Rede zum Flächennutzungsplan 2040

Zum Flächennutzungsplan 2040 (Drucksache G-22/192, 064, 175 und 193) hat Stadtrat Dr. Wolf-Dieter Winkler (FL) am 6. Dezember 2022 im Freiburger Gemeinderat folgende Rede gehalten:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine sehr geehrte Damen und Herren
!

Um es nochmals festzustellen: Alles, was die Menschheit ab jetzt tun muss, um sich nicht selbst auszulöschen, ist, den Klimawandel und den Artenschwund mit allen Mitteln aufzuhalten. Alles, was diesen beiden obersten Zielen zuwiderläuft, muss unbedingt unterbleiben. Alle anderen Ziele müssen sich diesen beiden Zielen unterordnen.

Wenn ich dann in der Drucksache zum Flächennutzungsplans FNP 2040 lese, welche Zukunftsszenarien, welche sechs Entwicklungsmöglichkeiten für Freiburg als strategische Grundlage für die Neuaufstellung des FNP 2040 entwickelt wurden – wohlgemerkt erst im letzten Jahr, nach Überschwemmungskatastrophen und Dürresommern -, dann frage ich mich auch wie Luisa Neubauer von Fridays for future, in welchen Paralleluniversen leben viele eigentlich immer noch? Diese Ignoranz gegenüber den in naher Zukunft zu erwartenden katastrophalen Auswirkungen des Klimawandels ist nicht mehr zu verstehen.

Da wird in der Drucksache zum Wohnungsmarkt behauptet, dass der Nachholbedarf in Freiburg aktuell etwa 4.000 Wohnungen beträgt. Und es wird gefordert, dass er möglichst zeitnah in den nächsten Jahren abgebaut werden sollte. Und dann wird allen Ernstes treuherzig gefolgert, dass es daher auch zusätzlicher Flächen im Außenbereich bedarf, um für zukünftige Siedlungserweiterungen im Sinne der städtischen Handlungsfähigkeit verträgliche Entwicklungsoptionen zu haben. Verträgliche Entwicklungsoptionen? Alles, was in Zukunft zu Lasten des Klimas und der Natur geht, ist in hohem Maße unverträglich und verbietet sich von selbst!

Weiter wird auf Neubau gesetzt (Foto: K. U. Müller).

Ich kann es nur immer wieder betonen: Es geht hier nicht um die durchaus verständlichen Interessen einzelner Individuen, sondern um das Überleben der Menschheit an sich. Auch mir ist natürlich bewusst, dass es in dieser Stadt fünfköpfige Familien gibt, die in einer Zwei-Zimmerwohnung leben, was – zumindest im Hinblick auf die hohen deutschen Ansprüche – erst einmal nicht hinnehmbar erscheint. Auf der anderen Seite gibt es gerade viele ältere Menschen, die in viel zu großen Wohnungen leben. Es muss Aufgabe der Stadt sein, zwischen diesen beiden Positionen einen Ausgleich zu finden. Und es muss der Leerstand endlich angegangen werden. Es gibt keine Alternativen zu solchen zugegeben zeitraubenden und durchaus schwierigen Aufgabenstellungen! Es sich einfach zu machen und wie bisher Wohnbau-Flächen auf der Grünen Wiese auszuweisen, geht nicht mehr. Wer das nicht wahrhaben will, den wird die Zukunft bestrafen. Allerdings als Kollateralschaden auch alle anderen, beispielsweise diejenigen, die in so einfachen Verhältnissen leben, dass sie zu den bedrohlichen klimatischen Verhältnissen so gut wie nichts beigetragen haben. Beispielsweise viele afrikanische Familien. Für diese Familien wäre übrigens eine Zweizimmer-Wohnung in Freiburg reiner Luxus! Derjenige, der meint, weiter Wohnungen auf der Grünen Wiese bauen zu können und dabei zu glauben, er würde damit sozial handeln, der irrt gewaltig. Er macht sich vielmehr mitschuldig am Leid vieler Menschen, die unter Dürre, Überschwemmungen und Hunger leiden. Wer die Klimafolgen seines Tuns ignoriert, handelt in hohem Maße asozial! Der FNP 2040 wird sich daran messen lassen müssen!

Obwohl das Artensterben dramatisch ist, werden weiter Biotope zugebaut (Foto K. U. Müller).