„Extrem unbefriedigende Umgang“ der Stadt mit Baudenkmalen

Schon lange beschäftigt uns der geplante Abriss des Dreiköngshauses in der Schwarzwaldstraße, den viele Freiburger Bürger und so auch wir als Organisation, die sich für den Schutz denkmalgeschützter Häuser einsetzt, nicht hinnehmen möchten. Nun hat sich anlässlich des Abrisses des Hauses Schwarzwaldstr. 31 die Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild e.V. zu Wort gemeldet und protestiert gegen das Vorgehen der Stadt. Gerne möchten wir hier die „Stellungnahme zum laufenden / geplanten Abriss der Häuser Schwarzwaldstraße 29-31“ der sogen. „Arge Stadtbild“ im vollen Wortlaut veröffentlichen:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,

zum aktuell laufenden Abriss des Hauses Schwarzwaldstraße 31 sowie dem angekündigten Abbruch des Dreikönigshauses (Schwarzwaldstr. 29) nehmen wir wie folgt Stellung:

Mit Bedauern und Befremden haben wir den überraschend kurzfristig umgesetzten Beschluss der Stadt, das Haus Schwarzwaldstr. 31  abzureißen, zur Kenntnis genommen.

Die Schwarzwaldstr. 31 gehört zu den Gebäuden, die zu Beginn der 1970er Jahre eine großangelegte, in Zusammenhang mit dem verkehrsgerechten Ausbau des „Ganter-Knotens“ und dem Bau der Leo-Wohleb-Straße stehende Abrissaktion überstanden haben. Damals wurden für den Umbau zur „autogerechten Stadt“ zahlreiche in gutem Bauzustand befindliche historische Gebäude abgebrochen, darunter eine damals östlich an das Hau anschließende gründerzeitliche Doppelvilla sowie ein Haus aus der Biedermeierzeit. Der die Villa Ganter umgebende Park wurde deutlich verkleinert.

Das Haus Schwarzwaldstr. 31 kann unserer Ansicht als unentdecktes Kulturdenkmal angesprochen werden. Als heute vom Verkehr umflossene bauliche Insel stellt das formschöne Gebäude zusammen mit dem benachbarten Dreikönigshaus ein Relikt dar, das an die bauliche Situation vor dem verkehrstechnischen Ausbau des Areals erinnert. Im Verbund mit dem Dreikönigshaus und der Villa Ganter ist es ein wichtiges baugeschichtliches Zeugnis der Zeit vor der verkehrsgerechten Umgestaltung der Stadt. Verwundert und irritiert sind wir über die Tatsache, dass die Stadt fast zeitgleich mit der Bekanntgabe des Abbruchs bereits die ersten Abbrucharbeiten in die Wege geleitet hat. Die Öffentlichkeit wurde vor vollendete Tatsachen gestellt.

Wir kritisieren dieses Vorgehen auch deshalb mit Nachdruck, weil es in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem aus denkmalpflegerischer Sicht extrem unbefriedigenden Umgang mit dem benachbarten Dreikönigshauses steht: 

In der Öffentlichkeit wenig bekannt ist die Tatsache, dass das Dreikönigshaus bis ins Jahr 2011 ein „Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung“ nach §12 DSchG war. Damit stand es in einer Reihe mit bedeutenden Gebäuden wie beispielsweise dem Historischen Kaufhaus oder den Rathäusern der Stadt. Zu dieser Tatsache in deutlichem Widerspruch stand die Art und Weise, wie die Stadt mit diesem Kulturdenkmal in den vergangenen Jahrzehnten umging: Obgleich ihr als Eigentümerin eine besondere Sorgfaltspflicht beim Gebäudeerhalt oblag, wurden jahrzehntelang nur unzureichende Maßnahmen zur Substanzerhaltung durchgeführt. Zuletzt war der mittlerweile abgerissene Ostteil des Gebäudes derart marode, dass er als einsturzgefährdet galt.

Das denkmalgeschützte „Dreikönigshaus“ will die Stadtverwaltung nach wie vor abreißen, um eines Tages vielleicht dem Stadttunnel Platz zu machen. Auf dem älteren Bild steht der inzwischen schon abgerissene Mittelteil noch. Hinten (rot) ist die Schwarzwaldstraße 31 zu sehen, deren Abriss derzeit im Gange ist (Foto: M. Managò).

Im Jahre 2011 traten bei einer baulichen Untersuchung statische Mängel zu Tage, die angeblich auf „frühere (historische) Eingriffe in die Bausubstanz“ zurückzuführen waren. Diese Feststellung führte dazu, dass

a) die Stadt eine Erhaltung der Substanz bei gleichzeitigem Wiederherstellen der Statik als „nicht darstellbar“ bezeichnete

b) das Regierungspräsidium als höhere Denkmalbehörde am 19.12.2011 mitteilte, es habe dem Dreikönigshaus das Merkmal „besonderes Kulturdenkmal“ aberkannt und es zu einem „normalen“ Kulturdenkmal zurückgestuft. Das Gebäude erfülle nicht mehr die Kriterien eines Kulturdenkmales nach §12 DSchG; auch sei das hierfür erforderliche gesteigerte öffentliche Erhaltungsinteresse nicht mehr gegeben. Zudem fehle es dem Objekt auf Grund der Umbauten an der notwendigen hohen Originalität und Integrität. Details zu diesem Gutachten wurden nicht veröffentlicht, und es gab für die Öffentlichkeit keine Möglichkeit, die Stichhaltigkeit der Begründungen zu verifizieren.

Im Jahre 2015 brach im Ostteil des Hauses aus bis heute ungeklärten Gründen ein Brand aus, der das Gebäude so stark beschädigte, dass es die Stadt in einer Nacht-und-Nebelaktion abreißen ließ.

Für uns ist die Art und Weise, wie in der Vergangenheit mit dem Dreikönigshaus umgegangen und die Öffentlichkeit über den Gebäudezustand informiert wurde, unbefriedigend und nicht akzeptabel. Insbesondere befremdet uns der aktuelle Umgang mit dem verbliebenen und nach wie vor denkmalgeschützten Westteil in Zusammenhang mit den Planungen für den Stadttunnel. Anstatt aktiv für den Erhalt dieses einzigartigen Gebäudes einzutreten, das bis vor kurzem ein „12er-Denkmal“ war und zu den ältesten Häusern der Wiehre und der Oberau zählt, geben die verantwortlichen Behörden das Haus bereits jetzt für den Fall des Baus des Stadttunnels preis. Wir befürchten, dass der Abriss der Schwarzwaldstr. 31 die Position des Dreikönigshauses weiter schwächen und einer weiteren Abrissaktion im Schnellverfahren Vorschub leisten wird.

Wir bitten Sie, sich mit Nachdruck für eine Bestandssicherung und einen Erhalt des Dreikönigshauses sowie einen Abbruchstopp der Schwarzwaldstr. 31 einzusetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Gabi Dierdorf    und     Joachim Scheck
Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild e.V.