Unsinniges öffentliches Fahrradverleihsystem

Zum Thema Öffentliches Fahrradverleihsystem,  Genehmigung des Konzessionsvertrages mit der VAG (DrucksacheG-18/263) wollte Stadträtin und stellv. Fraktionsvorsitzende Gerlinde Schrempp am 11.12.2018 für die Fraktionsgemeinschaft FL/FF folgende Rede halten. Der Tagesordnungspunkt wurde allerdings leider ohne Diskussion mit wenigen Gegenstimmen im Gemeinderat verabschiedet. Die von unserer Stadträtin Gerlinde Schrempp vorbereitete Rede mit allen wichtigen kritischen Punkten zu dem Thema wollen wir Ihnen dennoch nicht vorenthalten:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,

beim Durcharbeiten dieser Beschluss-Vorlage fielen mir einige Städte ein, bei denen die Haushaltslage derart positiv ist, dass es nichts ausmachen würde, einen Beschluss zu fassen, der den städtischen Haushalt unnötigerweise mit mindestens 300.000 € pro Jahr belastet. Die Haushaltslage in Freiburg ist aber keineswegs so und das wissen hier alle. Ich habe Ihrer Rede, sehr geehrter Herr Bürgermeister Breiter, gestern sehr genau zugehört. Sie zitierten die alte Kämmererweisheit, dass „Haushalte immer in guten Jahren ruiniert werden“.

Meine Fraktion kann einem Beschlussantrag nicht zustimmen, der für die kommenden sechs Jahre ein Betreiberentgelt von über 1,8 Mio. € vorsieht und das ist ja nicht das Ende der Fahnenstange. Wenn noch, wie unter Punkt 3.5 beschrieben, die gewünschte Einbeziehung von 55 Pedelecs  in das vorgeseheneFahrradverleihsystems dazu kommt, steigen die Kosten um weitere 126.000 € pro Jahr, das ergibt dann in sechs Jahren etwas mehr als 2,4 Mio €.  Zuzüglichjährliche 15.000 € für die Ausübung der Regiefunktion durch die VAG.

Das kann doch alles nicht wahr sein! In einer Stadt, deren Finanzlage als prekär zu bezeichnen ist, in der es an vielem fehlt, sei es im kulturellen, sei es im Bereich des Sportes, im Bausektor, im Bereich Schulen und weiß Gott, wo sonst noch, ist man bereit, jährlich ca. eine halbe Million auszugeben für eine Sache, in der es in Freiburg nun wirklich nicht mangelt, nein, was mehr als ausreichend vorhanden ist, nämlich Fahrräder. In jedem Freiburger Haushalt sind mindestens 1-2 Fahrräder, meist mehr, vorhanden. Was nicht vorhanden ist, sind genügend Abstellplätze für diese Räder, wo soll plötzlich Platz geschaffen werden für 55 Stationen im Gebiet der Kernstadt. Wo und wie diese verwirklicht werden sollen, konnte mir bisher noch niemand sagen.

Es ist sicher richtig, dass für Touristen Leihfahrräder zur Verfügung gestellt werden sollten. Dafür sind die Hotels, das gesamte Unterkunftsgewerbe, Ferienwohnungsinhaber, die Jugendherberge zuständig und sie sind teilweise dafür auch schon ausgerüstet. Auch Autofirmen machen vor, wie so etwas geht. Dass die Stadt nun als Konkurrenzunternehmen zu den bestehenden Fahrradverleihunternehmen auftritt, ist ein Unding. Dieses steuerzahlende Gewerbe hat bisher einen guten Job gemacht und wird nun in seiner Existenz massiv bedroht durch die Stadt, weil man  um Punkte einzufahren hofft für  das „Green-City-Prestige“.

Die Unausgewogenheit was die Stationsterminals und Nutzbarkeit des Systems ohne Smartphone angeht, spricht eine eigene Sprache. Die Ausschreibung des Fahrradverleihsystems beinhaltet die Vorgabe, dass 10 der insgesamt 55 Stationen mit einem Terminal ausgestattet sein müssen. Es wurde aber im Bieterverfahren auf die damit verbundenen weiteren Kosten hingewiesen, ebenso wurde kritisch angemerkt, dass die Nutzung vonTerminals bei bestehenden Fahrradverleihsystemen anderer Städte kontinuierlich zurückgeht.

Auswärtigen Besuchern der Kliniken, Studierenden, Kurzzeitbesuchern von Freiburg steht ein hervorragendes ÖPNV-System in Freiburg zur Verfügung. Müssen wir diesem System, das bedauerlicherweise rückläufige Nutzerzahlen zu verzeichnen hat, wetterbedingt, baustellenbedingt, aber auch weil man in Freiburg das Fahrrad benutzt oder auch ganz gerne eine längere Wegstrecke zu Fuß hinter sich bringt, selbst eine solche Konkurrenz aufbauen. Nein das müssen wir nicht. Und Freiburg sollte auch tunlichst nicht zu bestehenden, gut funktionierenden Unternehmen in Konkurrenz treten, vor allem, wenn gar keine Notwendigkeit besteht. Wie gesagt, an nichts mangelt es in Freiburg weniger als an Fahrrädern.

Ein kleiner Schwank zum Schluss. In unserer Partnerstadt Suwon wurde ein kostenloses Fahrradverleihsystem mit mehreren tausend Rädern aufgebaut. Das Rad kann überall ausgeliehen und überalls tehen gelassen werden. Obwohl kostenlos und ohne verbindliche feste Terminals, ohne jegliche Verpflichtung, wird das System nicht genutzt, so BürgermeisterYeom. Den einzigen Nutzer eines solchen Rades, den ich in Suwon gesehen habe, war der uns begleitende Journalist, der dieses Rad dann an unseren OB ausgeliehen hat, der viel Spaß hatte, mit diesem Rad die Strecken hinter sich zu bringen, die wir zu Fuß gegangen sind.