Für ein „Haus der Geschichte“ in Freiburg

In der Gemeinderatsitzung am 26. Februar 2019 hat die Vorsitzende von Freiburg Lebenswert (FL) und stellvertretende Vorsitzende der Gemeinschaftsfraktion FL/FF zum Thema „NS-Doku- und Infozentrum Freiburg, Standortentscheidung zum Rotteckhaus/ehemaliges Verkehrsamt“ (Beschlussvorlage Drucksache G-19/058) folgende Rede gehalten:

Stadträtin Gerlinde Schrempp (FL)

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,

uns allen ist bewusst, dass in Freiburg ein zentraler Erinnerungs- und Bildungsort zum Nationalsozialismus fehlt. Beim letzten Gemeindetag in Nürnberg haben ich und natürlich auch andere Gemeinratsmitglieder gesehen, wie eindrucksvoll die Stadt Nürnberg ihre Geschichte aufgearbeitet hat. Als ehemalige Lehrerin konnte ich, wie das sehr genau in der Drucksache beschrieben ist, immer wieder feststellen, dass es zunehmend schwieriger wird, Kindern und Jugendlichen die Verbrechen des Nationalsozialismus deutlich zu machen. Deshalb ist die Initiative, ein Haus der Geschichte – diesen Namen würde meine Fraktion für dieses Zentrum bevorzugen – direkt in der Stadtmitte in unmittelbarer Nähe zum Platz der Alten Synagoge zu errichten, dringend erforderlich und eigentlich längst überfällig. Im Grunde ist es beschämend, dass das erst nach so langer Zeit auf den Weg gebracht wird. Das Rotteckhaus als möglicher Standort wäre auch durch diese eben beschriebene Nähe aus unserer Sicht hervorragend geeignet. Nicht zuletzt könnten hier auch die Fundamentsteine der Synagoge einen würdigen Platz finden.

Der Fraktion FL/FF liegt aber daran, dass dieses Zentrum sich nicht auf den Zeitraum 1933 bis 1945 beschränkt. Gerade die Zusammenhänge zu den Geschehnissen in der Weimarer Republik, das mangelnde Verständnis und die mangelnden Möglichkeiten politischer Mitwirkung, die Gründe für die Zerstörung der extrem jungen Demokratie können in  einem solchen Haus aufgearbeitet werden. Dazu gehören auch aufgrund heutiger Entwicklungen die Darstellung der ideologischen Erziehung Jugendlicher und die paramilitärischen Verbände jener Zeit. Besonders wichtig heute ist die Darstellung des Menschenbildes im Nationalsozialismus in allen seinen furchtbaren  Ausprägungen.

In einem solchen Haus wäre der erzieherische Auftrag im Sinne politischer Bildung, ein einprägsamer Geschichtsunterricht für alle Schularten zu verwirklichen. Was uns auch sehr wichtig erscheint ist die Möglichkeit, in diesem neu zu schaffenden Haus die mangelhafte oder teilweise vollständig fehlende Aufarbeitung der NS-Verbrechen in der Nachkriegszeit endlich anzugehen. Dazu gehört insbesondere die lange, sogar jahrzehntelange vorhandene Kontinuität des Denkens und auch der Verbleib von Nazi-Größen in hohen und höchsten Ämtern i9n der Verwaltung, aber auch in der Wirtschaft.

Dass die Landeszentrale für politische Bildung ebenfalls in diesem Gebäudekomplex untergebracht werden kann, ist für uns gut vorstellbar und wünschenswert, das liegt aber natürlich nicht in unserem Entscheidungsbereich.

Die Fraktion FL/FF stimmt dem Beschlussantrag in allen fünf Punkten sehr gerne zu. Vielen Dank!