe in der BZ: http://www.badische-zeitung.de/reaktionen-auf-den-fall-maria-l-der-tod-und-der-fluechtling