DENKMALSCHUTZ

Warum Denkmalschutz?

Der Denkmalschutz ist  eine besondere Art des Umganges mit unserer Geschichte. Denkmale sind „footprints“ der Menschheit und Zeugnisse ihrer kulturellen LeistungsfĂ€higkeit. Sie sind identitĂ€tsstiftend und Ausdruck der Epoche, in der sie entstanden, und geben regelmĂ€ĂŸig den Zustand der intellektuellen und handwerklichen FĂ€higkeiten, aber ebenso den der GefĂŒhlswelt wieder. In ihnen widerspiegelt sich der Zustand  von Stammesgemeinschaften, aber auch von Völkern. Baugeschichte und Denkmale sind zugleich auch immer Ausdruck des „LebensgefĂŒhls“ und des „Zeitgeistes“. Sie reprĂ€sentieren die Geschichte eines Landes und einer Stadt.

Denkmalschutz ist deshalb eine Angelegenheit von außerordentlicher Bedeutung und immer auch von öffentlichem Interesse. Denkmalschutz bedarf des Herzens und des Verstandes! Und er ist eine sehr wichtige und verantwortungsvolle Angelegenheit, die nach einer dauerhaften FĂŒrsprache verlangt!

Die Assyrer bauten nahezu alle GebĂ€ude mit Lehmziegeln und Holz als Deckentragwerke, die alten Ägypter zunĂ€chst ebenso, spĂ€ter dann aus Stein, wie wir noch heute an den Pyramiden ablesen können. Die Griechen (gerade auch in Vorderasien. Hierzu zĂ€hlt auch der berĂŒhmte „Tunnel des Eupalinos“, der im 6. Jahrhundert v.Chr. die Wasserversorgung der griechischen Stadt Samos sicherstellte. Eine unglaubliche Ingenieurleistung) und Römer waren wahre Baumeister, wobei die Römer in spĂ€terer Zeit den Mauerziegel als Basismaterial nahmen. Gott sei Dank kannten sie noch keinen Beton im heutigen Sinne, sonst hĂ€tten wir keinerlei Baudenkmale aus der Zeit!

Nach dem Denkmalschutzgesetz Baden-WĂŒrttemberg ist es die Aufgabe des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, Kulturdenkmale zu schĂŒtzen und zu pflegen. Dazu gehört auch, den Zustand der Kulturdenkmale zu ĂŒberwachen und Gefahren fĂŒr ihren Bestand abzuwehren. Die Beseitigung oder VerĂ€nderung von Kulturdenkmalen steht deshalb ausdrĂŒcklich unter einem denkmalrechtlichen Genehmigungsvorbehalt.

Was ein Denkmal ist, wird im „Gesetz zum Schutz der Kultur-denkmale (Denkmalschutzgesetz – DSchG) in der Fassung vom 6. Dezember 1983 (zuletzt geĂ€ndert durch Gesetz zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes Vom 9. Dezember 2014) legal definiert.
Das Denkmalschutzgesetz Baden-WĂŒrttemberg unterscheidet zwischen so genannten einfachen Kulturdenkmalen nach § 2 DSchG, die in Listen erfasst werden, und zwischen Kulturdenkmalen von besonderer Bedeutung nach § 12 DSchG, die im Denkmalbuch eingetragen werden. Die Feststellung der Denkmaleigenschaft erfolgt nach den drei Kriterien wissenschaftlich, kĂŒnstlerisch und heimatgeschichtlich bedeutsam. Eine Besonderheit des Denkmalschutzgesetzes Baden- WĂŒrttemberg ist das deklaratorische Prinzip, das heißt, ein GebĂ€ude kann, auch wenn es nicht in der Liste erfasst ist, ein Denkmal sein.

Unter Denkmalschutz: Die Gartenstadt in Freiburg Haslach.

Der Denkmalschutz betrifft einzelne GebĂ€ude ebenso wie ganze Ensemble oder gar Stadtteile mit ihrem historischen Erscheinungsbild. Denkmalpflege ist kein einfaches GeschĂ€ft, sie verlangt einerseits  viel EinfĂŒhlungsvermögen, andererseits zielorientiertes Handeln: nĂ€mlich was soll bewirkt werden? Und sie sollte immer neben dem öffentlichen Interesse auch das Interesse des Nutzers in ausreichendem Maße berĂŒcksichtigen. So wurde beispielsweise in der NĂ€he von Rottweil ein unter Denkmalschutz stehender Schafstall in enger Zusammenarbeit von Denkmalamt, Baurechtsbehörde und Nutzer so umgebaut, dass er nach Umbau sogar AufenthaltsrĂ€ume fĂŒr behinderte Jugendliche ermöglichte. Ähnliches geschah mit einem Bauvorhaben der Staatsanwaltschaft in der Freiburger Kaiser-Joseph-Straße. Aus denkmalschutzrechtlichen GrĂŒnden sollte die Fassade zur Straße hin dreigeschossig erhalten bleiben, zugleich aber das erweiterte Raumprogramm der Staatsanwaltschaft möglich gemacht werden: Ergebnis hinter der dreigeschossigen Fassade befindet sich im hinteren Teil ein fĂŒnfgeschossiges GebĂ€ude. Auch dies war nur möglich ĂŒber eine enge, zielorientierte Zusammenarbeit aller Beteiligter.

Nun gibt es auch im Denkmalschutz Denkrichtungen. Zum einen die sehr dogmatische der Erhaltung und wenn es denn eine Ruine wird, dann die pragmatischere, die nach Sinn und Zweck einer Regelung fragt, und dann die von vielen DenkmalschĂŒtzern Ă€ußerst kritisch beĂ€ugte Zunft der Rekonstruktion dem Zerfall anheim gegebener Denkmale.

Die Ruine des Heidelberger Schlosses gehört zur ersten Sorte (dogmatisch), die Umnutzung des Schafstalles in Rottweil mit im inneren erforderlichen Umbauten zur zweiten Sorte(pragmatisch) und die Rekonstrukteure der Semperoper in Dresden zur Dritten (Rekonstruktion mit Originalbaustoffen). Hier kann man auch den Wiederaufbau des Teatro La Fenice (Venedig), das nach der Brandstiftung von 1996 wieder weitgehend originalgetreu  errichtet wurde! ErgĂ€nzend dazu sei auf die von Polen mit unglaublich handwerklichem Geschick und Herzensblut rekonstruierte frĂŒheren deutsche StĂ€dte, aber auch Warschaus hingewiesen. In Freiburg könnte man auch an die Konvikt- und Herrenstraße denken, derentwegen wohl viel Touristen die Stadt so schön finden.
Deshalb: der Denkmalschutz hat viele Facetten, die auch von der gerade herrschenden Meinung abhÀngen.

 

Konservieren statt Rekonstruieren – so heute das Landesamt fĂŒr Denkmalpflege – um 1900 wurde der Streit um den Wiederaufbau des Heidelberger Schlosses, eines der bekanntesten Kulturdenkmale Baden-WĂŒrttembergs, zum markanten Wendepunkt in der Denkmalpflege. Die vornehmlich einem gefĂ€lligen Äußeren verpflichtete schöpferische Denkmalpflege des 19. Jahrhunderts wich dem modernen konservatorischen Auftrag: Substanz erhalten – Erscheinungsbild bewahren. Dieses neue Leitbild der Denkmalpflege gilt bis heute.

Vielleicht sollte man aber doch die alten Überlegungen, nĂ€mlich eine  vornehmlich einem gefĂ€lligen Äußeren verpflichtete schöpferische Denkmalpflege (des 19. Jahrhunderts), nicht ganz aus den Augen und den Sinn verlieren. Sie könnten in vielen FĂ€llen eine hilfreiche BrĂŒcke darstellen. Und BrĂŒcken verbinden!

Die rechtlichen Rahmenbedingungen:

Denkmalschutz ist eine besondere Art der Geschichtswahrung. NĂ€mlich der Baugeschichte. Interessanterweise zĂ€hlt die Baugeschichte  seit Beginn der Architektenausbildung an den Technischen UniversitĂ€ten zu deren GrĂŒndungsfĂ€chern in Deutschland. Baugeschichte ist die Geschichte des Siedlungs- und StĂ€dtebaus ebenso wie die Geschichte von Bauwerken aller Art: des Hochbaus ebenso wie des Tiefbaus, aber auch der Infrastruktur wie beispielsweise Straßenbau, Versorgungsleitungen im Bereich des Wasserbaus, was zu allen Zeiten eine große Kunst war und ist.

Der moderne Denkmalschutz dient sowohl dem Schutz von Kultur- als auch Naturdenkmalen und ist in den Denkmalschutzgesetzen der LĂ€nder geregelt, die in Deutschland fĂŒr die Kulturhoheit zustĂ€ndig sind. In Artikel 14 Grundgesetz (GG)wird das Recht auf Eigentum gewĂ€hrleitet, es wird aber durch das Denkmalschutz-gesetz eingeschrĂ€nkt. Dies hat besondere Folgen.

In Baden-WĂŒrttemberg gilt das Gesetz zum Schutz der Kulturdenkmale (Denkmalschutzgesetz – DSchG) in der Fassung vom 6. Dezember 1983, geĂ€ndert durch Gesetz vom 9. Dezember 2014 (GBl. S. 686).

Danach sind Kulturdenkmale im Sinne dieses Gesetzes Sachen, Sachgesamtheiten und Teile von Sachen, an deren Erhaltung aus wissenschaftlichen, kĂŒnstlerischen oder heimatgeschichtlichen GrĂŒnden ein öffentliches Interesse besteht. Zu einem Kulturdenkmal gehört auch das Zubehör, soweit es mit der Hauptsache eine Einheit von Denkmalwert bildet.  Gegenstand des Denkmalschutzes sind auch die Umgebung eines Kulturdenkmals, soweit sie fĂŒr dessen Erscheinungsbild von erheblicher Bedeutung ist, sowie Gesamtanlagen.

Das Kulturdenkmal „Reinhold-Schneider-Haus“ in der Mercystraße im Stadtteil Wiehre. GefĂ€hrdet durch einen modernen, kastenförmigen Anbau und zwei geplante Neubaten in dem – ebenfalls  ausdrĂŒcklich denkmalgeschĂŒtzten – Park hinter dem Haus.

 

ZustĂ€ndig sind die Denkmalschutzbehörden, die in Baden-WĂŒrttemberg einen dreigliedrigen Aufbau haben:

Denkmalschutzbehörden sind

1. das Finanz- und Wirtschaftsministerium als oberste Denkmalschutzbehörde,

2. die RegierungsprÀsidien als höhere Denkmalschutzbehörden (RegierungsprÀsidium Freiburg Abteilung 2 , Referat 21: Raumordnung, Baurecht, Denkmalschutz),

3. die unteren Baurechtsbehörden als untere Denkmalschutzbehörden,

4. das Landesamt fĂŒr Denkmalpflege (Das Landesamt fĂŒr Denkmalpflege im RegierungsprĂ€sidium Stuttgart ist zustĂ€ndige Behörde fĂŒr die fachliche Denkmalspflege),

5. das Landesarchiv als Landesoberbehörde fĂŒr den Denkmalschutz im Archivwesen.

ErgÀnzend dazu gibt es noch einen Denkmalrat, der bei der obersten Denkmalschutzbehörde angesiedelt ist. Er kann aus bis zu 40 Personen bestehen.

Der Begriff „Kulturdenkmal“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Was ein Kulturdenkmal ist entscheidet sich jeweils im Einzelfall. Die fachliche Beurteilung obliegt dem Landesamt fĂŒr Denkmalpflege, das beim RegierungsprĂ€sidium Stuttgart angesiedelt ist (Abteilung 8 – Landesamt fĂŒr Denkmalpflege; Dort ist das  Referat 83  innerhalb der Abteilung 8 zustĂ€ndig fĂŒr den konservatorischen Umgang mit Bau- und Kunstdenkmalen. Damit ist es Ansprechpartner fĂŒr alle grundsĂ€tzlichen Fragen zur Bau- / Kunstdenkmalpflege in Baden-WĂŒrttemberg).

Es kĂŒmmert sich insbesondere um Kulturdenkmale von ĂŒberregionaler und nationaler Bedeutung sowie um WelterbestĂ€tten im Land. DarĂŒber hinaus berĂ€t es auch in allen anderen FĂ€llen von besonderer Bedeutung. Besonders spezialisierte MitarbeiterInnen stehen in drei Fachbereichen zur VerfĂŒgung.  Das DenkmalverstĂ€ndnis – so das Landesamt –  schließt heute in zunehmender Differenzierung die gesamte FĂŒlle vielfĂ€ltigster historischer Hinterlassenschaften mit ein. Dies betrifft gleichermaßen archĂ€ologische Bodenzeugnisse wie Bau- und Kunstdenkmale. Heute gilt ein breit gefĂ€cherter Denkmalbegriff, der von prĂ€historischen Zeugnissen bis zu den modernen Beispielen der Architektur sowie der Technik- und Industriegeschichte reicht.

Über die Denkmaleigenschaft einer baulichen Anlage entscheidet die zustĂ€ndige untere Denkmalschutzbehörde nach Anhörung des Landesamtes fĂŒr Denkmalschutz. Will die untere Denkmalschutz-behörde von der Äußerung des Landesamtes fĂŒr Denkmalpflege abweichen, so hat sie dies der höheren Denkmalschutzbehörde unter Angabe von GrĂŒnden  mitzuteilen. So kann es beispielsweise sein, dass die untere Denkmalschutzbehörde die Denkmaleigenschaft bejahen will, das Landesamt hingegen nicht. Die höhere Denkmalschutzbehörde prĂŒft innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Schreibens der unteren Denkmalschutzbehörde, ob sie von ihrem Fachaufsichtsrecht Gebrauch macht oder nicht und benachrichtigt davon die untere Denkmalschutzbehörde. Die Entscheidung der höheren Denkmalschutzbehörde erfolgt im Benehmen mit dem Landesamt fĂŒr Denkmalpflege. Weitere Einzelheiten sind in der „Verwaltungsvorschrift des Finanz-und Wirtschaftsministeriums fĂŒr das Verfahren zum Vollzug des Denkmalschutzgesetzes fĂŒr Baden-WĂŒrttemberg (VwVVollzug DSchG) Vom22. Dezember20l4-Az.: 6-2550.0-1/6- (GABl.vom 28. Januar 2015) enthalten.

Neben den „normalen Denkmalen“ gibt es noch Kulturdenkmale von besonderer Bedeutung. Kulturdenkmale von besonderer Bedeutung genießen zusĂ€tzlichen Schutz durch Eintragung in das Denkmalbuch (§12 DSchG).

 

Unterliegt ein GebĂ€ude dem Denkmalschutz, dann sind bei baulichen Änderungen an solchen GebĂ€uden neben den baurechtlichen auch die Vorschriften des Denkmalrechtes zu beachten. Neben einer baurechtlichen benötigt man regelmĂ€ĂŸig ebenfalls eine denkmalschutzrechtlich Genehmigung, wobei es sein kann, dass die denkmalschutzrechtliche Bestandteil der baurechtlichen sein kann.

ErhĂ€lt ein GebĂ€ude aufgrund der Entscheidung der unteren Denkmalschutzbehörde die Eigenschaft eines Denkmals, so bedeutet dies regelmĂ€ĂŸig einen enteignungsgleichen Eingriff in das Eigentum. Aus diesem Grund genießen solche GebĂ€ude steuerliche Vorteile ebenso wie mögliche ZuschĂŒsse zum Erhalt der baulichen Anlagen. Einzelheiten dazu in der „Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums fĂŒr die GewĂ€hrung von Zuwendungen zur Erhaltung und Pflege von Kulturdenkmalen(VwV-Denkmalförderung)Vom 28. November 2019 – Az.: 5-2552.1/9“. Danach gewĂ€hrt das Land auf Grund des § 6 des Denkmalschutzgesetzes (DSchG) nach Maßgabe dieser Verwaltungsvorschrift, der §§ 23 und 44 Landeshaushaltsordnung (LHO) sowie der Vorschriften hierzu (VV-LHO) und der maßgeblichen Bestimmungen des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes (LVwVfG) Zuwendungen zu Maßnahmen, die der Erhaltung und Pflege von Kulturdenkmalen dienen. Eine Zuwendung kann auf Antrag erhalten der EigentĂŒmer, Besitzer oder sonstige Bauunterhaltungspflichtige eines Kulturdenkmals.

Dr. Dieter Kroll / 12. 05. 2020