Auf der letzten Sitzung des Gemeinderats am 26. September 2017 war auch das Siegesdenkmal und dessen Wiedererrichtung am historischen Standort auf dem Platz vor der ehem. Karlskaserne Thema (Tagesordnungspunkt 13, Drucksache G-17/178) . Dazu hat unser Stadtrat Dr. Wolf-Dieter Winkler (FL) folgende Rede gehalten:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
es gibt ja immer wieder Stellungnahmen von einigen Wenigen aus der Freiburger Bürgerschaft und aus dem Gemeinderat, man möge doch auf ein unzeitgemäßes Denkmal in unserer heutigen Zeit verzichten. Diese Haltung kann ich nicht nachvollziehen. Es ist richtig: Das Denkmal wurde in einer Zeit errichtet, die wenig mit unserer heutigen Zeit zu tun hat. Es ist richtig: Das damalige Denken über das eigene Land als Vaterland, dem man zu Ruhm und Ehre verhelfen muss, entspricht nicht mehr unserem heutigen Denken in einem demokratischen Staat, der in ein Umfeld partnerschaftlicher oder gar freundschaftlicher europäischer Staaten eingebettet ist. Es ist richtig: Unser Handeln ist seit über 70 Jahren nicht mehr geprägt von Handeln, das einer autoritären, hierarchischen oder gar militaristischen Erziehung entspringt.
Aber heißt das denn auch, dass wir unsere Geschichte, also die Geschichte unserer Vorväter und -mütter möglichst auslöschen oder zumindest unsichtbar machen müssen, nur weil sie ein völlig anderes Denken hatten? Die Äußerung eines Stadtrats im Hauptausschuss, er würde es begrüßen, wenn das Denkmal beim Transport hin zu seinem neuen Standort einen irreparablen „Transportschaden“ erleiden würde, ist völlig deplaziert. Aber noch befremdlicher ist es, dass diese peinliche Bemerkung auch noch Gelächter bei einigen Ausschussmitgliedern auslöste. Was zeichnet uns Ururenkel eigentlich aus, dass wir uns über das für uns fremdartige Denken unserer Ururgroßväter lustig machen dürfen? Mal abgesehen von der Auszeichnung, dass wir in einen anderen gesellschaftlichen Kontext hineingeboren wurden. Wir können alle froh sein, dass uns ein Leben in diesem Umfeld erspart wurde und wir die Vorzüge des Lebens in einem demokratischen Staat und seit über 70 Jahren in einer friedvollen europäischen Umgebung genießen dürfen. Man kann nicht oft genug daran erinnern: Mitteleuropa erlebt mit über 70 Jahren Frieden die vermutlich längste Friedensphase seit Jahrtausenden.
Und, meine Damen und Herren, die Menschen wollen die Geschichte ihrer Vorfahren „nach“-erleben. Warum sind denn gerade Burgen, Schlösser und mittelalterlichen Städte touristische Anziehungspunkte? Auch die Touristen, die nach Freiburg kommen, wollen in erster Linie die wenigen Überbleibsel der Vorkriegsstadt besichtigen. Die kommen doch nicht um Hochhäuser aus den 60er und 70er Jahren anzuschauen. Und deswegen sind ja die historischen Stadtführungen, bei denen die Stadtführer im mittelalterlichen Gewand, mit Hellebarde und Handlaterne Stadtführungen machen, der Renner. Und in diesen ganzen Kontext der deutschen Geschichte gehören eben auch Denkmäler aus allen zeitlichen Epochen wie das Siegesdenkmal, das eines der von Touristen meistfotografierten Objekte Freiburgs ist.
Man sollte zudem mal festhalten, dass in diesem Denkmal durch den dargestellten tödlich getroffenen Kanonier zumindest ansatzweise auch die todbringende Seite des Krieges thematisiert wird, also sicher keine reine Glorifizierung eines kriegerischen Sieges stattfindet. Und man hat in diesem Zusammenhang, um das besiegte Frankreich nicht unnötig zu provozieren, schon damals bewusst darauf verzichtet, die Viktoria gen Frankreich auszurichten. Selbst 1945 haben die französischen Besatzungstruppen keinen Anstoß am Siegesdenkmal genommen.
Natürlich kann man zu weiteren Erläuterungen des geschichtlichen Zusammenhangs beispielsweise noch eine Tafel im Boden vor dem Denkmal einlassen. Ich persönlich hätte es begrüßt, wenn das Denkmal in der ursprünglichen Fassung wieder errichtet worden wäre, wie ich sie selbst noch als Kind vor der Versetzung im Jahr 1962 erlebt habe – also mit gußeisernem Gitter und einer Grünfläche mit niedrig geschnittenen Hecken und Sträuchern. Mit dieser eindeutigen Abtrennung vom Straßenraum hätte auch räumlich deutlich gemacht werden können, dass es für uns eine geistige Distanzierung von der ursprünglichen Intention des Denkmals gibt. Für uns ist es heute ein kulturhistorisch bedeutendes Bauwerk, mehr nicht.
Den Vorschlag der Kunstkommission dagegen, die Viktoria um ca. 15° aus der Achse zur Kaiser-Joseph-Straße herauszudrehen, mit der abenteuerlichen Begründung, dass damit möglichst wenig Passanten bekränzt werden, können wir beim besten Willen nicht ernst nehmen.
FL/FF befürwortet den Aufbau des Siegesdenkmals, wie er in der Druckvorlage vorgeschlagen wird und wie ihn auch das Landesdenkmalamt als wünschenswert erachtet.