Keine Chance für eine vernünftige Lösung?

Zu den Beiträgen „Kampagne ohne Chance“ und „Wer wollte, der konnte“ in der Badische Zeitung (BZ) vom 22.07.2014, in denen es um die Unterschriftensammlung gegen die Umwandlung des „Platzes der alten Synagoge“ ging, hat Herr Prof. Goldhammer folgenden Leserbrief an die BZ geschrieben:

Die einmütigen Kommentierungen der BZ, der Stadtverwaltung und der „großen Fraktionen“ im Gemeinderat manifestieren leider zum wiederholten Mal ein fundamentales Problem der Stadtentwicklung von Freiburg. Das seit Jahren anhaltende, nahezu ungebremste Wachstum der Stadt, die Stadtplanung und Stadtgestaltung ignorieren eine längst eingetretene Zeitenwende. Der Klimawandel beschert uns bereits jetzt extreme Witterungsereignisse in Form von extremen Trockenzeiten, Hitzewellen und Starkniederschlägen. Die Reaktion der Stadtverwaltung unter dem Regime eines „grünen“ Oberbürgermeisters, in einer Koalition von Verwaltung, Politik, Unternehmen und lokalen Medien, ist Nachverdichtung und damit der zunehmender Wegfall dringend benötigter Grünflächen in der Stadt, und seien Sie noch so klein. Und das Spielen mit stadtarchitektonischen Experimenten, die der Stadt Freiburg das nimmt, was ihre Originalität und bis vor kurzem auch noch vorhandene Liebens- und Lebenswürdigkeit ausmachte, stößt nicht nur in Freiburg, sondern auch bei „Freunden Freiburgs“ außerhalb Freiburgs und weltweit auf Unverständnis.

Die Berichterstattungen der BZ und auch der Wochenzeitung „Der Sonntag“ (vom 20. Juli 2014) bringen es nicht fertig, unterschiedliche Positionen von engagierten Bürgern zu vermitteln. Hingegen tönt es in erstaunlichem Gleichklang, dass in Sachen Gestaltung des Platzes der Alten Synagoge der Zug abgefahren sei, weil man sich vor nahezu einem Jahrzehnt grundsätzlich für diese Gestaltung entschieden habe. Sie negieren nicht nur die vordringlich werdende Notwendigkeit, alte Planungen vor neuen Herausforderungen auch neu zu überdenken. Darüber hinaus spiegeln sie die Stadtentwicklungspolitik der letzten Jahren wider, sicher eher an den subjektiven Bedürfnissen einer „selbst ernannten Elite“ aus Politik, Unternehmern, Stadtplanern und Architekten zu orientieren, anstelle an objektiven Bedarfen einer nachhaltigen Stadtentwicklung.

Dies ist nicht nur zynisch und ignorant, sondern auch traurig. Vor allem die Passage (Zitat) „Dass nun junge Leute mit dem Pech der späten Geburt eine Diskussion, die seit genau zehn Jahren läuft, noch mal auf den Kopf stellen wollen, ist …. nicht opportun“. Voilà, wenn sich jüngere Einwohner der Stadt in der Stadtpolitik zu Wort melden, Stimmen und Mitstreiter mobilisieren, dann ist es unbequem für die „Eliten“. Öffentlich wird stets fehlendes Interesse der jungen Generation an Politik bemängelt. Nun meldet sie sich zu Wort, will verantwortlich mitgestalten – und schon wird sie an die Wand geklatscht.

Zusammenfassend: Viele Freiburger und Freunde Freiburgs von außerhalb der Stadt stehen der Entwicklungspolitik der Stadt kritisch gegenüber. Die Presse sollte diesen Dialog befördern. Ich persönlich möchte meinen Respekt für die Arbeit der in Freiburg neu entstehenden politischen und freien Gruppen zollen, die sich nicht an Bedürfnissen von Gruppen, sondern an Bedarfen der gesamten Stadt orientieren.

Prof. Dr. Johann Georg Goldhammer

Siehe dazu den Beitrag in der Badischen Zeitung