Auftaktveranstaltung „Rettet Dietenbach“

Am 16. 01. 2019 fand die Auftaktveranstaltung der Initiative „Rettet Dietenbach“ im Saal der Katholischen Akademie im Stadtteil Neuburg statt. In vielen Kurzreferaten und Beiträgen wurden viele Argumente gegen die Bebauung des Dietenbachgeländes aufgeführt und den ca. 250 Zuhörern nahe gebracht. Auch eine Initiative aus Erlangen war gekommen, um Mut zu machen: sie hat erst vor kurzem dort einen Bürgerentscheid gewonnen und einen Stadtteil auf Äckern und der grünen Wiese verhindert.

Erste Redner waren an dem Abend dann auch die Gäste von der Initiative „Heimat ERhalten“ aus Erlangen (Autokennzeichen ER). Auch dort ging es um eine große landwirtschaftlich genutzte Fläche. Auch dort wurde mit fehlerhaften Zahlen zur Bevölkerungsentwicklung argumentiert. Auch sie mussten gegen den Irrglauben in der Bevölkerung anderer Stadtteilen ankämpfen, „was dort gebaut wird, wird dann nicht bei uns gebaut“. Wenigstens hat die Presse in Erlangen sachlich und neutral berichtet und die Opposition im Gemeinderat war größer als in Freiburg, wo einzig und allein Freiburg Lebenswert und die Fraktion FL/FF an der Seite der Landwirte, Natur- und Klimaschützer steht.

Das zweite Referat bezog sich auf den Themenbereich Natur- und Klimaschutz. „Die Bedrohung ist real und ein Umdenken ist dringend notwendig“ sagte die Referentin Angela Herlyn. Dies bedeutet vor allem ein Umdenken in der Siedlungspolitik, durch die immer mehr Flächen verloren gehen. Bei dem Phänomen des Leerstands in vielen Gemeinden (auch im Umland von Freiburg) auf der einen Seite und dem Wachstum der Städte auf der anderen Seite seien „keine neuen Stadtteile, sondern neue Ideen“ notwendig. „Auch wenn der Beitrag global gesehen klein sein mag, das ökologisch wertvolle Dietenbachgelände liegt in unserem Einflussbereich“, so Herlyn.

Der Landwirt und Winzer Martin Linser zeigte anhand vieler Zahlen, wie stark der Landverbrauch ist und welche negativen Folgen das für die Regionale Landwirtschaft und für die Ernährung hat. Heute werden in Baden-Württemberg täglich (!) 5,2 ha Land versiegelt, bebaut und verbraucht. Wenn wir so weitermachen, wird es relativ bald kein Land mehr für die Landwirtschaft geben. In Freiburg, so Linser, steigt diese Zahl schneller als beispielsweise im Bund. Dabei ist der Charakter der Landwirtschaft im Dietenbach so, wie er eigentlich in ganz Deutschland sein sollte: kleinteilig und deshalb sehr vielseitig (im Gegensatz zu den riesigen Flächen beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern). Das Dietenbachgelände ist daher besonders schützenswert. Außerdem wird in Freiburg (im Gegensatz zum Durchschnitt im Land) sehr wenig Gemüse und Obst aus der Region verbraucht. Diese Quote (die von der Stadtverwaltung selbst klagt wird) kann man aber nicht steigern, indem man die letzten landwirtschaftlichen Flächen der Stadt zubaut.

Im Schnelltempo zählte Dr. Georg Löser, Mitglied des Sprecherteams RegioBündnis und Vorsitzender von ECOtrinova e.V., in seinem Vortrag die Alternativen zu einem neuen Stadtteil auf: Leerstand beseitigen, Dachausbauten, Aufstocken, Parkplätze überbauen, Flachbauten wie Supermärkte überbauen und vieles mehr (wir haben an dieser Stelle viele dieser Alternativen ausführlich besprochen und möchten das hier deshalb nicht nochmal wiederholen). Die Forderungen fasste er in einem Satz zusammen: „Bauen ohne Bauland, statt Bauern ohne Land!“

Einen interessanten Aspekt brachte Harald Klein (Rechtsanwalt und ehem. Bürgermeister) in die Diskussion ein. Er referierte über die Folgen, die der Bau des neuen Stadtteils für den Mietspiegel und Mieten in ganz Freiburg hat. Wenn die nicht-geförderten Wohnungen eines ganzen Stadtteils auf den Markt kommen und neu vermietet werden, dann muss das gravierende Folgen haben. Es gibt seitens der Stadt jedoch keine Prognosen, wie sich Mietspiegel und damit dann auch Mieten in der Stadt entwickeln werden, wenn ein Stadtteil dieses Ausmaßes hinzukommt. Dies bezeichnete Klein als unverantwortlich.

Beim Vortrag von Manfred Kröber ging es um den Wohnraumbedarf. Er betonte, dass die Prognosen des Landes aussagen, dass der Bedarf in ein paar Jahren stagnieren wird. Nur die Stadt selbst spricht von einem stetig steigenden Bedarf, was aber daran liegt, dass sie den geplanten Stadtteil Dietenbach bereits mit einbezieht. Es sei entlarvend und geradezu irrwitzig zu sagen: ‚Wir brauchen neue Stadtteile, weil die Bevölkerung Freiburgs durch diese Stadtteile so stark wächst.‘ Kröber appelliert dafür, „Schwarmstadt zu bleiben, aber nicht für die Schwarmstadt zu werben!“

Mangelhafte Bedarfsanalyse: Unterschiede bei den Prognosen von Land und Stadt.

Stadtrat Dr. Wolf-Dieter Winkler referierte als letzter Referent der Veranstaltung über die zu erwartenden katastrophalen Auswirkungen des Klimawandels. Seine Schlussfolgerungen waren, dass man, wie es u.a. der Weltklimarat fordert, ab sofort alles unterlassen muss, was den CO2-Ausstoß massiv erhöht. Er wies darauf hin, dass der Gehalt an CO2 in der Atmosphäre momentan bei 410 ppm (parts per million) liegt. Er nimmt jährlich um mehr als 3 ppm zu. Würde sich dieser Trend fortsetzen, dann hätten wir in etwa 12 Jahren die kritische Konzentration von 450 ppm erreicht. Bei etwa 450 ppm erwartet man den Kipppunkt des Klimawandels. Bei Überschreiten des Kipppunktes wird der Klimawandel irreversibel sein, er wird sich selbst verstärken. Dies wird vor allem durch das Auftauen der Permafrostgebiete verursacht. Dadurch werden Unmengen Methan freigesetzt, die den Klimawandel extrem beschleunigen werden. Methan ist ein etwa 30-mal schädlicheres Klimagas als CO2. Das Erreichen des Kipppunktes bezeichnete Winkler als die Bedrohung der Menschheit und der gesamten Flora und Fauna. Jeder, auch wir hier in Freiburg müssten unseren Teil dazu leisten, dass es nicht dazu kommt. Laut UN-Klimakonferenz haben wir dazu nur noch 12 Jahre Zeit.

Viel Applaus gab es im voll besetzten Saal der Katholischen Akademie für die Referate, nicht nur von Gegnern des neuen Stadtteils auf der landwirtschaftlich genutzten Gelände. Auch viele nachdenkliche Gesichter waren bei den Zuhörern zu sehen, die sich einfach nur informieren wollten, um am 24. Februar richtig abstimmen zu können.

Siehe dazu den Beitrag von Baden TV Süd: https://baden-tv-sued.com/dietenbach-gegner-gehen-in-die-offensive/

Die Auftaktveranstaltung von „Rettet Dietenbach“ im voll besetzten Saal der Katholischen Akademie (Fotos: M. Managò)