Zum Thema „Entschädigung ehrenamtlicher Tätigkeit“ (hier: Neufassung der Satzung mit Inkrafttreten zum 01.08.2019) hat Stadträtin Gerlinde Schrempp (FL) am 13. November 2018 für die Fraktion Freiburg Lebenswert / Für Freiburg (FL/FF) folgende Rede gehalten und das Abstimmungsverhalten der Fraktion ausfühlich begründet. Das populistische Taktieren der Grünen bei diesem Thema bezeichnet sie dabei als „unehrich“.
Sehr geehrter Herr Erster Bürgermeister,
meine Damen und Herren,
die Fraktion Freiburg Lebenswert/Für Freiburg stimmt dem Beschlussantrag der Verwaltung bezüglich Neufassung der Satzung über die Entschädigung für ehrenamtliche Tätigkeit zu.
Begründung: Wie in der Drucksache unter 1. Ausgangslage sehr richtig geschrieben wurde, ist die zeitliche Inanspruchnahme der Gemeinderatsmitglieder durch die Zunahme der Gremien und Sitzungstermine sehr stark angestiegen. Ich persönlich bewundere jeden Gemeinderat, der voll berufstätig ist und die große zeitliche Inanspruchnahme durch sein Ehrenamt auf Kosten seiner Freizeit, Familie und mehr dennoch meistert. In mehreren Vorgesprächen waren sich da alle, ich betone alle, Fraktionen einig, es gab da auch keine Einwände, was die Höhe der künftigen Entschädigung angeht. Im Gegenteil: Von Vertretern der Grünen Fraktion wurden noch zusätzliche Vergütungen für Betreuungskosten zur Diskussion gebracht, die wir alle selbstverständlich mitgetragen haben, denn sie sind absolut gerechtfertigt. Jetzt diesen Rückzieher von verschiedenen Fraktionen zu erleben, ist m.E. ausschließlich dem kommenden Gemeinderats-Wahlkampf 2019 geschuldet. Und deshalb sage ich auch hier, wie schon im Hauptausschuss: Das ist nicht ehrlich. Nach der Wahl dann sofort praktisch als erste Amtshandlung des neuen Gemeinderates die Entschädigung zu erhöhen, wie das bisher der Fall war, wäre mir als Wähler äußerst suspekt. Neue Gemeinderäte, die noch gar keine Vorstellung von der Arbeitsbelastung ihres Ehrenamtes haben, erhöhen sich aber zunächst einmal die Entschädigungspauschale. So will es die Fraktion der Grünen. Für meine Fraktion ist das nicht nachvollziehbar.
Ein Augenmerk sollte auch darauf verwendet werden, dass nach bisheriger Praxis den kleineren Fraktionen für stellvertretende Vorsitzende eine Staffelung der Entschädigungshöhe vorgenommen wurde, entsprechend der Fraktionsgrößen. Da muss doch die Frage erlaubt sein, ob man glaubt, dass auf kleinere Fraktionen weniger Arbeit zukommt? Es ist umgekehrt, die kleineren Fraktionen haben deutlich mehr Belastung pro Person zu tragen. Das kann aber zu einem späteren Zeitpunkt diskutiert werden.
Herr Mauch schrieb am Samstag in seinem Kommentar, dass das Amt der Gemeinderäte ein Knochenjob sei, durchschnittlich 20 Stunden pro Woche wären aufzuwenden. Vielleicht ist dieser Ansatz für große Fraktionen einigermaßen richtig, für kleine Fraktionen mit zwei, drei, oder vier Gemeinderäten ist das aber in gar keiner Weise zutreffend. Die Menge der Arbeit ist die Gleiche, nur muss sie auf weniger Schultern verteilt werden. Und wahrscheinlich fehlen bei dieser Berechnung auch noch die vielen Stunden, die mit Mailverkehr, persönlichen Gesprächen mit den Bürgern, mit Vereinen, dem Lesen der umfangreichen Drucksachen usw. geschuldet sind.
Die vielen zusätzlichen Vergünstigungen, von denen Herr Mauch auch schreibt, muss man einmal genauer betrachten. So z.B. das über 3.000 Euro teure SC-Ticket. Dieses haben wir von Freiburg Lebenswert/Für Freiburg schon zu Beginn unserer Tätigkeit im Gemeinderat abgelehnt bzw. nicht angenommen, obwohl in unseren Reihen sich durchaus Fußballfans befinden, die in der Vergangenheit ihre Tickets aber immer selbst bezahlt haben. Das kostenfreie Parken auf dem Rathaushof sollte auch unter die Lupe genommen werden. Neun Parkplätze stehen 48 Gemeinderäten zur Verfügung, und das nur, wenn sie nicht gerade durch andere, wie Interessensvertreter oder Handwerker in Beschlag genommen wurden ! Soviel dazu.
Ich möchte einen weiteren für uns sehr wichtigen Punkt anführen. Gemeinderäte, die aufgrund der zeitlichen Beanspruchung durch den Gemeinderat ihre Arbeitszeit auf 80 oder 70% reduziert haben, werden zwar in ihren momentanen, daraus folgenden Mindereinnahmen entschädigt. Aber wie sieht es dann bei ihrer Rente oder Pension aus? Die Gemeinderatsentschädigungen, die natürlich auch versteuert werden müssen, sind keineswegs renten- bzw. pensionsrelevant. Also muss der Gemeinderat/Gemeinderätin dafür eine zusätzliche Altersversorgung aufbauen. Und die kostet richtig Geld, das wissen Sie alle.
Ich kann da gut mitreden. Als ich meine Kinder bekommen habe, das war zwischen 1984 und 1987 gab es noch kein Babyjahr oder Vergleichbares. Ich habe also meine Berufstätigkeit etwa 10 Jahre lang auf 80% reduziert. Ich war Hauptschul- bzw. Werkrealschullehrerin (also in keiner sehr hohen Gehaltsstufe) und bin mit 65 in Pension gegangen. Meine Pension ist aufgrund dieser Reduzierung um ca. 500 Euro geringer, als sie ohne die Reduzierung wäre.
Ein weiteres, für uns sehr wichtiges Argument, die Gemeinderatsentschädigung zu erhöhen, möchte ich im Hinblick auf die Listenerstellung für den neuen Gemeinderat nennen. Interessierte Bürger, die die Gemeinderatstätigkeit mit ihrer immensen zeitlichen Belastung gut kennen, lehnen oft nach vielen Gesprächen ab zu kandidieren – dies sind übrigens auch sehr viele Frauen – weil sie Beruf, Familie und dieses Ehrenamt nicht unter einen Hut bringen können. Und das ist äußerst bedauerlich, denn nach unserem Verständnis muss sich jeder Bürger, jede Bürgerin dieses Ehrenamt auch leisten können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Zuhörer auf der Empore, ich hoffe, dass ich mit meinen Ausführungen verdeutlichen konnte, warum meine Fraktion für diesen Beschluss vor der nächsten Gemeinderatswahl stimmen wird.