Stadt plant Bebauungsplan für die Wiehre

Weiteres Bauvorhaben zwingt Stadt zum Handeln – besser spät als nie

Und plötzlich ging es doch. Nach jahrelangem Bitten und Flehen seitens Bürgerverein und auch Freiburg Lebenswert, endlich für die Wiehre einen Bebauungsplan aufzustellen, soll dieser nun endlich Realität werden. Auslöser war ein weiteres Bauvorhaben, welches das Fass zum Überlaufen brachte. So plant ein Bauherr, in zweiter Reihe der Konradstraße auf dem großen parkartigen Gelände zwischen Konrad- und Basler Straße ein dreigeschossiges Haus mit zwei Wohnungen zu errichten. Eine Bauvoranfrage wurde Anfang 2022 abgelehnt. Doch der Bauherr klagte und bekam Recht. Leider mit Ansage, denn ohne Bebauungsplan werden Bauvorhaben nach § 34 BauGB behandelt und dieser Paragraf schafft nun mal wenig Möglichkeiten, eine solche Bebauung zu verhindern.

Hinter diesem Haus soll in parkartiger Umgebung gebaut werden

Warnendes Menetekel war ein 2021 realisiertes Bauvorhaben ganz in der Nähe in der Kronenstraße. Dieser höchst unattraktive Bau zerstört voll und ganz die Harmonie in dem historischen Gründerzeitviertel. Zwar hatte die Stadt immer wieder betont, sie wolle die großen Wiehre-Gärten nicht derartigen Bauvorhaben opfern. Leider hatte sie selbstverschuldet immer wieder das Nachsehen, weil eben gerade diese notwendige rechtliche Handhabe über Jahre verschleppt wurde.

Nachverdichtung in der Kronenstraße. Schlimmer geht es nicht

Mit einer Bauleitplanung sollen Abriss, Neubau und Nachverdichtung sinnvoller gesteuert werden als bisher. Außerdem hofft die Verwaltung, durch den Bebauungsplan das Projekt in der Konradstraße eben doch noch verhindern zu können. Das Vorhaben der Stadt ist zu begrüßen, denn so konnte es in der Wiehre nicht weitergehen: Von Juli 2017 bis Juli 2018 fielen fünf historische Gebäude, allesamt nicht denkmalgeschützt, aber schützenswert, der Abrissbirne zum Opfer. Die Neubauten stehen allesamt als unpassende Fremdkörper in der gewachsenen Stadtlandschaft. Neben der völlig inakzeptablen Nachverdichtung in der Kronenstraße ist auch die Nachverdichtung in der Sternwaldstraße ein grandioses Negativbeispiel.

In beiden Fällen kam erschwerend hinzu, dass alter Baumbestand für die Neubauten weichen musste. Bäume, die bei dramatischen Artenschwund für die Biodiversität von großer Bedeutung sind und vor allem bei sich immer weiter aufheizenden Städte als natürliche Klimaanlagen fungieren. Demgemäß war nicht einmal der Städtebau, sondern eben der Klimawandel Hauptauslöser für den Bebauungsplan. Der alte Baumbestand in der Wiehre sei „klimarelevant“, so Stadtplanungsamtsleiter Roland Jerusalem.

Unpassender Bau in der Sternwaldstraße, sämtliche alte Bäume wurden vernichtet

Aufgrund der Dringlichkeit soll zunächst der Bebauungsplan „Unterwiehre-Nord“ erstellt werden. Die Stadtverwaltung plant jedoch, „auch an anderen vergleichbaren Standorten im Stadtgebiet“ zugunsten von Frischluft und Artenvielfalt Bebauungspläne aufzustellen. Eine weise Einsicht. Denn Artensterben und Klimawandel sind in allen Stadtgebieten spürbar. Auch in Kleineschholz oder im Metzgergrün…

Fotos: K. U. Müller, P. Vogt

Siehe auch: Kommentar in der Badischen Zeitung vom 23.5.2023