Quartiersarbeit Metzgergrün

Zum Thema Quartiersarbeit Metzgergrün (Drucksache G-22/111) hat Stadtrat Dr. Wolf-Dieter Winkler (FL) am 17. Mai 2022 im Freiburger Gemeinderat folgende Rede gehalten:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine sehr geehrte Damen und Herren
!

Metzgergrün: Ein Quartier mit Charme und toller Natur (Foto: K. U. Müller).

Es ist bezeichnend, wie die erneute Implementierung von Quartiersarbeit im Metzgergrün in der Vorlage begründet wird. Sie soll als „Unterstützung für die gelingende Realisierung des begonnenen Bauvorhabens“ dienen. Kein Wort davon, dass man das Bauvorhaben, sprich den Abriss der gut erhaltenen Bestandsgebäude und die brutale Zerstörung der Hausgärten, endlich mal kritisch hinterfragt. Kein Wort davon, dass man die Sorgen und Ängste der Bewohner, ihre verständliche Wut über das rücksichtslose Vorgehen der Stadtbau endlich ernst nimmt. Kein Wort davon, dass man die ökologischen und denkmalschützerischen Argumente der Bewohner, ihre Hinweise auf die hohe Artenvielfalt in den Gärten, die CO2-Bindungskraft der Bäume und des Bodens, den Einsatz von enormen Mengen an grauer Energie bei Abriss und Neubau der Gebäude, die Zerstörung gewachsener Nachbarschaften, ihren Wunsch nach Unterschutzstellung dieser Arbeitersiedlung – ähnlich der der Knopfhäusle – auch nur annähernd einbezieht. Es soll einfach so weitergehen wie bisher. Diese Arroganz von Stadt und Stadtbau nach dem Motto: „Wir wissen was gut für Euch ist. Kapiert das endlich!“ ist einfach unerträglich. Es ist vor allem auch deswegen unerträglich, weil die globale Situation wie Artensterben, Klimawandel oder Ressourcenknappheit, nicht zuletzt ausgelöst durch den Krieg gegen die Ukraine, ein Umdenken im Sinne der Bewohnerschaft dringend erforderlich macht. 40 % der weltweiten CO2-Emissionen und über 50 % des Abfalls gehen auf die Bauwirtschaft zurück!

Und jetzt soll im Metzgergrün ausgerechnet die Stadtbau mit ihrem unsensiblen Vorgehen auch noch die soziale Beratung der Bewohner übernehmen. Und sie wird in der Vorlage zudem für die erfolgreiche Einführung von Formaten wie beispielsweise für moderierte Gespräche bei Konflikt- und Dissenz-Haltungen gelobt. Dieses Lob können die Bewohner nach den mir vorliegenden Rückmeldungen überhaupt nicht nachvollziehen. Und die Quartiersarbeit soll ausgerechnet wieder dem Nachbarschaftswerk übertragen werden, das die Quartiersarbeit, die nach Aussage der Bewohner in den letzten Jahren allenfalls rudimentär stattgefunden hat, im Metzgergrün von sich aus beendet hat. Nicht ohne die Bewohner über die Medien nochmal pauschal als „konfliktbehaftet“ zu verunglimpfen. Und ihnen vorzuwerfen, sie würden Mitarbeiter des Nachbarschaftswerkes „verheizen“. Und diese beiden Institutionen, die jegliches Vertrauen bei den Bewohnern verloren haben, sollen jetzt eine Befriedung herbeiführen? Unsensibler kann man gegenüber der Bewohnerschaft nicht auftreten.

Ich bin für die Wiederaufnahme der Quartiersarbeit, aber erwarte endlich eine von der Quartiersarbeit moderierte Diskussion von Verwaltung, Stadtbau und Bewohnerschaft auf argumentativer Augenhöhe. Und im Sinne der Bewohnerschaft muss das gesamte Bauvorhaben unter Berücksichtigung der negativen globalen Veränderungen unbedingt nochmals kritisch durchleuchtet und ergebnisoffen überprüft werden.

Abriss und Entgrünung. Klimaschutz fängt vor der eigenen Haustür an (Foto: K. U. Müller).