Reden zu Erdwärme, Klima und Artenschutz

In der Gemeinderatsitzung am 2. Februar 2021 hat Stadtrat Dr. Wolf-Dieter Winkler /FL) zu den Themenbereichen Klima und Artenschutzmanifest eine Rede vorbereitet, die er aus Zeitmangel aber nicht halten konnte, die wir unseren Lesern aber dennoch hier zur Kenntnis geben möchten. Dagegen hat er die hier anschließend widergegebene Rede zum Thema Erdwärme (siehe weiter unten) im Gemeinderat halten können.

Rede zum Klima und Artenschutzmanifest (Drucksachen G-21/010 und G-21/014) am 02.02.2021:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren!

Es ist gut, dass wir Stadträte in regelmäßigen Abständen einen Sachstandsbericht zum Klima und Artenschutz erhalten, um notfalls nachjustieren oder Bemühungen verstärken zu können. Es ist auch gut, dass es nun mit dem Masterplan Wärme und der Prüfroutine zur Klima- und Artenschutzrelevanz von Beschlussvorlagen (PKAB) zwei neue Initiativen gibt, die uns noch effizienter zu einer klimaneutralen und artenreichen Stadt hinführen sollen.

Allerdings habe ich den Eindruck, dass wir nur im Verabschieden hehrer Konzepte und Entwickeln von Perspektiven Weltmeister sind. Dafür werden meist auch Leute eingestellt. Aber umgesetzt werden soll das Ganze dann mit dem vorhandenen Personal, das schon jetzt ständig an der Belastungsgrenze arbeitet. So dümpeln die hehren Konzepte in der Stadtverwaltung zwangsläufig vor sich hin, wenn sie nicht sogar ganz versanden. Hier ist dringend eine Umverteilung von Personal weg von der Erstellung von Konzepten hin zu mehr Personal für die praktische Umsetzung in den Städtischen Ämtern zwingend erforderlich. So hat durch die immer mehr zugenommene Digitalisierung und das damit verbundene Monitoring im städtischen Gebäudeenergiebereich die Arbeit massiv zugenommen. Aber weder hat das Gebäudemanagement Freiburg (GMF) mehr Personal bekommen, vor allem im EDV-Bereich, noch ist es mit der notwendigen Software ausgestattet. So kann die Umsetzung unserer Klimaschutzziele nicht funktionieren!

Auch in der Bauverwaltung fehlen an bestimmten Stellen Fachkräfte wie z.B. bei der Erstellung von Erhaltungs- und Gestaltungssatzungen, während andere Bereiche wie die Projektgruppe Dietenbach reichlich mit Personal ausgestattet wird. Dabei würde durch die Erstellung von Erhaltungs- und Gestaltungssatzungen mit dem Schwerpunkt auf Erhaltung massiv CO2 eingespart werden können: Durch die Verhinderung von Abriss, Transport und Entsorgung von Bauschutt und ressourcenintensiven Neubaus.

Eine Prüfroutine, die ermitteln soll, inwieweit unsere Beschlüsse unseren Umweltschutzzielen genügen, ist prinzipiell zu begrüßen, wird aber massiv dadurch geschmälert, dass Bauvorhaben grundsätzlich außen vor bleiben. Natürlich werden die Umweltauswirkungen in den zu den Bauvorhaben zusätzlich erstellten Umweltberichten abgehandelt. Aber mit welcher Konsequenz? Bestenfalls werden irgendwelche Alibi-Ausgleichsmaßnahmen gefordert. Aber ist denn schon mal ein Bauvorhaben wegen schädlicher Umweltauswirkungen gescheitert? Mir fällt da nichts ein. Und CO2-Auswirkungen werden überhaupt nicht abgehandelt, weil damit jedes Neubauvorhaben enorme Hürden überwinden müsste. Sorry, so kann man sich Prüfroutinen und Umweltberichte auch schenken. Das Ganze macht auf mich den Eindruck von „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.“

Meine Damen und Herren, wenn wir wirklich was bewirken wollen, muss der Klima- und Artenschutz mit mehr Personal für die tägliche Arbeit ausgestattet und unsere Beschlüsse Prüfungen unterworfen werden, die keine Tabus zulassen!

Das Dietenbach-Gelände ist für Ökologie, Stadtklima und Landwirtschaft wichtig (Foto: M. Falkner)

Rede zum Thema Erdwärme (Drucksache G-21/009) am 02.02.2021:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren!

Der Vorstoß der badenovaWärmeplus zur Exploration der Erdwärme in der Region südlich von Freiburg ist sehr zu begrüßen. Einziger Wermutstropfen ist der sehr späte Beginn der Untersuchungen. Wir könnten schon wesentlich weiter sein, wenn nicht vereinzelte Vorkommnisse wie die Hebungen in Staufen oder die kleineren Erdbeben bei Basel und Straßburg zu einem ungerechtfertigten Imageschaden geführt hätten, unter dem die Branche noch immer leidet.

Oberflächennahe Erdwärmenutzung über Wärmepumpen wie in Staufen funktioniert deutschlandweit zigtausendfach, ohne dass Komplikationen auftreten. Aber Staufen mit seinen Häuserrissen hat sich leider in den Köpfen festgesetzt. Dasselbe gilt für die petrothermale Nutzung, bei denen Wasser ins heiße Grundgebirge gepresst wird, um heißen Dampf zu gewinnen, mit dem vor allem elektrischer Strom mittels Dampfturbinen gewonnen werden soll. Erst danach wird das dann noch heiße Wasser als Fernwärme in Wohnhäuser und Gewerbeimmobilien geleitet, um dort die Wärme für Heizung und Warmwasser bereitzustellen. Dieses Einpressen von Wasser in das Untergrundgestein kann Erdbeben auslösen. Aber dieses Verfahren hat mit der hydrothermalen  Nutzung von heißem Wasser, wie sie Badenova vorhat, überhaupt nichts zu tun. Badenova will ähnlich wie bei den Thermalbädern heißes Wasser fördern und das erkaltete Wasser wieder zurückführen. Es entstehen kaum Druckunterschiede, die ursächlich für Erdbeben sein könnten. Die Stadtwerke München betreiben mit diesem Verfahren mehrere große Heizkraftwerke im Münchener Stadtgebiet, mit denen sie Strom und Wärme gewinnen. Bis 2040 sollen alle Einwohner Münchens CO2-neutral mit Fernwärme aus den Geothermie-Kraftwerken versorgt werden. Von solchen erstrebenswerten Zuständen sind wir hier noch weit entfernt. Badenova wird frühestens im Jahr 2025 eine Geothermieanlage in Betrieb nehmen können, die dann etwa 50 MW thermische Energie liefert. Die damit gewonnenen 400.000 MWh reichen für etwa 20.000 Haushalte, also ungefähr für 15 % der Freiburger Haushalte. München ist da um Lichtjahre weiter.

Erfreulich ist, dass sich alle Gemeinden im Explorationsgebiet für das Geothermie-Projekt ausgesprochen haben. Dass eine – wohlgemerkt grüne -Stadträtin Breisachs das Risiko bezüglich der Verunreinigung von Grundwasser und Erdbebengefahr für unkalkulierbar hält, und die Grünen Breisachs Aktionen von Bürgern gegen die Geothermie unterstützen wollen, ist daher zumindest befremdlich. Schließlich handelt es sich um eine Form von regenerativer Energie, die wir doch alle wollen. Und dass eine AFD-Stadträtin Breisachs sogar einen Vulkan-Ausbruch des Kaiserstuhls befürchtet, hat fast schon humoristisches Niveau. Im Oberrheingraben liegt die Grenze zwischen der starren Erdkruste und dem darunter liegenden oberen Teil des in diesem Bereich ebenfalls noch recht starren Erdmantels bei etwa 30 km Tiefe. Unterm Kaiserstuhl hat sich ein Mantel-Dom aufgewölbt, der etwa sechs Kilometer höher liegt als die Umgebung. Die Mantel-Krusten-Grenze liegt dort also in 24 km Tiefe. Dieser Mantel-Dom wird als Ursprung des Kaiserstuhl-Vulkanismus angenommen. Die Badenova will auf maximale Tiefe von 4 km gehen. Das ist also weit über der Mantel-Krusten-Grenze. Im Gegensatz zur Vulkaneifel, deren letzter Ausbruch nur rund 11.000 Jahre zurück liegt, ist der vor rund 15 Mio. Jahren erloschene Kaiserstuhl kein aktives Vulkangebiet mehr. Da können ihn auch ein paar Bohrungen der Badenova nicht mehr zum Leben erwecken.

Ich wünsche der badenovaWärmeplus viel Erfolg bei der Exploration.

Stadtrat für Freiburg Lebenswert im Gemeinderat: Dr. Wolf-Dieter Winkler