Zweifel am statischen Gutachten zum Ratsstüble

Ratsstueble_4Dr. Immo Beyer, ehem. Stadtarchäologe von Freiburg, der viel über die frühe Entstehung der Stadt geforscht und veröffentlicht hat, hat sich als weiterer Experte in die Diskussion um das „Rathausstüble“ eingeschaltet und den folgenden Bericht verfasst, den die Facebookseite „Freiburggkanal“ nun veröffentlicht hat:

Zweifel am statischen Gutachten zum Ratsstüble

Es gibt massive Zweifel am statischen Gutachten zum Ratsstüble. Auf der Infoveranstaltung berichtete der Statiker davon, im unteren Kellerbereich eine statische Verformung (krumme Wand) entdeckt zu haben. Als diese durchbohrt wurde, sei das Material dahinter bröselig gewesen, so daß die Materialprüfanstalt keine Angaben zur Standsicherheit machen konnte. Daraus wird abgeleitet, daß das Gebäude nicht mehr standsicher sei. Dies ist höchstwahrscheinlich falsch.

War dies Unwissenheit? Hier im Schema (s. u.) ist deutlich zu sehen, wie die Statiker sehr wahrscheinlich eine dünne, schräge Verschalungswand des unteren Kellers durchbohrten und den dahinterliegenden Freiburger Schotterschwemmkegel (bester Baugrund) für ein brösliges Fundament oder eine instabile Mauer hielten. Diese schrägen Schalungen der unteren Keller sind typisch für Freiburg (hier am Beispiel des Hotels „Roter Bären“ in Oberlinden zu sehen, gelb markiert). Bereits auf der Infoveranstaltung wurde dem Statiker daher diesbezüglich vehement widersprochen. Der feste, eiszeitliche Schotterschwemmkegel garantiert im Gegenteil die Standsicherheit der mittelalterlichen Gebäude, wie dies auch nach dem Luftangriff im November 1944 zu sehen war: Die mittelalterlichen Wände waren i.d.R. noch intakt, weil sie auf sehr festem Grund stehen.

Der eiszeitliche Schotterschwemmkegel ist in der Masse fest, aber bei schräger Bohrung natürlich bröselig (Gemisch aus Schotter, Kies und Sand). Dies erklärt das Resultat der Bohr-Untersuchungen. Zudem: Wäre das Fundament tatsächlich abgesackt, so wären Risse quer über die Fassade des Ratsstübles zu sehen. Diese sind jedoch nicht vorhanden! Die Standfestigkeit der Fassade kann daher als gegeben betrachtet werden.

Auf der Infoveranstaltung gab es keinerlei Grafiken oder Bildmaterial zur statischen Untersuchung zu sehen, lediglich mündlich vorgetragene Behauptungen. Es fehlten vor allem Querschnitte der Wände und der (vermuteten) Fundamente. Diese hätten jedoch den Fehler schnell sichtbar gemacht.

Von:  Dr. Immo Beyer (ehem. Stadtarchäologe von Freiburg)
Aus:  https://www.facebook.com/Freiburgkanal/

Fundament_und_Statik_Rathausstueble

(Darstellung: Freiburgkanal / Dr. Immo Beyer)