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Stadt plant Bebauungsplan für die Wiehre

Weiteres Bauvorhaben zwingt Stadt zum Handeln – besser spät als nie

Und plötzlich ging es doch. Nach jahrelangem Bitten und Flehen seitens Bürgerverein und auch Freiburg Lebenswert, endlich für die Wiehre einen Bebauungsplan aufzustellen, soll dieser nun endlich Realität werden. Auslöser war ein weiteres Bauvorhaben, welches das Fass zum Überlaufen brachte. So plant ein Bauherr, in zweiter Reihe der Konradstraße auf dem großen parkartigen Gelände zwischen Konrad- und Basler Straße ein dreigeschossiges Haus mit zwei Wohnungen zu errichten. Eine Bauvoranfrage wurde Anfang 2022 abgelehnt. Doch der Bauherr klagte und bekam Recht. Leider mit Ansage, denn ohne Bebauungsplan werden Bauvorhaben nach § 34 BauGB behandelt und dieser Paragraf schafft nun mal wenig Möglichkeiten, eine solche Bebauung zu verhindern.

Hinter diesem Haus soll in parkartiger Umgebung gebaut werden

Warnendes Menetekel war ein 2021 realisiertes Bauvorhaben ganz in der Nähe in der Kronenstraße. Dieser höchst unattraktive Bau zerstört voll und ganz die Harmonie in dem historischen Gründerzeitviertel. Zwar hatte die Stadt immer wieder betont, sie wolle die großen Wiehre-Gärten nicht derartigen Bauvorhaben opfern. Leider hatte sie selbstverschuldet immer wieder das Nachsehen, weil eben gerade diese notwendige rechtliche Handhabe über Jahre verschleppt wurde.

Nachverdichtung in der Kronenstraße. Schlimmer geht es nicht

Mit einer Bauleitplanung sollen Abriss, Neubau und Nachverdichtung sinnvoller gesteuert werden als bisher. Außerdem hofft die Verwaltung, durch den Bebauungsplan das Projekt in der Konradstraße eben doch noch verhindern zu können. Das Vorhaben der Stadt ist zu begrüßen, denn so konnte es in der Wiehre nicht weitergehen: Von Juli 2017 bis Juli 2018 fielen fünf historische Gebäude, allesamt nicht denkmalgeschützt, aber schützenswert, der Abrissbirne zum Opfer. Die Neubauten stehen allesamt als unpassende Fremdkörper in der gewachsenen Stadtlandschaft. Neben der völlig inakzeptablen Nachverdichtung in der Kronenstraße ist auch die Nachverdichtung in der Sternwaldstraße ein grandioses Negativbeispiel.

In beiden Fällen kam erschwerend hinzu, dass alter Baumbestand für die Neubauten weichen musste. Bäume, die bei dramatischen Artenschwund für die Biodiversität von großer Bedeutung sind und vor allem bei sich immer weiter aufheizenden Städte als natürliche Klimaanlagen fungieren. Demgemäß war nicht einmal der Städtebau, sondern eben der Klimawandel Hauptauslöser für den Bebauungsplan. Der alte Baumbestand in der Wiehre sei „klimarelevant“, so Stadtplanungsamtsleiter Roland Jerusalem.

Unpassender Bau in der Sternwaldstraße, sämtliche alte Bäume wurden vernichtet

Aufgrund der Dringlichkeit soll zunächst der Bebauungsplan „Unterwiehre-Nord“ erstellt werden. Die Stadtverwaltung plant jedoch, „auch an anderen vergleichbaren Standorten im Stadtgebiet“ zugunsten von Frischluft und Artenvielfalt Bebauungspläne aufzustellen. Eine weise Einsicht. Denn Artensterben und Klimawandel sind in allen Stadtgebieten spürbar. Auch in Kleineschholz oder im Metzgergrün…

Fotos: K. U. Müller, P. Vogt

Siehe auch: Kommentar in der Badischen Zeitung vom 23.5.2023




Investor fällt letzten Baum bei Bauprojekt in der Sternwaldstraße

Investor hält sich nicht an Auflagen der Baugenehmigung – GuT war informiert

Anwohner aus der Sternwaldstraße haben uns berichtet, dass der Investor bei seinem umstrittenen Bauprojekt Sternwaldstraße 7/9 am Freitag, den 12.5.2023 den letzten verbliebenen Baum ebenfalls gefällt hat. Um das Bauprojekt zu realisieren, hatte der Investor bereits 2021 eine Vielzahl alter Bäume auf dem Grundstück entfernen lassen.

Wird wie im vorliegenden Fall im ungeplanten Innenbereich gebaut, kann auch eine Baumschutzsatzung eine Fällung nicht verhindern, wenn ein Eigentümer oder ein sonstiger Berechtigter aufgrund bauplanungsrechtlicher Vorschriften die Fläche, auf der sich ein Baum befindet, überbauen darf (§ 6 Abs. 2 Nr. 2 der Satzung). Bedauerlicherweise lag dieser Sachverhalt bei den bereits gefällten Bäumen vor. Der Baum, der nun gefällt wurde, war jedoch von dieser Ausnahmeregel nicht betroffen. So durften auch laut Schreiben vom Garten- und Tiefbauamt vom 11.01.2021 (Az. 20-746 – Bestandteil der Baugenehmigung Baurechtsamt Az. 03762-20) die verbliebenen Bäume durch die Bautätigkeit nicht in Ihrem Bestand beeinträchtigt werden, insbesondere durften im Wurzelbereich keinerlei Verdichtungsmaßnahmen und Materiallagerungen vorgenommen werden.

Laut Investor seien die Bauarbeiter durch den Baum gefährdet gewesen, eine fadenscheinige Begründung, mit welcher der Investor die Fällung zurechtzutricksen versuchte. Auf Anfrage teilte das Garten- und Tiefbauamt (GuT) mit, der Bergahorn auf dem Grundstück sei bereits bei den Aushubarbeiten für den Neubau verbotswidrig am Wurzelwerk so stark beschädigt worden, dass ein Erhalt des Baumes aus Sicherheitsgründen nicht mehr möglich sei. Das GuT habe damit die Befreiung zur Fällung des aktuell noch bestehenden Baums von der Baumschutzsatzung erteilt (§ 6 Abs. 2 Nr. 5 der Satzung). Der Verstoß gegen die Auflagen in der Baugenehmigung sei mit einem Ordnungswidrigkeitenverfahren geahndet worden. Das Schlimme daran: Das GuT, von Anwohnern rechtzeitig informiert, dass der Baum nicht den Auflagen gemäß behandelt wurde, hielt ein Einschreiten nicht für nötig.

Was lief schief in der Sternwaldstraße? Alles. Ein Investor will im Innenhof eines gewachsenen Grundstücks zwei völlig unpassende Klötze errichten und zerstört damit nicht nur die bauliche Harmonie dieser schönen Gegend in der Oberwiehre, sondern auch die Natur, bestehend aus mehreren alten Bäumen. Eine Gesprächsbereitschaft bestand seitens des Investors zu keiner Zeit, weder mit der Stadt noch mit den Anwohnern, die nun wieder einmal mit dem Schlimmsten leben müssen. Dass bei den bereits erfolgten Fällungen auch Bäume und Sträucher auf dem Nachbargrundstück betroffen waren, setzt dem unrühmlichen Vorgang die Krone auf. Schließlich verstößt der Investor gegen die Auflagen, darf den letzten Baum fällen und kauft sich über ein Bußgeld frei. Und dann ist da noch das GuT, an welches sich die Anwohner gewandt haben in der Hoffnung, sich auf die Behörde verlassen zu können.

Mit einer Bauleitplanung ließe sich dieser bauliche Wildwuchs verhindern. Gemäß § 1 a BauGB könnten auch Belange des Umweltschutzes besser berücksichtigt werden. Eine solche Bauleitplanung, sei es durch Bebauungspläne oder durch Satzungen, wird seit Jahren für die Wiehre von den Bürgervereinen gefordert. Die längst verabschiedeten Erhaltungs- und Gestaltungssatzungen werden verschleppt. Inakzeptable Nachverdichtungen wie in der Sternwald- oder auch in der Kronenstraße sind die Folge.

Es wird Zeit, dass die Stadt ihrer Verantwortung nachkommt und für solch gewachsene Quartiere endlich die rechtlichen Rahmenbedingungen schafft, um derart uneinsichtige und unkooperative Bauträger in die Schranken zu weisen.

Der Baum ist gefällt. Dass sich der Betonbau nicht in die Umgebung einfügt, ist unschwer zu erkennen
Das Areal Sternwaldstraße vor den Baumfällungen

Fotos: P. Vogt




FL im Gespräch am 13.5.2023

Am Samstag, den 13.5.2023 um 11:00 Uhr treffen wir uns zu einem Rundgang durch die Mittel- und Unterwiehre. Wir wollen uns dabei die baulichen Entwicklungen im Stadtteil der letzten Jahre anschauen.

Treffpunkt ist am neuen Wiehrebahnhof.

Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Alle Interessierte sind herzlich willkommen. Bitte gerne auch an andere weitergeben.

Bitte beachten Sie: Bei extrem schlechter Wetterlage müssten wir die Veranstaltung kurzfristig verschieben. Schauen Sie daher immer wieder hier oder auf unserem Instagram-Kanal vorbei.




Stolberger Zink

Dem wiederholten Vorschlag die Altlastenfläche in Kappels Ortsteil Neuhäuser für die Nutzung von Wohnbau „herzurichten“, diesmal gefordert von Grünen, SPD/Kult, ESFA, CDU und Freien Wählern (BZ vom 17.4.2023), widerspricht Freiburg Lebenswert.

Auf dieser Altlastenfläche lagern rund 65.000 m³ schwermetall-belastete Erde und Schlamm aus dem Bergbau. Bei Nutzung dieser Fläche für Wohnungsbau muss dieses belastete Material zu irgendeiner, mit Sicherheit weit entfernten Deponie verbracht werden. Da Deponieraum rar ist, kann man mit horrenden Kosten an Deponiegebühren rechnen. Weiter muss das Gelände zu etwa 70 % wieder aufgefüllt werden. Macht rund 45.000 m³. Zusammen also rund 110.000 m³, die weg bzw. zu gefahren werden müssen. Unter der Annahme, dass dabei große 4-Achs-Kipplastwagen mit einer Nutzlast von 19 Tonnen und einem Nutzvolumen von 12 m³ zum Einsatz kommen, sind das weit über 9.000 Fahrten von vermutlich dieselbetriebenen LKW. Transportkosten und CO2-Ausstoß der Diesellaster dürfen somit ebenfalls als horrend angenommen werden.

Letzter Stand von 2014 ist, dass die Anzahl der Wohnungen auf dem Altlastengelände gegen den Protest des Bürgervereins Neuhäuser von 80 auf 150 erhöht werden sollte. Bei 9.000 Fahrten kommen auf jede der 150 Wohnungen 60 LKW-Fahrten für Aushub bzw. Auffüllmaterial. 60 Fahrten pro Wohnung! Und bis zu diesem Zeitpunkt ist noch keine einzige Wohnung gebaut. Für deren Bau kommen ja noch weitere LKW-Fahrten hinzu. Wie sollen unter diesen Randbedingungen zu wirtschaftlich seriösen Bedingungen Wohnungen gebaut werden können? „Bezahlbar“ werden sie auf keinen Fall sein!

Geologen und Chemiker raten in aller Regel davon ab, schwermetallhaltige Erzabraumhalden zu öffnen, da dadurch die Schwermetalle oft erst mobilisiert würden. Sie empfehlen eher, die Inertisierung der Schwermetalle zu festen chemischen Verbindungen wie Oxiden, Carbonaten etc. oder zu organischen und anorganischen Komplexen der Natur zu überlassen. Nebenbei bemerkt nahm die Schwermetallbelastung der deutschen Gewässer, aus denen oft Trink- und Brauchwasser als Uferfiltrat gewonnen wird, seit den 1970er Jahren rapide ab, stellt also für die Trinkwasseraufbereitung kein großes Problem mehr dar.

Der HPC-Gutachter wies damals daraufhin, dass er während der Sanierung keine Möglichkeit sieht, die Lärm-Grenzwerte für das dortige reine Wohngebiet einzuhalten. Da diese Werte bindend seien und der Stadt daher kein Ermessen zustünde, könnten klagebereite Anwohner die Sanierung behindern und zumindest hinauszögern. Dazu komme, dass bei einer Stilllegung der Baustelle aufgrund von Klagen die Anwohner den giftigen Stäuben der dann offenen Sanierungsfläche ausgesetzt wären.

Fazit von Stadtrat Wolf-Dieter Winkler: „Ein solcher Aufwand für 150 Wohnungen ist nicht finanzierbar und damit nicht vermittelbar. Am besten überlässt man daher diese Abraumhalde sich selbst, entfernt den eingetragenen Wohlstandsmüll, kontrolliert die Abflüsse gelegentlich auf Schwermetallbelastung und wertet die Fläche einfach zu einem Biotop auf.“

Pressemitteilung FL vom 21.4.2023, Autor: Dr. Wolf-Dieter Winkler. Siehe auch unseren Beitrag im Amtsblatt vom 29.4.2023, Seite 3.




Anfrage zur Gärtnerei Hügin

Zur Gärtnerei Hügin hat Stadtrat Dr. Wolf-Dieter Winkler (FL) am 17.4.2023 folgende Anfrage (nach § 24 Abs. 4 GemO zu Sachthemen außerhalb von Sitzungen) an OB Martin Horn gerichtet:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

mit Datum 21. November 2022 hatte ich Ihnen eine Anfrage zur Zukunft des Areals der Gärtnerei Hügin geschickt. Die nicht erfolgte Beantwortung der Fragen ist nun zum Teil auch hinfällig geworden, da sich diese in erster Linie auf die Nutzung des Geländes für eine temporäre Flüchtlingsunterbringung bezogen. Ich möchte der Stadtverwaltung zunächst nachträglich dafür danken, dass für die Unterbringung von Flüchtlingen eine andere Lösung gefunden wurde. Dies hat allgemein zu großer Erleichterung bei der Gärtnerei-Initiative und ihren Sympathisanten geführt, darunter viele Zähringer Bürger.

Was Ihnen bisher nicht bekannt sein dürfte: Am 13.12.2022 trafen sich Vertreter der Gärtnerei-Initiative, der Ziegenwiese-Initiative und des TSV Alemannia Freiburg-Zähringen, um ihre Interessen gegenseitig vorzutragen und um auszuloten, ob es einen für alle Beteiligten akzeptablen Kompromiss bezüglich der Geländenutzung geben könnte. Zu diesem Treffen war ich als Stadtrat auch eingeladen. Tatsächlich ist es in sehr kurzer Zeit gelungen, eine für alle Seiten gute Lösung zu erarbeiten, für die man auf Zustimmung des Zähringer Bürgervereins, der Stadtverwaltung und des Gemeinderates hoffte.

Hier nun in Kürze der Vorschlag, der alle Interessen berücksichtigen würde und der nicht ganz mit dem übereinstimmt, was zum Jahreswechsel, am 31.12.2022, in der BZ geschrieben stand: Die Alemannia besitzt sieben Tennisplätze, zwei auf Alemannia-Nord und fünf auf -Süd. Für Tennis-Turniere sind sechs Plätze vorgeschrieben. Es würde also reichen, wenn einer der beiden Plätze nach A-Süd verlegt würde. Dies wäre möglich, wenn der dortige Sportplatz näher an die Zähringer Straße rücken würde. Dort ist momentan ein ungenutzter Grünstreifen. Anstelle der beiden Tennisplätze auf A-Nord könnte an dieser Stelle ein Multifunktionsplatz entstehen, der vom dortigen Flutlicht profitieren würde, das für die Tennisplätze nicht benötigt wird.

Anders als in der BZ geschrieben, würde so die Alemannia das Gärtnerei-Gelände nicht beanspruchen, sondern durch relativ kostengünstige Platz-Umwidmungen auf dem eigenen Gelände ihre Interessen gewahrt sehen. Durch den Wegfall des Sport-Geländes des S.V. Solvay Freiburg e.V. ist im Norden der Stadt mit der Alemannia nur noch ein Sportverein vorhanden. FL und ich halten daher ein finanzielles Entgegenkommen für die Platzumgestaltung der Alemannia mehr als angebracht. Zumal diese Umgestaltung einen Verzicht auf das Gelände der Gärtnerei möglich machen würde. Ich erinnere daran, dass erst vor wenigen Jahren die Umwidmung von A-Süd in Wohnbauflächen zur Diskussion stand. Es sollte daher möglich sein, auf die Fläche der Gärtnerei für den Sport zu verzichten, da A-Süd durch die Aufgabe der Wohnbau-Idee ja immer noch komplett für den Sport zur Verfügung steht.

Auch die aktuellen Pläne der Stadt, auf dem Gärtnereigelände einen „Sport- und Bewegungsgarten“ zu errichten, sind aus meiner Sicht nicht sinnvoll, da das Gelände mitsamt aller Infrastruktur und somit für alle anderen vielfältigen, grünen Nutzungen verloren wäre, ebenso dessen Biotopfunktion. Wenn es einen Bewegungspark braucht, dann kann dieser auch ohne Probleme beispielsweise auf der an das Gärtnereigelände östlich angrenzenden Wiese realisiert werden.

Auf dem Gärtnerei-Gelände kann, wie von der Initiative „Grüner Schatz für Freiburg“ vorgeschlagen, ein grünes Kulturzentrum entstehen. Die vorhandene gärtnerische Infrastruktur kann im Rahmen gemeinschaftlicher Gartenprojekte weiterbetrieben werden, die Gebäude können für mannigfaltige Kurse, Vorträge, kulturelle Veranstaltungen lokaler Gruppen primär rund um die Themen Umwelt-/Naturschutz/Gartenkultur/Klima und Energie genutzt werden und der Begegnung der Freiburger Bürger dienen. Zugleich kann so das über Jahrzehnte gewachsene Biotop erhalten bleiben und weiter gefördert werden. Biotope können nicht aus dem Nichts erschaffen werden, sie entstehen über lange Zeit, und sind deshalb nicht adäquat ersetzbar. Auch in Freiburg sind sie rar und erschweren der Stadt die Einhaltung ihrer Ziele im Hinblick u.a. auf die Förderung der Biodiversität.
Durch den Erhalt und die Umnutzung der Gebäude kann hier zudem ein positives Beispiel gesetzt werden für CO2-Einsparungen durch Nutzung von Bestandsgebäuden – Stichwort Graue Energie. Das Gärtnereigelände könnte übrigens z. B. auch als Ausgleichsfläche für unvermeidbare Baumaßnahmen dienen.

Hier nochmals die Argumentation der Gärtnerei-Initiative:

Die Initiative Grüner Schatz für Freiburg setzt sich ganz klar für den Erhalt des gesamten Geländes ein. Es gilt, dieses gewachsene Biotop mit Streuobstwiese, speziellen Pflanzengemeinschaften und seiner immensen Vielfalt an Fauna und Flora inklusive einer jahrzehntelangen unverdichteten Bodendiversität zu wahren und Raum zu geben.

Auf diesen fruchtbaren Böden muss mehr gedeihen:
– gemeinschaftlicher Anbau von Nahrungsmitteln
– körperliches, sinnstiftendes und erfülltes Arbeiten mit der Erde und den Pflanzen
– erlebbare Naturpädagogik für Klein und Groß
– eine wichtige neue Kultur- und Begegnungsstätte in Zähringen
– naturbezogene Kulturprojekte
– eine Migrationsküche
– ein Ort der Erholung für Körper und Seele – essentiell in unserer heutigen
Zeit.

Die Stadt ist durch den Klimawandel mehr denn je auf grüne Oasen in der Stadt angewiesen. Dies wäre mit dem Erhalt der Gärtnerei in die Tat umgesetzt. Ich weise in diesem Zusammenhang auch auf die interfraktionelle Stellungnahme vom 23.11.22 hin, in der der Wunsch einer Gemeinderatsmehrheit nach Erhalt des Gärtnereigeländes als grüne Oase klar zum Ausdruck kommt.

Daher hier nun meine Fragen:

1. Ist eine Umgestaltung der Alemannia-Flächen unter großer finanzieller Beteiligung der Stadt möglich?
2. Ist der Stadt angesichts des Klimawandels die Wichtigkeit einer grünen Oase wie dem Gärtnereigelände bewusst und ist sie bereit, diese im Sinne der Gärtnerei-Initiative zu erhalten?

Vielen Dank für die Beantwortung der beiden Fragen!

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolf-Dieter Winkler (Stadtrat)




Anfrage zur Kirchstrasse

Zur Kirchstraße hat Stadtrat Dr. Wolf-Dieter Winkler (FL) am 12.4.2023 folgende Anfrage (nach § 24 Abs. 4 GemO zu Sachthemen außerhalb von Sitzungen) an OB Martin Horn gerichtet:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

Anwohner der Kirchstraße sehen sich seit Jahren einer großen Geduldsprobe ausgesetzt. Die Straße ist seit 2017 Dauerbaustelle. Es begann 2017 mit dem bedauerlichen Abriss der ehemaligen Schreinerei Hügle. Diese Baumaßnahmen zogen sich mehr als zwei Jahre hin. Kaum war die Baustelle dort abgebaut, begannen Sanierungsmaßnahmen an Haus Nr. 3 und nach Beendigung dieser an Haus Nr. 5. Beide Baumaßnahmen zogen sich ebenfalls mehrere Jahre hin. Die Baustelle an Nummer 5 wurde nun vor kurzem geräumt. Die Hoffnung der Anwohner auf eine Straße frei von Behinderungen und ohne den Blick auf Baukräne währte nicht lange. Gleich nach Abbau der Baustelle an Nr. 5 wurde der Bereich an den Häusern Nr. 38 und 40 abgesperrt und ein Kran aufgestellt. Offensichtlich wird im hinteren Bereich angebaut. Sorge bereitet indessen der Altbau Nr. 15 direkt gegenüber. Dieser steht seit mehreren Monaten leer und so ist zu befürchten, dass nach Abschluss der Bauarbeiten an Nr. 38/40 die Baustelle lediglich die Straßenseite wechselt. Doch dies ist nicht alles: Auch im Bereich zwischen Konradstraße und Annaplatz gab es in den letzten Jahren ebenfalls etliche Baustellen.

Daher hier die folgenden Fragen und Anmerkungen der Anwohner:

1. Sind weitere Baumaßnahmen in der Kirchstraße geplant?
2. Was passiert mit dem Altbau Nr. 15? Dieser Bau ist in hohem Maße schützenswert, jedoch nicht denkmalgeschützt. Bleibt der Altbau in seinem Bestand erhalten?
3. Im Hinterhof im Bereich Nr. 42 bis 46 steht seit mehr als zwei Jahren offensichtlich ohne Funktion ein Kran. Dieser muss sich im Wind drehen können, was er auch tut. Tagsüber sieht dies bei entsprechender Wetterlage gefährlich aus, nachts wird das Geschepper zur Lärmbelästigung. Hat dieser Kran eine nachvollziehbare Funktion,
sodass er nach wie vor an dem Ort stehen bleiben muss?
4. Die Baustellen sind vor allem für Fußgänger eine hohe Belastung. Diese sehen sich gezwungen, ständig wegen der dicht parkenden Autos die Straßenseite zu wechseln. Erschwerend kommt hinzu, dass nach Einführung von Tempo 30 auf der Günterstalstraße die Kirchstraße vermehrt als Ausweichstrecke benutzt wird, was für eine erhebliche Zunahme des Verkehrs in der Straße gesorgt hat. Vor ein paar Jahren hat ein Anwohner die Initiative ergriffen und angefragt, ob die Straße zur verkehrsberuhigten Zone umgestaltet werden könne. Damals fand diese Initiative bei der Stadt keinen großen Anklang. Doch Zeiten und vor allem Verkehr ändern sich. Wäre aus heutiger Sichtweise diese Art der Verkehrsberuhigung denkbar?
5. Eine erhebliche Belastung sowohl in der Kirch- als auch in der Konradstraße sind parkende Wohnmobile, die teilweise über die zulässige Markierung (gemäß § 39 Abs. 5 StVO ein Verkehrszeichen) hinaus parken und offensichtlich in diesen engen Straßen nicht rechtmäßig parken können, von der Behinderung durch diese zu großen Fahrzeuge ganz abgesehen. Merkwürdigerweise haben viele Wohnmobile einen Anwohnerparkausweis. Wie kann etwas seitens der Stadt für teures Geld ausgegeben werden, was nur ordnungswidrig genutzt werden kann?
6. Die Ecke Kirchstraße/Konradstraße wird in der Regel durchgehend zugeparkt, was für alle Verkehrsteilnehmer eine große Behinderung darstellt. Wäre es möglich, die Kreuzungen mit Sperrungen wie z. B. Pollern oder Bügeln zu versehen, um wenigstens den Kreuzungsbereich gemäß StVO autofrei zu halten?

Ich darf darauf hinweisen, dass es in der Kirchstraße vier Kitas und ein Seniorenheim gibt. Auch wohnen in der Straße etliche Familien mit schulpflichtigen Kindern. Nicht nur die seit Jahren anhaltende Baustellensituation, auch die Verkehrssituation allgemein ist für alle Anwohner eine hohe Belastung und keineswegs frei von Gefahren. Es sollte nicht erst was passieren, bevor die Stadt handelt.

Soweit die Anmerkungen der Anwohner und ihre Fragen, für deren Beantwortung ich mich bedanke.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolf-Dieter Winkler (Stadtrat)

2017 begann mit dem Abriss dieser schönen alten Fabrik eine Baustellenserie in der Kirchstraße, die bis heute andauert (Foto: K. U. Müller)



Rückhaltebecken eingeweiht

Nach drei Jahren Bauzeit wurde das Rückhaltebecken im Bohrertal eingeweiht. Dafür wurden 3500 Tonnen Beton und 550 Tonnen Stahl verbaut. Das Becken soll die Stadtteile Günterstal, die Wiehre und eines Tages auch Dietenbach vor Überflutungen schützen. Immerhin, auch Dietenbach. Denn genau darin liegt der Hauptgrund für den Bau dieses Beton- und Stahlmonsters. Dietenbach wird auf Überschwemmungsgebiet gebaut und wäre ohne dieses Becken nicht genehmigungsfähig. Dieser Zusammenhang wurde seitens der Stadt stets heruntergespielt, während die überschaubaren Risiken für Günterstal und die Wiehre hochstilisiert wurden.

Der Hochwasserschutz von Günterstal und der Wiehre wäre mit weit weniger Aufwand zu erreichen gewesen, zumal bereits Maßnahmen für den Hochwasserschutz unternommen wurden (siehe dazu unseren Beitrag zur Historie von Dietenbach).

Erstaunlich, dass diese Umweltsünde auch noch vom Umweltministerium gefördert wurde. Dabei blieb offensichtlich die hohe CO2-Belastung durch den Bau und die Tatsache, dass für das Projekt Unmengen an Bäumen gefällt wurden, völlig außer Betracht. Während kurz zuvor Baumfällungen am Eugen-Keidel-Bad die Gemüter erhitzten, regten diese Fällungen so gut wie niemanden auf.

Auch kein Thema war mal wieder die Verschandelung der Landschaft. Kaum ein Land der Welt ist so verbaut und verunstaltet wie das Unsere. Direkt vor den Toren der Stadt gab es bis 2020 noch ein landschaftlich intaktes Schwarzwaldtal. Damit ist es nun vorbei.

Massive Erdbewegungen zerstören das Bohrertal
Der Blick von Horben Richtung Freiburg
Derselbe Blick 2020 kurz vor Baubeginn. Etliche Bäume sind bereits gefällt (vorne und in der Bildmitte hinten)

Siehe auch: Rede im Gemeinderat vom 11.12.2018

Fotos: K. U. Müller




Plattenbauten an der Sundgauallee

Zu den Plattenbauten der Studentensiedlung an der Sundgauallee hat Stadtrat Dr. Wolf-Dieter Winkler (FL) am 31.3.2023 folgende Anfrage (nach § 24 Abs. 4 GemO zu Sachthemen außerhalb von Sitzungen) an OB Martin Horn gerichtet:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

auf Bitte von Bewohnern des Stadtteils Betzenhausen erhalten Sie meine heutige Anfrage. Es geht um das Gebäudegrün, aber auch um das Bodengrün in dem inzwischen zu einer Riesen-Studentensiedlung mit insgesamt 25 Bauten angewachsenen Wohngelände des Studierendenwerks Freiburg. Dieses hat zwischen Sundgauallee und Seepark baulich massiv nachverdichtet und sich dabei architektonisch an die Betonplattenbauweise des Bestands aus den 60er Jahren gehalten.

Beim Blick von der Sundgauallee aus nach Norden hätte man das Gefühl in einer Trabantensiedlung der 60er Jahre à la Berlin-Marzahn gelandet zu sein. Weder an den Fassaden der Bestandshochhäuser noch an den aktuell hinzugekommenen sei das kleinste grüne Rankpflänzchen zu erkennen. In Betzenhausen, einem Stadtteil mit sehr hoher Bevölkerungsdichte, sei diese massive und architektonisch ungestaltete Nachverdichtung eine Zumutung. Die Siedlung wäre momentan eine Adresse, die so gar nicht zu dem grünen Selbstverständnis des heutigen Freiburgs passen würde.

Hierzu meine Frage:

Welche Maßnahmen kann die Stadt Freiburg im Rahmen ihrer Initiative GebäudeGrün hoch3 oder ganz allgemein ergreifen, um das Studierendenwerk dazu zu bringen, an den Gebäuden ihrer Studentensiedlung Fassadengrün wachsen zu lassen und so die Wucht der vielen Beton-Gebäude abzumildern.

Vielen Dank für die Beantwortung meiner Frage!

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolf-Dieter Winkler (Stadtrat)

Eine blanke Zumutung ist die Architektur an der Sundgauallee

Fotos: K. U. Müller




Stadtbildprägende Gebäude erhalten? Fehlanzeige!

Nun ist es also amtlich: Nachdem jahrelang nichts passiert und somit neue Hoffnung aufgekeimt war, soll der Altbau Habsburger Straße 91 voraussichtlich in Kürze abgerissen werden. Wieder verliert Freiburg ein historisches stadtbildprägendes Haus. Wieder einmal war ein schützenswertes Gebäude nicht denkmalgeschützt, obwohl es sich um ein sehr seltenes Haus aus der Zeit vor dem gründerzeitlichen Bauboom handelt. Auf Anfrage von Freiburg Lebenswert wurde uns am 23.3.2023 mitgeteilt, die Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung als Denkmal hätten nicht vorgelegen.

Ein seltenes Schmuckstück nicht unter Denkmalschutz. Wäre ja nicht im Sinne des Bauträgers

Da fragt man sich ernsthaft: Welche Voraussetzungen muss ein Gebäude noch mitbringen, um dem Denkmalschutz zu unterliegen? Dieses intakte Gebäude ist ein Schmuckstück, allein der Dachansatz ist ein Kunstwerk. Die Entscheidung darüber erfolgt ganz offensichtlich nicht von Leuten, die für Denkmale brennen oder denen das Stadtbild auch nur minimal am Herzen liegt, sondern von Leuten, die über diese Frage technokratisch mit reinem Bauträgerkalkül entscheiden.

Fenster und Dachansatz sind ein Kunstwerk. Denkmalschutz? Nicht, wenn es einen Bauträger stört

Das Backsteinhüsli, ebenfalls stadtbildprägend, ist seit 2016 Geschichte

Dieser Abriss steht leider stellvertretend für die Art und Weise, wie in Freiburg mit historischen Bauten umgegangen wird. Weder die Stadt noch die Landesdenkmalbehörde haben sich für den Erhalt des Gebäudes eingesetzt. Erschwerend kommt hinzu, dass das Gebäude vollkommen intakt ist und dass es eine gute Alternativlösung gegeben hätte, denn es hätte nichts dagegengesprochen, den voll asphaltierten Hinterhof unter Erhalt des Altbaus zu bebauen. Abriss und Neubau führen zudem zu hohem CO2-Ausstoß und hohem Abfallaufkommen. Wenn den Verantwortlichen Stadtbild, Kultur und Geschichte schon egal sind, wäre es wenigstens unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes angebracht, uneinsichtige Bauträger in die Schranken zu weisen.

Nach dem Koalitionsvertrag Baden-Württemberg soll der Denkmalschutz gestärkt werden. OB Horn hat bei Amtsantritt immer wieder betont, er wolle den Charme der Stadt erhalten. Bleibt es bei leeren Worthülsen? Der Charme Freiburg muss immer mehr gesichtslosen Neubauten weichen. Für den neuerlichen Tiefpunkt in Freiburgs Denkmalschutz kommt jede Einsicht wohl zu spät. Im Südwesten nichts Neues. Was für ein Armutszeugnis!

Siehe auch unseren Beitrag vom 12.8.2021: Wenn der Abrissbagger kommt…

Kepler-Gymnasium, Wirtshaus zu Amerika, zwei angrenzende Villen – alles wurde an dieser Front der Habsburger Straße abgerissen und durch gesichtslose Riegelbauten ersetzt. Fortsetzung folgt!

Fotos: K. U. Müller




Keine Amphibien am Rossbächle?

Zum Bebauungsplan Rossbächle hat Stadtrat Dr. Wolf-Dieter Winkler (FL) am 14.3.2023 folgende Anfrage (nach § 24 Abs. 4 GemO zu Sachthemen außerhalb von Sitzungen) an OB Martin Horn gerichtet:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

Anwohner der Straße Alter Weg 11 – 17 in Freiburg-Munzingen hatten sich mit Mail vom 23.2.23 an den Gemeinderat gewandt wegen vieler Ungereimtheiten bezüglich des Baugebiets Rossbächle in Munzingen. Daraufhin habe ich mich am 26.2.23 mit den Bewohnern dieser vier Häuser zu einem Ortstermin getroffen, um mir selbst ein Bild zu machen. Im Anschluss an den Ortstermin schickten mir die Bewohner des Hauses Alter Weg 11 noch ihre Stellungnahme vom 15.7.21. Ich gehe davon aus, dass Ihnen beide Stellungnahmen vorliegen. Ich will es vorwegnehmen: alle Einwendungen stellen den Sachverhalt meines Erachtens völlig korrekt dar.

Hier nun meine Fragen und Anmerkungen:

1. zur Fauna: Wie kann es sein, dass bei einer „Begehung“, angeblich von April bis Juli 2019 durchgeführt, keine Amphibien nachgewiesen werden konnten, obwohl die Erfahrungen der Anwohner, zum Teil durch ein Video untermauert, ein völlig anderes Bild ergeben? Wie kann es sein, dass vom jetzigen Geschäftsführer der FSB als Begründung für die unterschiedlichen Darstellungen die Erklärung kam, dass die Untersuchungen wohl im Februar erfolgt sein müssen, was angesichts der Winterruhe der Tiere völlig absurd wäre? Gleicher Sachverhalt gilt für die Beobachtung seitens der Anwohner von Fledermäusen, Schlangen, Eidechsen und anderen Tierarten bzw. Nichtbeobachtung seitens der Gutachter.

2. zum Starkregen: Die Stadt hat nach Aussagen der Bewohner verlangt, dass bei Errichtung der Häuser 11 – 17 die Grundstücke unter, statt – wie man sinnvoller Weise erwartet hätte – über das vorgegebene Straßenniveau zu liegen kommen sollen, da doch nach den Gewässerkarten in diesem Bereich offensichtlich die tiefste Stelle von Munzingen zu verorten ist. Schon dadurch sind diese Häuser auch ohne neues Baugebiet massiv durch Starkregenereignisse gefährdet. Als Grund wurde angegeben, dass man den Oberliegern auf der anderen Straßenseite des Alter Weg den Blick Richtung Süden nicht über die Maßen verbauen wollte. Mit dieser Argumentation wäre doch mit zweierlei Maß gemessen, wenn den Bewohnern der tiefergelegten Gebäude nun mehrstöckige Gebäude direkt vor ihre Grundstücke gesetzt werden, die eine viel stärkere Beeinträchtigung der Anwohner zur Folge hätten. Wie kann dies gerechtfertigt werden?

Wie kann es sein, dass das Bodengutachten eine Versickerung von anfallendem Regenwasser im Plangebiet wegen der Bodenverhältnisse ausschließt, die FSB aber das Gegenteil behauptet?

Wie kann es sein, dass laut Entwässerungskonzept das gesamte Gelände um 2,00 m (Norden) bzw. 1,00 m (Süden) aufgeschüttet werden muss, aber dann mündlich seitens der FSB von nur 0,90 m bzw. 0,43 m die Rede ist? Wie kann es sein, dass sich die Situation der vier Anliegerhäuser aufgrund der geplanten Aufschüttung entlang der Grundstücksgrenze zum Plangebiet nicht maßgeblich verschlechtern wird, obwohl sich mir beim Vororttermin eine gegenteilige Ansicht nahezu aufdrängte? Durch die bisherige dreiseitige höhere Lage der Umgebung wird durch das Aufschütten auf der vierten Seite, Richtung Plangebiet, eine Mulde geschaffen, in der sich das Wasser bei Starkregen oder Hochwasser sammeln wird. Zwangsläufig werden die vier Häuser und wahrscheinlich auch die Gebäude der Erentrudis-Straße 2 ins Wasser gesetzt.

Geradezu abenteuerlich muten die Vorschläge zur Bordsteinerhöhung an, da diese zum einen an höheren Stellen wie beim Haus Erentrudis-Straße 2 erfolgen und ausgerechnet an den tiefsten Stellen beim Haus Alter Weg 11 unterbleiben soll, ganz abgesehen davon, dass bei einem Starkregen Bordsteine kein wirkliches Hindernis für Wassermassen darstellen. Da stellt sich die weitere Frage, wieso die topografischen Schaubilder die realen Verhältnisse nicht abbilden? Denn danach liegt das Plangebiet höhenmäßig erheblich unter den Grundstücken Alter Weg, was definitiv nicht der Fall ist. Es gibt dort keinen Geländesprung von den Grundstücken zum Plangebiet. Da die Gärten ebenerdig vom Wohnbereich aus betreten werden können, wird bei einem Starkregen zwangsläufig der Wohnbereich ebenfalls unter Wasser gesetzt werden, da die bisherige Ablaufmöglichkeit Richtung Plangebiet nicht mehr gegeben sein wird. Wieso kann weiter das Starkregendiagramm unterschiedliche Wasserhöhen für die Gartenbereiche und die Wohnbereiche aufzeigen, wenn beide eindeutig auf einer Höhe liegen?

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, vor einigen Jahren gab es in Herdern einen 10minütigen (!) Wolkenbruch. Das Wasser stand dann in wenigen Minuten an unserem Haus in der Stadtstraße 60 cm (!) hoch. Da unser Haus weit weg von irgendwelchen Bächen oder Abhängen steht, hätte ich eine solche Wasseransammlung, noch dazu in so kurzer Zeit, nie für möglich gehalten. Da die westliche Häuserzeile der oberen Stadtstraße komplett geschlossen und nur zwischen uns und dem Nachbarhaus ein Durchlass zum Hof bzw. Garten vorhanden ist, ergoss sich ein Großteil der Wassermassen durch diesen Spalt in der Häuserzeile und setzte unseren gesamten Keller über die rückseitigen Kellertüren ebenfalls in minutenschnelle 60 cm hoch unter Wasser. Ich möchte mir gar nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn der Wolkenbruch keine zehn Minuten, sondern vielleicht drei Stunden angedauert hätte. Seitdem habe ich einiges unternommen, um das Haus einigermaßen hochwasserfest zu machen wie beispielsweise das Anbringen von Klappläden an den Kellerfenstern oder die Möglichkeit geschaffen, Spundwände vor den Kellertüren einzusetzen. Dadurch ist unser Haus nun straßenseitig bis zu 1,15 m und hofseitig bis zu 0,40 m „hochwassersicher“.

Warum beschreibe ich das? Hochwassergefahren werden offensichtlich massiv unterschätzt, wobei ich mich da bis zu meinen eigenen Erfahrungen nicht ausnehme. Ich war nun entsetzt zu sehen, dass die Häuser im Alter Weg 11 – 17, schon ohne die geplante Bebauung, keinerlei Maßnahmen gegen Hochwasser treffen können. Einem Hochwasser, wie das von mir beschriebene, würden die Bewohner und die Häuser schutzlos ausgeliefert sein. Erst recht, wenn durch das Aufschütten im Plangebiet eine Mulde geschaffen würde. Der sehr schnell vollgelaufene Graben des Rossbächle würde keine Entlastung bringen. Das Rossbächle würde vielmehr schnell weitere Wassermassen heranführen, die das Problem verschärfen könnten. Was mir besondere Sorge bereitet, ist die Möglichkeit, dass ein nächtliches Hochwasser die Menschen in den Einliegerwohnungen im Keller im Schlaf überraschen könnte. Durch gekippte oder berstende Fenster, die dem Wasserdruck nicht standhalten, würde das Wasser in Sekundenschnelle die Räume fluten. Der Wasserdruck würde dann zusätzlich verhindern, dass die Bewohner die Türen zum Treppenhaus öffnen können. Sie wären in den sich mit Wasser füllenden Zimmern gefangen! Die Folgen überlasse ich Ihrer Phantasie.

Ich kann unter diesen Umständen beim besten Willen nicht erkennen, wie man ein solches Baugebiet verantworten will. Es gibt doch schon massiven Ärger mit undichten Häusern in Landwasser. Will man sich wirklich noch ein weiteres, ähnlich gelagertes Problem mit einem Baugebiet aufladen, das nach seiner Umsetzung eventuell sogar äußerst bedrohliche Konsequenzen hätte?

Es ist zu konstatieren, dass neben Dietenbach und Zinklern hier ein drittes, wenn auch kleineres Baugebiet mit dem gleichen Problem „Wasser“ konfrontiert ist. Schon in meiner Rede im Gemeinderat am 22.10.2019 hatte ich Verständnis dafür geäußert, dass Ortschaftsrat und die Munzinger Bürgerschaft anstelle einer Wohnbebauung dort ein Regenrückhaltebecken gefordert hatten. Und ich hatte, wie die Munzinger, das Baugebiet wegen seiner Lage weit ab von der Kernstadt für eine Flüchtlingsunterkunft für ungeeignet gehalten.

Angesichts der Brisanz des Sachverhalts bitte ich um eine schriftliche Stellungnahme zu den Einwendungen der Anwohner und eine schriftliche Beantwortung der Fragen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolf-Dieter Winkler (Stadtrat)