Rede zu Baumfällungen in Dietenbach

Zum Thema Baumfällungen in Dietenbach (Drucksachen G-20/094, G-20/156, G-20/257) hat unser Stadtrat Dr. Wolf-Dieter Winkler (FL) in der Sitzung des Freiburger Gemeinderats, die am 7. und 8. Dezember 2020 über zwei Tage im Bürgerhaus Zähringen stattfand, folgende Rede gehalten.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren!

Man kann ja zu der wohnungspolitischen Notwendigkeit eines neuen Stadtteils stehen wie man will, aber ich hätte mir zumindest Ehrlichkeit in der Argumentation im Vorfeld des Bürgerentscheids zum Erhalt der regionalen landwirtschaftlichen Flächen in Dietenbach gewünscht. Wenn auf diversen Bürgerversammlungen oder selbst gegenüber der Deutschen Presse Agentur, einer unabhängigen Nachrichtenagentur, die deutschlandweit, aber auch international, alle Medien mit redaktionellen Angeboten beliefert, vom Projektleiter der SEM Dietenbach (Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme Dietenbach) geäußert wird, dass für Dietenbach „kein einziger Baum“ gefällt werden wird, dann können die Bürger erwarten, dass dieses Versprechen auch gehalten wird. Aber jetzt im Nachhinein zu kommen und frei nach dem Motto „was geht mich mein Geschwätz von gestern an“ diese Aussage einfach wegzuwischen und rund vier Hektar Wald mit rund 3.700 Bäumen opfern zu wollen, ist gegenüber einer gutgläubigen Bürgerschaft einfach nur respektlos. Diese Aussage diente einzig und allein der Absicht, den Bürgerentscheid über Dietenbach unbedingt für sich entscheiden zu wollen. Eine solche Vorgehensweise führt zu massiver Politikverdrossenheit. Jetzt werden Stimmen laut – vor allem aus dem Rieselfeld -, die sagen, hätte man diesen Wortbruch geahnt, hätte man gegen einen Stadtteil Dietenbach gestimmt.

Und nebenbei: Dass ein Oberbürgermeister, der als eines seiner Hauptanliegen Bürgernähe angibt, nicht ein paar Minuten opfern kann, um 6.000 Unterschriften für den Erhalt dieser Waldflächen in Empfang zu nehmen, und die Organisatoren dann ersatzweise ein Konterfei des OB für ein Pressefoto aufstellen müssen, ist zumindest befremdlich.

Diese Waldbereiche sind ein Lebensraum für rund 50 Vogel- und rund 15 Fledermausarten. Wir gehen davon aus, dass es sich um ein faktisches Vogelschutzgebiet handelt und das Beeinträchtigungsverbot der europäischen Vogelschutzrichtlinie greift. Damit sollte auch ein Randstreifen von 100 m zwischen Wald und Bebauung von jeglicher Bebauung frei bleiben – wie vom NABU (Naturschutzbund Deutschland) gefordert. Und diese Waldbereiche kommen schon jetzt mit ihrer Erholungsfunktion für die Rieselfelder an ihre Grenzen. Dies gilt erst recht, wenn nochmals rund 15.000 Dietenbacher hinzukommen sollten, die sicher auch von der Abkühlung ihres Stadtteils, der Luftverbesserung und Entspannung durch den Wald profitieren wollen.

Meine Damen und Herren, Freiburg Lebenswert ist angesichts eines drohenden Klimanotstandes, eines massiven Artenschwunds und der Notwendigkeit einer regionalen Landwirtschaft, auch weiterhin gegen einen Neubau-Stadtteil Dietenbach. Klimanotstand und Artenschwund, Frau Jenkner (CDU), werden die Probleme unserer Kinder und Enkel sein und sicher nicht die Schulden einer Stadt, wie Sie beim vorherigen Tagesordnungspunkt ausführten. Aber das nur nebenbei! Aber das Mindeste, meine Damen und Herren, was wir erwarten, ist, dass der Bürgerschaft gegebene Zusagen im Vorfeld einer Entscheidung eingehalten werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie nicht zu, dass mit einer Falschaussage eine bestimmte Entscheidung der Bürgerschaft provoziert werden sollte.

Ich bitte Sie daher, meinem Änderungsantrag zum vollständigen Erhalt dieser Waldbereiche zuzustimmen.

Stadtrat für Freiburg Lebenswert im Gemeinderat: Dr. Wolf-Dieter Winkler