Die Grundsteuer wird in Freiburg enorm steigen

Pressemitteilung vom 15.12.2020

Die Grundsteuer wird in Freiburg enorm steigen
Familienhäuser und Mietkosten werden davon besonders stark betroffen sein.

Die Wählervereinigung Freiburg Lebenswert (FL) kritisiert das vom Landeskabinett verabschiedete Gesetz zur Neuregelung der Grundsteuer und fordert Stadtverwaltung und Gemeinderat auf, den Hebesatz erheblich zu senken. Gerade in Boom-Städten wie Freiburg mit hohen Bodenrichtwerten, würde es sonst zu Vervielfachungen der Grundsteuer kommen. Das wird besonders Bewohner von Einfamilien- oder Reihenhäusern mit Garten sowie über die Mietnebenkosten auch alle Mieter in Freiburg hart treffen.

Kurz zur Vorgeschichte: Nachdem das Bundesverfassungsgericht eine Neuregelung für die Erhebung der Grundsteuer gefordert hatte wurde auf Bundesebene Ende 2019 ein Grundsteuerreformgesetz verabschiedet. Bestandteil des Gesetzespakets war auch eine Änderung des Grundgesetzes, die es erlaubte, dass die Länder von der Bundesregelung abweichen konnten. Dies ist nun in Baden-Württemberg (BW) Anfang Oktober geschehen: das Gesetz zur Neuregelung der Grundsteuer wurde verabschiedet. Als nächsten Schritt müssen die Gemeinden – genauer gesagt: die jeweiligen Gemeinderäte – die dafür notwendigen Hebesätze neu festlegen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz hatte die Gemeinden aufgefordert, den Hebesatz so festzulegen, dass es zu keinen erheblichen Erhöhungen der Grundsteuer kommen wird. Die neue Grundsteuer wird dann ab 2025 erhoben.

Wesentlicher Bestandteil der „modifizierten Bodenwertgrundsteuer“ in BW ist der sog. „Bodenwert“, also der Wert des Grund und Bodens, der unabhängig davon festgelegt wird, ob er bebaut ist und wieviel Wohneinheiten gegebenenfalls darauf stehen. In so begehrten Städten mit hohen Bodenrichtwerten, wie Freiburg, wird es (trotz Abschlägen) deshalb zu gewaltigen Steigerungen der jährlich erhobenen Grundsteuer kommen.

Die Bodenrichtwerte der einzelnen Quartiere in Freiburg findet man auf dem offiziellen Stadtplan der Stadt (hier: 2019)

Vor allem Eigentümer und Bewohner von Einfamilien- und Reihenhäusern – also vor allem Familien, die in einem Haus oder einer Haushälfte mit Garten in der Stadt oder in deren Speckgürtel leben – zählen zu den großen Verlierern dieser Reform. Ihre Grundsteuer wird (trotz 30%-Abschlag, den das Gesetz für Wohngebäude vorsieht sowie zusätzlich 25% für Genossenschaften bzw. 10% für Denkmalschutz) enorm steigen.

Eine Beispielrechnung für ein Musterhaus in Freiburg macht das deutlich:

Grundstückseigentümer XY hat ein Einfamilien-Reihenhaus auf einem 400 Quadratmeter großen Grundstück im Freiburger Stadtteil Mooswald. Der Bodenrichtwert beträgt (für das Jahr 2019) in diesem Stadtteil 980 Euro pro Quadratmeter. Der neue Steuermessbetrag liegt laut Gesetz bei 1,3 ‰. Für Wohnbebauung erfolgt ein Abschlag von 30%, was einen Steuermessbetrag von 0,91 ‰ ergibt. Der Hebesatz der Gemeinde liegt in Freiburg derzeit bei 600%.

Danach würde (nach dem Beispiel des Finanzministeriums BW) wie folgt gerechnet werden:

Grundsteuerwert:            400 qm x 980 €/qm = 392.000 €
Steuermessbetrag:          1,3 ‰ – 30 %-Abschlag (mit Wohngebäude) = 0,91 ‰
Steuermesszahl:               392.000 € x 0,91 ‰ = 356,72 €
Grundsteuer:                     356,72 € x 600 % = 2.140,32 €

XY müsste somit für sein Einfamilienhaus in Freiburg 2.149,32 Euro pro Jahr Grundsteuer bezahlen. Vorher hat er (je nach Berechnung des alten Einheitswerts) 230 Euro Grundsteuer pro Jahr gezahlt.

Das hieße im Ergebnis für dieses Beispiel: Die neue Grundsteuer würde (sofern der Hebesatz unverändert bleibt) 9,3-mal höher liegen, als bisher!!

Liegt der Bodenrichtwert z.B. bei 1.750 € / qm (wie z.B. in einem großen Bereich der Oberwiehre), dann würde die neue Grundsteuer für dieses Musterhaus jährlich bei 3.822 € und mehr als 16-mal höher liegen! Oder wenn der Richtwert z.B. bei 1.200 € / qm liegt (wie z.B. im zentralen Bereich des Rieselfelds), dann würde die Grundsteuer für das im Beispiel genannte Grundstück bei 2.620,80 € und – bei unverändertem Hebesatz – mehr als 11-mal höher liegen als bisher.

Da die Grundsteuer gesetzlich in vollem Umfang auf die Nebenkosten umgelegt werden kann, werden sich die Warm-Mieten ebenfalls enorm erhöhen! Und: Da vorgesehen ist, alle sieben Jahre eine Neubewertung der Grundstücke vorzunehmen, wird es (v. a. in Boom-Städten wie Freiburg, in der die Immobilienpreise stark steigen) zu regelmäßigen Steuererhöhungen kommen. In Freiburg, wo auch die Mietkosten jetzt schon sehr hoch sind, werden diese ebenso zusätzlich und regelmäßig steigen.

„Selbstgenutzte Einfamilienhäuser uns Reihenhäuser mit Garten sowie die Mietkosten werden besonders stark von der enormen Steigerung der Grundsteuer betroffen sein.“

Bereits im September hat der Verein Haus und Grund beklagt, dass Freiburg bei der kommunalen Steuer im Vergleich weit vorne liege. Die Stadtverwaltung entgegnete darauf: „Da noch nicht klar ist, wie die Reform der Grundsteuer aussehen wird, könne die Verwaltung auch noch nicht absehen, wie sie darauf reagieren werde“ (vgl. BZ vom 26.09.2019). Nun ist klar, dass BW sich für ein Modell entschieden hat, das sich vor allem an den Bodenrichtwerten orientiert. Deshalb liegt es nun an der Gemeinde, über den Hebesatz eine überproportionale Anhebung der Grundsteuer zu verhindern.

Auch der Bund der Steuerzahler, der den Werdegang des Gesetzes im Bund, genauso wie in BW, von Anfang an sehr kritisch begleitet hat, sieht sich in seinen Befürchtungen bestätigt und fordert dringend Nachbesserungen, da sonst Musterklagen zur verfassungsrechtlichen Prüfung vor den Gerichten drohen. In einem Gutachten hat der Verfassungsrechtler Prof. Gregor Kirchhof bereits festgestellt, dass das vorgelegte Gesetz in mehreren Punkten „elementare verfassungsrechtliche Grundsätze verletzt“ (z.B. den Gleichheitsgrundsatz bei der Bewertung der Grundstücke, da zu wenig Differenzierung; der Belastungsgrund der Grundstücke spielt im Gesetz keine Rolle; eine Überprüfbarkeit durch Wertgutachten ist nicht möglich).

Eine Vervielfachung der neuen Grundsteuerbeträge ab 2025 gegenüber den bisherigen Werten widerspricht auch den Aussagen der Bundes- und Landesregierung, dass die Grundsteuerbelastung mehr oder weniger gleich bleiben und jedenfalls nicht überproportional steigen soll. Dies ist bei einem mehr als zehnmal höheren zu zahlenden Grundsteuerbetrag aber sicher nicht der Fall.

Freiburg Lebenswert fordert deshalb von der Stadt bzw. im Gemeinderat:

Um die Grundsteuer (und damit auch die Mietnebenkosten) nicht enorm weiter zu steigern, muss der Gemeinde-Hebesatz in Freiburg erheblich gesenkt werden! Außerdem muss sich die Stadt bei der Landesregierung dafür einsetzen, das Gesetz dringend noch einmal nachzubessern, damit durch die neue Grundsteuer vor allem Familien und Mieter nicht noch weiter überproportional belastet werden.

Freiburg Lebenswert e.V.
Pressesprecher: Michael Managò
E-Mail: presse@freiburg-lebenswert.de

Quellen-Hinweise:

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