1400 Unterschriften für maßvolle Bebauung in Freiburg-Tiengen

Manche Geschichten wiederholen sich in Freiburg leider. Eine Bebauung wird geplant. Die Zahl der Wohneinheiten wird dann im Laufe der Planungen still und leise erhöht. Im Gemeinderat wird das Vorhaben dann mit einer Gegenstimme abgesegnet. So wieder geschehen in FR-Tiengen beim geplanten Baugebiet „Hinter den Gärten“. 

Der dörfliche Charakter Tiengens könnte durch die überdimensionierten Neubauten beeinträchtigt werden (Foto: K. U. Müller).

Schon lange regt sich Kritik an diesem Bauvorhaben. Freiburg Lebenswert hat etliche Zuschriften aus der Anwohnerschaft erhalten: „Die jetzt geplante Bebauung passt absolut nicht zur bisherigen Bebauung des Ortes: Zu hoch, zu dicht. Der Ort ist noch ländlich geprägt, und die jetzt geplante 4-geschossige Bebauung entspricht nicht mehr den Entwürfen, die das Stadtplanungsamt 2017 den Tiengener Bürgern vorgestellt hatte.“ Und tatsächlich, die Anzahl der Wohneinheiten liegt mit 340 bis 360 weit höher als bei Beginn der Planungen 2017. Vor allem wird ein ca. 40 Meter langer Baukörper als völlig überdimensioniert moniert. Die große Mehrheit im Ortschaftsrat lehnte diese überdimensionierte Planung (nicht die Bebauung grundsätzlich) für das Baugebiet ab.

Am 15.6.2021 war der Gemeinderat aufgerufen, über den Bebauungsplan Hinter den Gärten in Freiburg-Tiengen abzustimmen. „Retten Sie Tiengen als ländlich geprägten Ort, machen Sie den Weg frei für Lösungen statt Fehlern in Beton, stimmen Sie dem Plan…bitte nicht zu!“ Dieser Appell aus der Tiengener Bürgerschaft an den Gemeinderat blieb weitgehend ungehört: Bis auf FL-Stadtrat Dr. Wolf-Dieter Winkler stimmten alle anderen Gemeinderäte für den Bebauungsplan.

Eine Bürgerinitiative hat inzwischen rund 1400 Unterschriften an OB Horn übergeben (die BZ berichtete am 11.2.2022). Dabei stellte auch die Initiative klar, dass sie nicht grundsätzlich gegen die Bebauung sei. Ein Baugebiet für bis zu 1000 Einwohner „im Stile Güterbahnhof Nord“ sei jedoch für den 3300-Einwohner-Ort nicht angemessen. OB Horn bedankte sich fürs Engagement, verwies aber auf den hohen Wohnungsbedarf.

Bei Amtseinführung plädierte OB Horn noch dafür „das kulturelle Erbe in Freiburg“ zu bewahren (FL berichtete am 3.7.2018). Freiburg dürfe gerade in Zeiten von Wachstum seinen Charme nicht verlieren, so Horn damals. Diese geplante Bebauung (und nicht nur die Bebauung in Tiengen!) kann diesem Anspruch allerdings in keiner Weise genügen.

Zudem muss man sich angesichts keineswegs explodierender Einwohnerzahlen (2020 sogar leicht gesunken) sogar die Frage stellen, ob dieses Baugebiet überhaupt notwendig ist. Wir erinnern uns noch gut an die Debatte beim Dietenbach-Bürgerentscheid. So sei der neue Stadtteil schon deshalb notwendig (und auch noch umweltfreundlich), damit im Umland die Zersiedelung gestoppt werden könne. Man hätte hier Taten folgen lassen können. So aber ist die Glaubwürdigkeit der pro-Dietenbach-Argumentation ausgehöhlt.