„Für Anhänger der modernen Architektur sind dies harte Zeiten. Sie können nicht fassen, dass 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges und fast 100 Jahre nach der Gründung des Bauhaus‘ die Ästhetik von Großmeistern wie Le Corbusier, Mies van der Rohe oder Gropius in der Bevölkerung immer noch nicht mehrheitsfähig ist – jedenfalls nicht für das ganz alltägliche Bauen und erst recht nicht für zentrale Orte des Stadtgedächtnisses. Aber auch Architekten wohnen ja am liebsten in Stadtvierteln, die vor dem Beginn der Moderne gebaut wurden. Die Anziehungskraft dieser Quartiere ist ungebrochen, während die Fehler der Nachkriegsarchitektur bis heute schmerzlich empfunden werden. Wie sich zeigt, fühlen sich viele Menschen in deren schmuckloser Sachlichkeit ebenso wenig behaust wie in den Schöpfungen einer sensationsgierigen Gegenwartsarchitektur, bei der eine Mode auf die andere folgt und lokale Bautraditionen keine Rolle spielen.“ So schreibt Rainer Haubrich am 11. 06. 2016 in der „Welt“.
Berlin hat mit dem Stadtschloss scheinbar den Anfang gemacht und eine Welle von Rekonstrutionen ausgelöst. So rekonstruierte Braunschweig sein Schloss genauso wie Hannover das klassizistische Sommerpalais in den Herrenhäuser Gärten. „Potsdam hat den Wiederaufbau des Stadtschlosses von Friedrich dem Großen vollendet und wird die Randbebauung des angrenzenden Alten Marktes wiederherstellen, auch die barocke Garnisonkirche soll zurückkehren. München schloss eine jahrzehntelange Nachkriegslücke in der Maximilianstraße mit einer Rekonstruktion. Selbst Frankfurt am Main, das stolz ist auf seine moderne Skyline, rekonstruierte das barocke Palais Thurn und Taxis sowie die klassizistische Stadtbibliothek, und es baut die Altstadt zwischen Dom und Römerberg wieder auf. Jüngstes Beispiel ist der geplante Wiederaufbau des Mercator-Hauses in Duisburg.“
Hermann Hesse hat einmal geschrieben: „Soll man rekonstruieren? Ich muss die Frage rückhaltlos bejahen. Vielleicht ist die Zahl der Menschen in Deutschland wie außerhalb heute noch nicht so sehr groß, welche vorauszusehen vermögen, als welch vitaler Verlust, als welch trauriger Krankheitsherd sich die Zerstörung der historischen Stätten erweisen wird. Es ist damit nicht nur eine Menge hoher Werte an Tradition, an Schönheit, an Objekten der Liebe und Pietät zerstört: Es ist auch die Seelenwelt dieser Nachkommen einer Substanz beraubt, ohne welche der Mensch zwar zur Not leben, aber nur ein hundertfach beschnittenes, verkümmertes Leben führen kann.“
Die Entwicklung ist außerordentlich erfreulich. Nur in Freiburg ist sie offensichtlich noch nicht angekommen. Dabei täte dies dem Stadtbild gut und es gäbe viele Projekte, wo man dem Beispiel der oben genannten Städte folgen könnte. Jüngstes Beispiel wäre das Andlawsche Palais in der Herrenstraße, das man (ggf. um ein Stockwerk aufgestockt) in seiner Fassade und mit dem großen Dach, wieder aufbauen sollte.
Mit dem Thema Rekonstruktion und Denkmalschutz beschäftigt sich auch der Verein Stadtbild Deutschland e.V., bei dem man kostenlos Mitglied werden kann.
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