Leerstand und Zweckentfremdungsverbot

Zu den vom Baurechtsamt vorgelegten Verbesserungsvorschlägen und dem erarbeiteten Maßnahmenkatalog hat Stadtrat Dr. Wolf-Dieter Winkler (FL) für die Fraktion FL/FF zur Gemeinderatssitzung am 10. Juli 2018  folgende Rede vorbereitet. Aus Zeitgründen konnte er zwar nur einen Teil davon halten, wir möchten hier jedoch den gesamten Text unseren Lesern gerne zur Kenntnis geben:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,

gleich vorweg: Wir unterstützen die sechs Verbesserungsvorschläge in dem vom Baurechtsamt erarbeiteten Maßnahmenkatalog. Diese Vorschläge sind sehr gut. Und dieses Lob ist durchaus bemerkenswert, weil wir von Freiburg Lebenswert / Für Freiburg meist wenig Anlass haben, das Baudezernat und im Speziellen das Baurechtsamt zu loben.

Stadtrat Dr. Wolf-Dieter Winkler (FL)

Wir begrüßen also ausdrücklich, dass die Geltungsdauer für das Zweckentfremdungsverbotsgesetz von fünf auf zehn Jahre erhöht werden soll, dass der Tatbestand der Zweckentfremdung durch Leerstand bereits nach einer Zeit von drei statt sechs Monaten erfüllt sein soll, dass leerstehende Wohnungen grundsätzlich sanktioniert werden können, also auch Leerstand vor Inkrafttreten der Satzung, dass die Eingriffsgrundlagen der Kommunen erheblich erweitert werden sollen, dass für Ferienwohnungen eine Meldeverpflichtung eingeführt werden soll und dass die Betreiber von Internetportalen zur Auskunft über Ferienwohnungen verpflichtet werden sollen und diese erst dann online stellen dürfen, wenn eine Freigabebestätigung der Kommune vorgelegt wird.

Meine Damen und Herren, mit diesen sechs Forderungen sollten unseres Erachtens alle notwendigen Verbesserungen für ein schlagkräftiges Vorgehen gegen Zweckentfremdung angemahnt sein. Jetzt muss nur noch dafür Sorge getragen werden, dass die Verbesserungen auch Eingang in das Zweckentfremdungsverbotsgesetz finden.

Ich will einen Verbesserungsvorschlag herausgreifen, den wir als besonders wichtig erachten. Nämlich den, dass die Satzung künftig rückwirkend keine zeitliche Einschränkung mehr beinhalten darf. Mir wurden in den vergangenen Jahren zig Wohnungen in Freiburg, vor allem in Herdern, benannt, die seit Jahren leer stehen, die meisten länger als die fünf Jahre, seit das Verbot besteht.

Neubau-Luxuswohnungen in Herdern, die teilweise von russischen Oligarchen als Geldanlage erworben wurden und die meiste Zeit leer stehen.

Ich denke da z.B. an ein Dreifamilienhaus in der Mozartstraße im Stadtteil Neuburg, das nach meiner Beobachtung seit mindestens 10 Jahren leer steht. Mit diesem unsinnigen Rückwirkungsverbot hätte man bei diesem Haus – wie bei den vielen anderen seit mehr als fünf Jahren leer stehenden Wohnungen – keinerlei Handhabe, um diesen untragbaren Zustand ein für alle Mal zu beenden.

Seit mind. 10 Jahren leer stehendes Haus in der Mozartstraße 3 (Foto: M. Managò)

Nach dem Lob für die Verbesserungsvorschläge muss ich nun aber eine kritische Bemerkung zum Baurechtsamt nachschieben. Uns erschließt sich nämlich nicht die Begründung, warum nach Meinung des Amtes die Satzung von fünf auf zehn Jahre verlängert werden soll. Das Baurechtsamt will nämlich Zeit haben, um ausreichend neue Baugebiete auszuweisen, Flächen zu erwerben, diese baureif zu machen und bebauen zu können. Da hat man im Baurechtsamt offensichtlich etwas völlig missverstanden. Es soll doch gerade verhindert werden, dass ständig landwirtschaftliche Flächen in Anspruch genommen werden. Wir wollen doch durch ein schlagkräftiges Zweckentfremdungsverbot gerade den unseligen Flächenfraß, diese massiven Versiegelungen verhindern. Da muss offensichtlich noch einiges an Überzeugungsarbeit bei einigen bauwütigen Damen und Herren des Baurechtsamtes geleistet werden. Herr Oberbürgermeister, machen Sie doch diesen Leuten mal die Druckvorlagen zu Biodiversität und Klimawandel und den Freiburger Nachhaltigkeitsbericht zur Pflichtlektüre, auf dass ein ökologischer Geist Einzug in die Amtsstuben halte.