Gefühle statt Argumente

Leserbrief von Dr. Monika Friedeman an die Badische Zeitung:

„Der Wahlkampf zum Bürgerentscheid hat bei mir, einer interessierten Freiburger Zeitgenossin, eine Stimmung der Empörung und Überlegungen ausgelöst, die ich zu Papier bringen möchte: Es kommt mir so vor, als würden vor allem auf der einen Seite Gefühlsäußerungen über Argumente dominieren und ich habe den Eindruck, dass in der Propaganda dieser Seite ein gewisser Realitätsverlust bzw der Verlust der Bodenhaftung zu beklagen ist. Hier sind die Beispiele:

Es begann mit der Diffamierung des politischen Gegners in der GR Sitzung im November, als der Stadionbau beschlossen wurde. Freiburg Lebenswert musste sich fragen lassen, ob  die Kritik wirklich ernst gemeint sei und bekam den Vorwurf, nicht mit Zahlen umgehen zu können. So versuchte man,  sachlicher Diskussion auszuweichen und Kritiker mundtot zu machen, wörtlich: „hädsch besser s Maul ghalte“….  Seither schwingt sich die unheilige Allianz aus Politik (D. Salomon)), Presse (C.Hodeige), Kapital (R.Burtsche), Sport (F.Keller) und schließlich sogar Kirche (R. Zollitsch) lautstark zum Fürsprecher des Stadions auf und demonstriert die Einigkeit der Freiburger Machtelite. Entsprechend findet es die Stadtverwaltung dann auch legitim, statt einer ausgewogenen und sachlichen Gegenüberstellung der Argumente in einer Extra-Ausgabe des Amtsblatts zum Bürgerentscheid auf 8 Seiten Schönfärberei pro Stadion die Stadiongegner mit genau 1/2 Seite zu Wort kommen zu lassen. Ganz so, als ob sowieso schon alle einer Meinung seien. Sicherheitshalber gibt es noch eine interne Anweisung für städtische Bedienstete, nach der sich kein städtischer Angestellter/Beamter öffentlich als Stadiongegner zu erkennen geben darf (Maulkorb). Beim Neujahrsempfang der Stadt mussten sich die Teilnehmer zuerst durch eine Phalanx von Pro-Stadion-Flugblattverteilern durchkämpfen, um drinnen dann auf Vertreter der Stadt zu treffen, die den Pro-Button trugen. Und die unzähligen Gutachten, die der Stadt beweisen sollen, dass sie machen kann, was sie will, werden, noch bevor sie wirklich fertig und aussagekräftig sind, schon mal im Sinne der Stadt interpretiert und zitiert. So geschehen beim Klimagutachten. Anschließend gibt es dann große Aufregung und den Vorwurf, umgefallen zu sein, wenn einer solcherart  falschen Darstellung widersprochen wird.

Diese und andere einseitigen Instrumentalisierungen sind pure Manipulation der Öffentlichkeit. Es ist erkennbar, dass die Spitze der Stadtverwaltung inzwischen an den Popanz glaubt, den sie selbst aufgebaut hat. Sie verfällt ihrer eigenen Demagogie. Nur so ist zu  erklären, dass Finanzbürgermeister  Otto Neideck unwidersprochen zitiert werden kann mit: „Vertrauen zählt mehr als Kontrolle“. Entweder hat dieser sehr erfahrene Politiker und alter Hase sich hier selbst unmöglich gemacht, oder wir haben es mit einer typischen Freudschen Fehlleistung zu tun: es wird aus Versehen sichtbar, was dringend verborgen werden soll, nämlich dass die Finanzen des SC unbekannt sind, dass die Finanzierung des Stadions keiner Kritik standhalten kann, dass das Ganze ein absolutes Abenteuer für die Stadtfinanzen ist und dass es eigentlich nur um Gefühle geht statt um sachliche Kriterien.

Demagogie und Manipulation der öffentlichen Meinung im aufgezeigten Ausmaß sind ein überzeugender Grund, sich auf die Seite der Stadiongegner zu schlagen. Daher: NEIN beim Bürgerentscheid!