Rede zur schulischen Inklusion

Zum Thema Schulische Inklusion (Drucksache G-21/173) hat Stadtrat Dr. Wolf-Dieter Winkler (FL) am 5. Oktober 2021 im Freiburger Gemeinderat folgende Rede gehalten:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren!

Grundsätzlich benötigen Eltern eines Kindes mit Behinderung Beratung und Unterstützung, welche Schulart für ihr Kind die beste sein könnte. Dazu gehören vor allem Informationen, was die Regelschule leisten kann. Qualifiziertes Personal für individuelle Betreuung ist eine Grundvoraussetzung für gelingende Inklusion. Inklusion gibt es nicht umsonst. Bislang waren die Regelschulen jedoch weitgehend auf sich selbst gestellt, was meist zu einer Überforderung sowohl der Lehrer als auch der Schüler führte.

In dem interfraktionellen Antrag wird daher für mich der Schwerpunkt zu sehr auf Inklusion an einer Regelschule gelegt, während wohl der Großteil der betroffenen Eltern die Schulform der Sonderpädagogischen Schule der Regelschule vorzieht, wie von der CDU ganz richtig festgestellt wird. Es gilt aber auch, dass nicht der Elternwille, wie von der CDU weiter angeführt, allein entscheidend sein kann.

Entscheidend ist für mich, dass jedes Kind das schulische Angebot erhält, das seinen Fähigkeiten und Bedürfnissen am ehesten gerecht wird. Also, gerecht werden den Fähigkeiten und Bedürfnissen des Kindes, nicht den oftmals zu ehrgeizigen Wünschen der Eltern oder den dogmatischen Vorstellungen von Stadträten. Ich kenne Kinder, die mit der ihnen zugemuteten Schulform, beispielsweise des Gymnasiums, überhaupt nicht zurechtkamen und völlig frustriert waren, weil sie dem Niveau nicht gewachsen waren. Und die nach einem Wechsel auf die Realschule sichtlich aufgeblüht sind.

Überforderte Kinder geben leicht auf und verweigern dann völlig. Dasselbe, was für Kinder ohne Behinderung gilt, gilt natürlich auch für Kinder mit Behinderung. Hier ist die Gefahr sogar noch größer, dass sie in ihren Möglichkeiten überschätzt werden. Manche Kinder kommen in einer Klasse der Regelschule gut zurecht, andere überhaupt nicht. Das hängt auch ganz entscheidend von der Art ihrer Behinderung ab.

Jedes Kind muss eben individuell nach seinen Anlagen und Fähigkeiten betrachtet und beschult werden. Es wäre also völlig falsch, dogmatisch festzulegen, dass nur die Regelschule oder nur die Sonderpädagogische Schule die allein seligmachende Schulform ist.

Und noch was Grundsätzliches, rein Praktisches: Die Bündelung der städtischen Eingliederungshilfen würde sowohl den Eltern, den Schulen als auch den KiTas (Kindertagesstätten) helfen. Eine Unterscheidung beispielsweise von Hilfen vom KSD (Kommunaler Sozialer Dienst), der im AKI (Amt für Kinder, Jugend und Familie) angesiedelt ist, oder Hilfen vom ASS (Amt für Soziales und Senioren), oftmals für dasselbe Kind, ist sehr verwirrend und zeitraubend. Die Wege für Eltern und Institutionen müssen vereinfacht werden und zwar zeitnah und nicht erst, wie wohl vorgesehen, 2028.

Und es müssen bereits die KiTas mit einbezogen werden. Es gibt bislang nur im Seepark eine offiziell inklusiv arbeitende städtische KiTa. Aber alle KiTas arbeiten inklusiv wie beispielsweise die von meiner Frau geleitete KiTa Wirbelwind in Weingarten, ohne dass man ihnen die benötigten Ressourcen wie eigene Heilpädagogen zugesteht. Hier liegt noch einiges im Argen.