Nach einem Urteil des Bundesgerichtshof (BGH) vom 20.12.2018 in Karlsruhe (Az. I ZR 112/17) darf eine Stadt „keine presseähnliche Wochenzeitung“ herausgeben. Geklagt hatte die „Südwestpresse“ gegen die Stadt Crailsheim, die ein Amtsblatt (in Crailsheim „Stadtblatt“ genannt) herausgibt. Der BGH hat nun der „Südwestpresse“ in vollem Umfang Recht gegeben. Eine staatlich gelenkte Presse darf es in einer freien Gesellschaft auch auf kommunaler Ebene nicht geben. Dies würde die im Grundgesetz garantierte Pressefreiheit gefährden, so der BGH.
Die gleiche Situation wie in Crailsheim liegt auch in Freiburg vor: Auch hier erscheinen im von der Stadt herausgegebenen „Amtsblatt“ viel mehr als amtliche Mitteilungen. Die Stadtverwaltung nutzt das Amtsblatt auch, um Werbung für bestimmte Ziele zu machen. Dies wurde im Vorfeld des Bürgerentscheids um das SC-Stadien ebenso deutlich, wie jetzt in der Werbung für den neuen Stadtteil Dietenbach. Eine solche „Berichterstattung“ ist in Amtsblättern aber untersagt. „Unzulässig ist“, so der Richter des BGH, „pressemäßige Berichterstattung über das gesellschaftliche Leben einer Gemeinde; dieser Bereich ist originäre Aufgabe der lokalen Presse und nicht des Staates.“ Vor allem gilt das aber auch für die Einflussnahme und Kommentierung von Ereignissen durch die Stadtverwaltung, da dies über die Information „über die Arbeit der Verwaltung und des Gemeinderates“ hinausgeht.
Im Wortlaut schreibt der BGH in einer Pressemitteilung vom 20.11.2018: „Für die konkrete Beurteilung kommunaler Publikationen sind deren Art und Inhalt sowie eine wertende Gesamtbetrachtung maßgeblich. Danach müssen staatliche Publikationen eindeutig – auch hinsichtlich Illustration und Layout – als solche erkennbar sein und sich auf Sachinformationen beschränken. Inhaltlich auf jeden Fall zulässig sind die Veröffentlichung amtlicher Mitteilungen sowie die Unterrichtung über Vorhaben der Kommunalverwaltung und des Gemeinderats. Unzulässig ist eine pressemäßige Berichterstattung über das gesellschaftliche Leben in der Gemeinde; dieser Bereich ist originäre Aufgabe der lokalen Presse und nicht des Staates. Bei der erforderlichen wertenden Gesamtbetrachtung ist entscheidend, ob der Gesamtcharakter des Presseerzeugnisses geeignet ist, die Institutsgarantie aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu gefährden. Je stärker die kommunale Publikation den Bereich der ohne weiteres zulässigen Berichterstattung überschreitet und bei den angesprochenen Verkehrskreisen – auch optisch – als funktionales Äquivalent zu einer privaten Zeitung wirkt, desto eher ist das Gebot der Staatsferne der Presse verletzt.“
Die Frage ist nun, was das für Freiburg bedeutet? In jedem Fall kann das Amtsblatt nicht mehr als Werbe-Instrument der Stadtverwaltung missbraucht werden, um die Meinung und das Abstimmungsverhalten der Bürger der Stadt zu beeinflussen. Das Amtsblatt in seiner jetzigen Form entspricht jedenfalls nicht den Vorgaben des Gerichts und kann so, wie es zurzeit erscheint, wohl kaum weitergeführt werden.
Bei der Betrachtung der Medienlandschaft in Freiburg fällt jedoch pikanterweise auf, dass wir in Freiburg ohnehin keine Pressevielfalt haben. Außer dem kleinen „Stadtkurier“ und der nur alle 14 Tage erscheinenden „Zeitung am Samstag“, gehören alle kostenlosen Anzeigenblätter mit redaktionellem Angebot sowie weitere Magazine der BZ: Wochenbericht, Der Sonntag, Chilli, Freiburg aktuell, Schnapp, Regio Magazin, BZ-Ticket, Wochenblatt (Lörrach), Findefuchs (für Kinder), F75 (für Schüler), Fudder (für die Jugend) und viele mehr, mit allen dazugehörenden Online-Portalen und der Möglichkeit zu „crossmedialen Kampagnen“ (vgl. https://www.bz-medien.de/marken-und-medien/). Eine Monopolstellung, die mit Meinungsvielfalt innerhalb einer Stadt wenig zu tun hat.
Dieser Beitrag wurde am 02.01. und am 04.01.2019 bearbeitet.
Siehe dazu auch: https://freiburg-lebenswert.de/hohe-wellen/