Stellungnahme zum Stadionstandort Wolfswinkel
Grundlage: Gutachten zur Überprüfung der verkehrlichen Machbarkeit eines neuen Fußballstadions am Wolfsbuck/Flugplatz sowie Erläuterungsbericht vom 23.09.2016
Allgemein:
Aus Stadtentwicklungs- und allgemeinen städtebaulichen Gründen ist die Errichtung eines Stadions an diesem Standort nicht zu empfehlen. Dieses Stadion soll überwiegend dem Berufsfußball dienen und ist somit ein Gewerbebetrieb sui generis. Und zwar deshalb, weil dieser Gewerbebetrieb bezogen auf ein Jahr nur tageweise in vollem Umfange genutzt wird. Für diese Nutzung wird eine kostbare städtische Fläche bereitgestellt und künftigen vernünftigeren Nutzungen entzogen. Zudem wird ein enormer Aufwand für den fließenden, aber auch für den ruhenden Verkehr betrieben. Namentlich dieser Bereich nimmt große Flächen in Anspruch, die selten voll genutzt werden. Es entsteht mit dem Stadion ein städtebaulicher „Hemmschuh“.
Jeder Betrieb muss sich den durch ihn erzeugten Verkehr zurechnen lassen. Er fließt damit in die Prüfung seiner baurechtliche Zulässig hinein. Schon hier kann angemerkt werden, dass das Stadion als normaler Gewerbebetrieb nicht zulässig wäre.
Im Einzelnen:
Ein Gutachten besteht regelmäßig aus Annahmen (Eingangsannahmen), einem Hauptteil, in dem DIESE Annahmen diskutiert werden und den Schlüssen daraus. Die Eingangsannahmen gehen von 35.000 Besuchern aus (zum Vergleich Emmendingen hat 28.000 EW), die mit ebenfalls angenommenen Verkehrsmitteln (PKW, Stadtbahn, Radfahrer usw. sieh Tabelle) zum Stadion fahren. Diese Annahmen müssen NICHT zutreffen, sind aber für das Ergebnis ausschlaggebend!
Nach Annahme im Erläuterungsbericht kommen nur etwa 15 % der Besucher mit dem Pkw/Krad oder Taxi zum Stadion. Das sind (nur!) 5250 Personen von 35.000 angenommenen Besuchern.
Das Stadion soll im Wesentlichen über die Westrandstraße (hier Granada Allee genannt) erschlossen werden. Diese Straße wurde angelegt, um eine schnelle Querverteilung des Verkehrs in die anliegenden Baugebiete zu erreichen. Daher ihre niveaufreien Kreuzungen: Sundgauallee,Landwasser… Die spätere Leitung des Tiefbauamtes machte den Fehler, signalgesteuerte Kreuzungen zu etablieren und damit den vorher fließenden Verkehr in einen weniger leistungsfähigen Verkehrsfluss umzuwandeln. Das Ergebnis kann jeden Tag erlebt werden, es entstehen auf dieser Umfahrungsstraße zu Spitzenzeiten lange Staus vor den Signalanlagen, zumal man noch eine Verstärkung durch von Straßenbahnen gesteuerte Vorrangschaltungen etablierte! Besonders ausgeprägte Staus entwickeln sich schon jetzt auch vor der Kreuzung Herrmann-Mitsch- Straße/ Westrandstraße.
Durch die niveaugleiche Anbringung der Stadionzufahrt mit einem umfangreichen, signalgesteuerten Knoten kurz vor dieser Kreuzung wird sich dieser Effekt vermehrfachen. Der gesamte Verkehr wird mehr oder weniger über Stunden völlig zum Erliegen kommen bzw. über große Zeiträume „Stopp and go“ größeren Ausmaßes erreichen (Qualitätsstufen D, E siehe Tabelle 5-1 und 5-3, Der Gutachter geht von lediglich 1-1,5 Stunden aus und zwar für die gesamte Zeit; also vor dem Spiel 45 min und nach einem Spiel 45 min!!! bzw. Bild 5-8 Erläuterungsbericht. Bei der Qualitätsstufe D sind die Wartezeiten in den Spitzenstunden erheblich! ). Dies wird allerdings von der Stadt Freiburg in Kauf genommen, und zwar von der politischen Seite, deren Willen es offensichtlich ist, den Stadionstandort durchzudrücken. Hierrunter werden natürlich auch die Gewerbebetriebe in dem Gebiet leiden. Dies schließt der Gutachter auch nicht aus. Die Westrandstraße verkommt zu einer „Stopp-and-Go-Allee“.
Stellplätze
Es sollen 2200 Stellplätze angelegt werden für etwa 2100 angenommene Kraftfahrzeuge. Dabei sollen die PKW durchschnittlich 2,8 Personenbefördern! Reduziert sich dies auf 2,5 Personen werden schon 2800 Pkw benötigt! Und wo sind dann die erforderlichen Stellplätze? (siehe Bild 3-7, Seite16) Und Hinweis auf die Eingangsannahmen!
Park and Ride (P+R)
Es wird mit ca. 2322 P+R Stellplätze gerechnet, die wohl teilweise noch geschaffen werden und Flächen dafür zur Verfügung gestellt werden müssen. Die bestehenden P+R-Plätze sind ja regelmäßig belegt, im günstigsten Falle nur teilweise, aber wie weis dies der suchende Verkehr? Auch hier ist noch erheblicher Klärungsbedarf.
Schlussbetrachtung
Die Annahmen in diesem Gutachten sowie in dem Erläuterungsbericht sind empirisch, aber keinesfalls ganz sicher. Geringfügige Änderungen können zu völlig anderen Ergebnissen führen (siehe PKW-Stellplätze). Für die Zulässigkeit dieses Gewerbebetriebes wird ein kostenintensiver Aufwand betrieben auch und gerade im öffentlichen Bereich. Zudem werden erhebliche Behinderungen des Straßenverkehrs in Kauf genommen, die bei einem „normalen“ Gewerbebetrieb zu seiner baurechtlichen Unzulässigkeit führen würde (IKEA wäre beispielsweise unter diesen Umständen nicht genehmigungsfähig).
Ein „KO-Kriterium“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und somit auslegungsfähig. Das vorliegende Gutachten geht von zahlreichen Annahmen aus, die variabel und damit steuerbar für das Ergebnis sind. Es wird jedenfalls zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des Gewerbe- und Industriegebietes Nord kommen. Hinzu kommt, dass die Umsetzung vorgeschlagener Maßnahmen nicht klar ist.
Wie anfangs erwähnt, ist der Standort für das geplante Stadion städtebaulich mehr als bedenklich, da hier die zukünftige Entwicklung städtebaulich relevanterer Nutzungen verspielt wird.
09.11.2014 / 16.07.2017
Dr. Dieter Kroll