Gemeinschaftliche Pressemitteilung zur Wintererstraße 28

Pressemitteilung vom 04. 01. 2016

Die unterzeichnenden Vereine und Gruppierungen appellieren gemeinsam an den Eigentümer des Anwesens Wintererstraße 28 in Freiburg sowie an alle beteiligten Ämter (Stadtverwaltung, Denkmalbehörde, Bürgermeister):

Wieder ist ein wertvolles Kulturdenkmal in Gefahr, abgerissen zu werden. Das im Stil eines Schwarzwaldhauses gebaute Anwesen in der Wintererstraße 28 in Herdern, das unter Denkmalschutz steht, sei – so der Eigentümer vor Gericht – wirtschaftlich nicht zu renovieren. Die in der Verhandlung am 16.12.2015 vor dem Verwaltungsgericht vorgetragenen Kostenaufstellung und Argumente, über die auch die Badische Zeitung (BZ) berichtete, sind nicht nachvollziehbar.

Bei den Kostenberechnungen wurden vom Eigentümer Summen angesetzt, die jenseits jeder Realität liegen. So wurde eine Gesamtsumme von 2,6 Mio. Euro für die Renovierung genannt. Davon allein 400.000 Euro für die Instandsetzung des Gartens und 28.000 Euro jährlich für dessen Pflege! Auf der anderen Seite wurde ein Mietpreis von 9,50 Euro pro Quadratmeter angesetzt, und das für einen (dann renovierten) Altbau in dieser Lage; während in der Wintererstraße aber bis zu 20 Euro verlangt und gezahlt werden.

Es ist erstaunlich, dass sich das Gericht durch diese Zahlen und die darauf beruhenden Argumente überzeugen lassen konnte, denn sie erscheinen den Sachkundigen als durchaus unrealistisch. Auch ist zu hinterfragen, warum es in Freiburg Eigentümern und Bauherren offensichtlich leicht gemacht wird, denkmalgeschützte Häuser abzureißen.

Wie wertvoll das Haus nicht nur als Einzeldenkmal, sondern auch für die Stadtgeschichte ist, zeigt ein Blick auf seine Historie:

Es stammt aus den 1920er Jahren und wurde im Stile eines Schwarzwaldhofs von dem jüdischen Architekten Arthur Levi erbaut, von dem nur noch dieses eine Haus in Freiburg erhalten ist. Auftraggeber war damals der Unternehmer Alfred Soeder, dem unter anderem ein Schuhhaus in der Kaiserstraße (das heutige Salamander-Schuhgeschäft) gehörte. Er ließ es 1924 für seine Tochter bauen, die einen indischen Maharadscha geheiratet hatte. Das Haus gilt als seltener (innerhalb Freiburgs gar als einziger!) Repräsentant des süddeutschen Heimatstils und ist deshalb seit 1982 offiziell als Kulturdenkmal eingetragen. Die Experten des Denkmalschutzes des Regierungspräsidiums berichteten im Mai vor Gericht, dass die typischen Elemente wie die verzierten Holzbalkone oder die Wandvertäfelungen im Inneren sehr gut erhalten sind.

Das denkmalgeschützte Haus in der Wintererstraße 28 (Foto: M. Managò)
Das denkmalgeschützte Haus in der Wintererstraße 28 (Foto: M. Managò)

Deshalb fordern wir eine neutrale, den Gegebenheiten entsprechende, realistische Kostenschätzung. Und wir appellieren an den Eigentümer, vor einem Abriss noch anderen Gutachtern bzw. spezialisierten Bauunternehmern die Möglichkeit zu geben, ein Urteil zum Zustand des Hauses und zu dessen Renovierungsmöglichkeiten abgeben zu können. Zugleich bitten wir die zuständigen Denkmalschutzbehörden von ihrem Ermessen Gebrauch zu machen, für dieses besondere, auch und gerade für die Stadtgeschichte wichtige Kulturdenkmal eine außerordentliche Bezuschussung zu ermöglichen.

Lars-Stephan Klein (Stadtbild Deutschland e.V.)
Michael Managò (Freiburg Lebenswert e.V.)
Atai Keller (Kulturliste Freiburg)
Prof. Klaus-Dieter Rückauer (Für Freiburg)

Dazu ist bereits am Tag darauf in der BZ folgender Artikel erschienen:  http://www.badische-zeitung.de/freiburg/zusammenschluss-positioniert-sich-gegen-einen-abriss-der-villa-in-herdern–115836840.html

Siehe auch in der BZ: http://www.badische-zeitung.de/freiburg/alte-villa-in-herdern-darf-trotz-denkmalschutz-abgerissen-werden–115278973.html

Sowie: http://www.badische-zeitung.de/freiburg/schicksal-einer-villa-in-herdern-entscheidet-sich-vor-gericht–84175024.html

Außerdem sind in der BZ dazu zwei Leserbriefe erschienen:

http://www.badische-zeitung.de/leserbriefe-freiburg/die-gerichtsverhandlung-war-wahrhaftig-ein-lehrstueck–116021245.html

http://www.badische-zeitung.de/leserbriefe-freiburg/als-eigentuemer-hat-man-eine-verantwortung-fuer-die-nachwelt–116021232.html