Keine Amphibien am Rossbächle?

Zum Bebauungsplan Rossbächle hat Stadtrat Dr. Wolf-Dieter Winkler (FL) am 14.3.2023 folgende Anfrage (nach § 24 Abs. 4 GemO zu Sachthemen außerhalb von Sitzungen) an OB Martin Horn gerichtet:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

Anwohner der Straße Alter Weg 11 – 17 in Freiburg-Munzingen hatten sich mit Mail vom 23.2.23 an den Gemeinderat gewandt wegen vieler Ungereimtheiten bezüglich des Baugebiets Rossbächle in Munzingen. Daraufhin habe ich mich am 26.2.23 mit den Bewohnern dieser vier Häuser zu einem Ortstermin getroffen, um mir selbst ein Bild zu machen. Im Anschluss an den Ortstermin schickten mir die Bewohner des Hauses Alter Weg 11 noch ihre Stellungnahme vom 15.7.21. Ich gehe davon aus, dass Ihnen beide Stellungnahmen vorliegen. Ich will es vorwegnehmen: alle Einwendungen stellen den Sachverhalt meines Erachtens völlig korrekt dar.

Hier nun meine Fragen und Anmerkungen:

1. zur Fauna: Wie kann es sein, dass bei einer „Begehung“, angeblich von April bis Juli 2019 durchgeführt, keine Amphibien nachgewiesen werden konnten, obwohl die Erfahrungen der Anwohner, zum Teil durch ein Video untermauert, ein völlig anderes Bild ergeben? Wie kann es sein, dass vom jetzigen Geschäftsführer der FSB als Begründung für die unterschiedlichen Darstellungen die Erklärung kam, dass die Untersuchungen wohl im Februar erfolgt sein müssen, was angesichts der Winterruhe der Tiere völlig absurd wäre? Gleicher Sachverhalt gilt für die Beobachtung seitens der Anwohner von Fledermäusen, Schlangen, Eidechsen und anderen Tierarten bzw. Nichtbeobachtung seitens der Gutachter.

2. zum Starkregen: Die Stadt hat nach Aussagen der Bewohner verlangt, dass bei Errichtung der Häuser 11 – 17 die Grundstücke unter, statt – wie man sinnvoller Weise erwartet hätte – über das vorgegebene Straßenniveau zu liegen kommen sollen, da doch nach den Gewässerkarten in diesem Bereich offensichtlich die tiefste Stelle von Munzingen zu verorten ist. Schon dadurch sind diese Häuser auch ohne neues Baugebiet massiv durch Starkregenereignisse gefährdet. Als Grund wurde angegeben, dass man den Oberliegern auf der anderen Straßenseite des Alter Weg den Blick Richtung Süden nicht über die Maßen verbauen wollte. Mit dieser Argumentation wäre doch mit zweierlei Maß gemessen, wenn den Bewohnern der tiefergelegten Gebäude nun mehrstöckige Gebäude direkt vor ihre Grundstücke gesetzt werden, die eine viel stärkere Beeinträchtigung der Anwohner zur Folge hätten. Wie kann dies gerechtfertigt werden?

Wie kann es sein, dass das Bodengutachten eine Versickerung von anfallendem Regenwasser im Plangebiet wegen der Bodenverhältnisse ausschließt, die FSB aber das Gegenteil behauptet?

Wie kann es sein, dass laut Entwässerungskonzept das gesamte Gelände um 2,00 m (Norden) bzw. 1,00 m (Süden) aufgeschüttet werden muss, aber dann mündlich seitens der FSB von nur 0,90 m bzw. 0,43 m die Rede ist? Wie kann es sein, dass sich die Situation der vier Anliegerhäuser aufgrund der geplanten Aufschüttung entlang der Grundstücksgrenze zum Plangebiet nicht maßgeblich verschlechtern wird, obwohl sich mir beim Vororttermin eine gegenteilige Ansicht nahezu aufdrängte? Durch die bisherige dreiseitige höhere Lage der Umgebung wird durch das Aufschütten auf der vierten Seite, Richtung Plangebiet, eine Mulde geschaffen, in der sich das Wasser bei Starkregen oder Hochwasser sammeln wird. Zwangsläufig werden die vier Häuser und wahrscheinlich auch die Gebäude der Erentrudis-Straße 2 ins Wasser gesetzt.

Geradezu abenteuerlich muten die Vorschläge zur Bordsteinerhöhung an, da diese zum einen an höheren Stellen wie beim Haus Erentrudis-Straße 2 erfolgen und ausgerechnet an den tiefsten Stellen beim Haus Alter Weg 11 unterbleiben soll, ganz abgesehen davon, dass bei einem Starkregen Bordsteine kein wirkliches Hindernis für Wassermassen darstellen. Da stellt sich die weitere Frage, wieso die topografischen Schaubilder die realen Verhältnisse nicht abbilden? Denn danach liegt das Plangebiet höhenmäßig erheblich unter den Grundstücken Alter Weg, was definitiv nicht der Fall ist. Es gibt dort keinen Geländesprung von den Grundstücken zum Plangebiet. Da die Gärten ebenerdig vom Wohnbereich aus betreten werden können, wird bei einem Starkregen zwangsläufig der Wohnbereich ebenfalls unter Wasser gesetzt werden, da die bisherige Ablaufmöglichkeit Richtung Plangebiet nicht mehr gegeben sein wird. Wieso kann weiter das Starkregendiagramm unterschiedliche Wasserhöhen für die Gartenbereiche und die Wohnbereiche aufzeigen, wenn beide eindeutig auf einer Höhe liegen?

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, vor einigen Jahren gab es in Herdern einen 10minütigen (!) Wolkenbruch. Das Wasser stand dann in wenigen Minuten an unserem Haus in der Stadtstraße 60 cm (!) hoch. Da unser Haus weit weg von irgendwelchen Bächen oder Abhängen steht, hätte ich eine solche Wasseransammlung, noch dazu in so kurzer Zeit, nie für möglich gehalten. Da die westliche Häuserzeile der oberen Stadtstraße komplett geschlossen und nur zwischen uns und dem Nachbarhaus ein Durchlass zum Hof bzw. Garten vorhanden ist, ergoss sich ein Großteil der Wassermassen durch diesen Spalt in der Häuserzeile und setzte unseren gesamten Keller über die rückseitigen Kellertüren ebenfalls in minutenschnelle 60 cm hoch unter Wasser. Ich möchte mir gar nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn der Wolkenbruch keine zehn Minuten, sondern vielleicht drei Stunden angedauert hätte. Seitdem habe ich einiges unternommen, um das Haus einigermaßen hochwasserfest zu machen wie beispielsweise das Anbringen von Klappläden an den Kellerfenstern oder die Möglichkeit geschaffen, Spundwände vor den Kellertüren einzusetzen. Dadurch ist unser Haus nun straßenseitig bis zu 1,15 m und hofseitig bis zu 0,40 m „hochwassersicher“.

Warum beschreibe ich das? Hochwassergefahren werden offensichtlich massiv unterschätzt, wobei ich mich da bis zu meinen eigenen Erfahrungen nicht ausnehme. Ich war nun entsetzt zu sehen, dass die Häuser im Alter Weg 11 – 17, schon ohne die geplante Bebauung, keinerlei Maßnahmen gegen Hochwasser treffen können. Einem Hochwasser, wie das von mir beschriebene, würden die Bewohner und die Häuser schutzlos ausgeliefert sein. Erst recht, wenn durch das Aufschütten im Plangebiet eine Mulde geschaffen würde. Der sehr schnell vollgelaufene Graben des Rossbächle würde keine Entlastung bringen. Das Rossbächle würde vielmehr schnell weitere Wassermassen heranführen, die das Problem verschärfen könnten. Was mir besondere Sorge bereitet, ist die Möglichkeit, dass ein nächtliches Hochwasser die Menschen in den Einliegerwohnungen im Keller im Schlaf überraschen könnte. Durch gekippte oder berstende Fenster, die dem Wasserdruck nicht standhalten, würde das Wasser in Sekundenschnelle die Räume fluten. Der Wasserdruck würde dann zusätzlich verhindern, dass die Bewohner die Türen zum Treppenhaus öffnen können. Sie wären in den sich mit Wasser füllenden Zimmern gefangen! Die Folgen überlasse ich Ihrer Phantasie.

Ich kann unter diesen Umständen beim besten Willen nicht erkennen, wie man ein solches Baugebiet verantworten will. Es gibt doch schon massiven Ärger mit undichten Häusern in Landwasser. Will man sich wirklich noch ein weiteres, ähnlich gelagertes Problem mit einem Baugebiet aufladen, das nach seiner Umsetzung eventuell sogar äußerst bedrohliche Konsequenzen hätte?

Es ist zu konstatieren, dass neben Dietenbach und Zinklern hier ein drittes, wenn auch kleineres Baugebiet mit dem gleichen Problem „Wasser“ konfrontiert ist. Schon in meiner Rede im Gemeinderat am 22.10.2019 hatte ich Verständnis dafür geäußert, dass Ortschaftsrat und die Munzinger Bürgerschaft anstelle einer Wohnbebauung dort ein Regenrückhaltebecken gefordert hatten. Und ich hatte, wie die Munzinger, das Baugebiet wegen seiner Lage weit ab von der Kernstadt für eine Flüchtlingsunterkunft für ungeeignet gehalten.

Angesichts der Brisanz des Sachverhalts bitte ich um eine schriftliche Stellungnahme zu den Einwendungen der Anwohner und eine schriftliche Beantwortung der Fragen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolf-Dieter Winkler (Stadtrat)