Rede zum Klima

Zum Klima (Drucksachen G-22/194, G-22/231 und G-22/186) hat Stadtrat Dr. Wolf-Dieter Winkler (FL) am 22. November 2022 im Freiburger Gemeinderat folgende Rede gehalten:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine sehr geehrte Damen und Herren
!

UN-Generalsekretär António Guterres hat auf dem UN-Klimagipfel im September drastische Worte gefunden. Angesichts der apokalyptischen Überschwemmungen in Pakistan, sprach er davon, dass er dort „durch ein Fenster in die Zukunft geschaut habe. Eine Zukunft mit dauerhaftem und allgegenwärtigen Klimachaos in unvorstellbarem Ausmaß“. Anfang November stellte er auf der Klimakonferenz im ägyptischen Scharm el-Scheich fest: „Wir sind auf dem Highway zur Klimahölle – mit dem Fuß auf dem Gaspedal“.

Der Exekutivdirektor des Welternährungsprogramms, David Beasley, warnt davor, dass „durch den Klimawandel in naher Zukunft eine globale Destabilisierung, Hunger und Massenmigration in einem noch nie dagewesenen Ausmaß zu erwarten seien“.

Professor Nouriel Roubini ist einer der gefragtesten Ökonomen unserer Zeit. Er war u.a. Wirtschaftsberater von US-Präsident Bill Clinton. Seine unheilvollen Prognosen wie beispielsweise die Finanzkrise von 2008 treten mit beunruhigender Treffsicherheit ein. In einem Interview wird er gefragt, ob die Menschheit überhaupt noch eine Chance hat zu überleben. Seine Antwort: „Nein. Im Prinzip nicht. Ich meine es ernst. Das Spiel ist aus, die Menschheit wird bald einpacken können. Wir werden von zehn Megagefahren gleichzeitig bedroht und werden schon mit der bedrohlichsten von ihnen, der Klimakrise, nicht fertig. … Ab jetzt stehen wir mit dem Rücken zur Wand! … Unsere Wirtschaft muss kontrolliert schrumpfen. Und zwar sofort. Wir müssen weniger produzieren, transportieren, reisen … konsequent auf alles verzichten, was wir nicht unbedingt zum Überleben brauchen.“

Wenn man diese drei Männer hört und dann als Kontrastprogramm die – gemessen an diesen Worten – wenig ambitionierten heutigen Vorlagen und vor allem die in der nächsten Gemeinderatssitzung zu verabschiedenden Vorlagen zum Flächennutzungsplan 2040 liest, puuuh!

Eigentlich macht nur die Vorlage zum Klima-Bürger:innenrat Mut. Ich war skeptisch bei der Installation eines solchen Gremiums. Was sollte ein Laiengremium schon groß bewirken können, außer dass weitere wachsweiche Formulierungen zu Papier gebracht werden? Insofern bin ich von dem Ergebnis überrascht. Was die Energieeinsparung  und die regenerative Energieerzeugung betrifft, werden von einer großen Mehrheit der Teilnehmer weit rigorosere Maßnahmen gefordert, als es die Politik, auch die kommunale Politik hier in diesem Haus, fordert. Das wäre in dieser Eindeutigkeit vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen. Es zeigt, dass vielen Menschen die Klimarealität inzwischen bewusst ist und wenn man sie dann noch mit entsprechenden wissenschaftlichen Informationen versorgt, sie zur Forderung von durchaus rigorosen Maßnahmen bereit sind. Dass diesmal die Forderung „eines Baustopps von Neubaugebieten in den nächsten 10 Jahren“, also aller geplanten Neubaugebiete und nicht nur von Dietenbach, noch keine Mehrheit in dem Gremium bekommen hat und „nur“ 40% der Teilnehmer diese unterstützten, sollte man nicht überbewerten. Lassen Sie noch drei Jahre ins Land gehen, in denen die klimatischen Bedingungen sich weiter verschlechtern, dann wird auch diese Forderung eine große Mehrheit finden und das Bauen auf der grünen Wiese ein Sakrileg werden.

Dieses Laiengremium macht Mut, dass man im Sinne von Martin Luther noch ein Apfelbäumchen pflanzen sollte, und inständig zu hoffen, dass Roubini diesmal vielleicht doch daneben liegt. Angst macht einem aber dennoch, dass in naher Zukunft sogenannte Kippelemente im Klimasystem und damit unkontrollierbare Kettenreaktionen ausgelöst werden. Dann hätte Roubini wieder mal recht behalten.

Noch findet der Verzicht auf Neubau wenig Mehrheit obwohl Bauen extrem klimaschädlich ist. Wir sind zuversichtlich, dass sich dies bald ändert (im Bild: Dietenbach).