Rede von Stadtrat Winkler zum Erbbaurecht

Zum Thema Erbbaurecht (Drucksache G-20/172) hat Stadtrat Dr. Wolf-Dieter Winkler (FL) im Freiburger Gemeinderat am 28. Juli 2020 folgende Rede gehalten:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren!

Ich sehe es wie die Vereinigung Freiburger Wohnungsunternehmen (VFW): Die Vorlage ist ein großer Schritt in die richtige Richtung, aber ob er ausreichend ist, um die Verwerfungen auf dem Erbbau-Markt zu beseitigen, ist eher zweifelhaft. Ich kann daher die Einwände des VFW alle nachvollziehen.

Insbesondere, dass der Erbbauzins mit 3% etwa doppelt so hoch ist wie der Kapitalmarktzins, wird auch weiterhin dazu führen, dass Erbpacht für viele potentiell Interessierte unattraktiv sein dürfte. Ich hätte es für gut gehalten, den Erbbauzins flexibel knapp unter dem Kapitalmarktzins zu positionieren. Je nach Ab- oder Anstieg würde dann auch der Erbbauzins zeitversetzt angepasst werden können. Er sollte dann aber auch bei einem heftigen Anstieg des Kapitalmarktzinses weit über 4% die 4% selbst nicht überschreiten dürfen.

Auch mir scheint die Kontrolle schwierig, ob alle zinsmindernden Vorgaben von den Erbpachtnehmern immer eingehalten sind oder ob nicht zur Reduzierung der Zinslast spätere Änderungen gegenüber der Stadt verschwiegen werden können. Dann lebt der Student oder die Studentin offiziell eben etwas länger daheim.

Ebenso ist die frühzeitige Beendigung der Privilegierung durch das fortgeschrittene Alter von Kindern sicher ein Problem. Denn um die Anforderungen für die Berechtigung, ein Grundstück zu ergattern, zu erfüllen, dürfen die Kinder ja nicht erst im neuen Haus auf die Welt kommen, sondern müssen bereits da sein.

Ich halte es daher für zwingend notwendig, die Grundsätze der Erbbaurechtsverwaltung nicht erst nach fünf Jahren zu überprüfen, sondern bereits spätestens nach zwei Jahren, um die dringendsten eventuellen Korrekturen zeitnah ausführen zu können.

Dringend reformbedürftig sind übrigens auch die Erbpachtkonditionen der Stiftungsverwaltung Freiburg, bei der Oberbürgermeister und Stadträte als Stiftungsräte großen Einfluss hätten. In den Hanglagen Herderns wurde vor einigen Monaten von der Stiftungsverwaltung ein Grundstück mit einem schlicht gebauten Einfamilienhaus zur Pacht angeboten. Aufgrund der Hanglage und des Grundstückzuschnitts völlig unattraktiv! Trotzdem will die Stiftungsverwaltung sage und schreibe fast 25.000 € im Jahr dafür haben. Da hätten Sie als Erbpachtnehmer in 40 Jahren nur für den zeitweiligen Besitz eines weitgehend nutzlosen Grundstücks fast eine Million Euro hingeblättert. Völlig aberwitzig!

Unabhängig von jeder Diskussion, wie die Erbpachtbedingungen gefasst werden sollen, sollte doch eines klar sein: der soziale Ansatz der Erbpacht muss weiterhin im Vordergrund stehen.

Trotz ihrer Unzulänglichkeiten stimme ich der Vorlage aber zu!