„Bauscham“ für die Klimasünde Neubau

Anlässlich der Demonstrationen am kommenden Freitag, dem 20. September 2019, an denen in Freiburg auch viele Mitglieder von Freiburg Lebenswert (FL) aus tiefster Überzeugung teilnehmen werden, möchten wir hier einen Text unseres Freundes Daniel Fuhrhop als Diskussionsbeitrag veröffentlichen. Der Autor, Architektur- und Bauexperte plädiert darin für ein Maßhalten beim Bauen – so wie derzeit allseits für ein Maßhalten beim Fleischessen, beim Fliegen oder beim Kreuzfahrtreisen gefordert wird. In seinem Blog „Verbietet das Bauen“ schreibt er:

Wenn ab dem 20. September „fridays for future“ zu Aktionstagen aufruft und die Bundesregierung über Klimaschutzgesetze verhandelt, dann wird zweifellos wieder vom Fliegen geredet, von SUVs und vom Fleischessen. Das spiegelt sich in Begriffen wie Flugscham, und bei Websuchen findet man auch SUV-Scham und Kreuzfahrtscham. Bisher fehlte allerdings #Bauscham: Niemand sollte stolz darauf sein, gebaut zu haben – wegen des Klimas kann man sich dafür ebenso schämen wie für Autofahren und Fleischessen.

Fridays-for-future-Demo in Freiburg am 24. Mai 2019 (Foto: Michael Managò)

Zum Sündenregister des Bauens zählt:

  • Der Abbau von Sand für die Betonherstellung zerstört die Natur, teilweise verschwinden Strände und ganze Inseln versinken.
  • Um Kies für Beton zu bekommen, werden Wälder abgeholzt, wie zum Beispiel nahe bei München geplant im Planegger Holz und im Forst Kasten.
  • Nicht zuletzt belastet die Betonherstellung das Klima durch die energieaufwändige Zementherstellung: Sie verursacht zwei Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen und acht Prozent der globalen, sagt der WWF in seiner aktuellen Publikation „Klimaschutz in der Beton- und Zementindustrie“ (online verfügbar, pdf öffnet direkt).

Zwar kann man vermeintliche „Energiesparhäuser“ bauen, doch sollte man sich von dieser Bezeichnung nicht verwirren lassen: Energiesparhäuser sparen keine Energie, sie verbrauchen nur weniger Betriebsenergie (vor allem Heizenergie) als andere Häuser. In einer ganzheitlichen Lebenszyklusanalyse ergibt sich daraus aber, dass der größte Energieaufwand und die größte Treibhausgasemission durch das Bauen selbst entsteht, durch die Erstellung von Gebäuden. Darum gilt: Massiver Neubau ist massive Klimazerstörung!

Deswegen ist nicht nur #Bauscham angesagt, sondern #Bauverbot. Das ist nicht so unrealistisch, wie mancher meinen mag, denn wir haben bereits genug gebaut: im Jahr 2018 gab es sogar einen #Bauüberfluss, es entstanden in Deutschland mehr neue Wohnungen, als für Zuwachs der Bevölkerung nötig gewesen wäre. Der Platz würde für alle reichen, wenn wir das Wachstum beenden – auch das Wachstum der Wohnfläche pro Person. Um Wohnraum zu schaffen, ist es das klimafreundlichste, den unsichtbaren Wohnraum zu entdecken, etwa ungenutzte ehemalige Kinderzimmer. Als Teil der Klimaschutzgesetze brauchen wir darum ein Programm für Umbau, Umzugsmanagement und Untermiete, um bestehenden Raum besser zu nutzen.“

Siehe: http://www.verbietet-das-bauen.de/bauscham-klimaschutzgesetze-bauwut/?fbclid=IwAR0mgFKjKSI7knrS_X6StCfpzbZtxB-bNvvaYpYnObzU7_ldCJWyYfP4UY8

Siehe auch den Beitrag bei N-TV dazu: https://www.n-tv.de/wirtschaft/Bauen-schadet-Klima-wie-Autos-und-Fleisch-article21280049.html

Auch der Bund deutscher Architekten (BDA) hat ein radikales Umdenken beim Bauen gefordert und plädiert für eine „Gesamtbetrachtung von Bauten und Gebäudegruppen über ihren gesamten Lebenszyklus“. So spricht der Präsident des BDA, Heiner Farwick, ganz deutlich aus, was Freiburg Lebenswert (FL) schon immer betont hat: „Dass die Wachstumsfixierung der Wirtschaft und das Mantra ‚Bauen, Bauen, Bauen‘ angesichts der Notwendigkeit des Klimaschutzes keine Zukunft mehr haben können.“

Siehe dazu: Bauen im Bestand ist wichtiger als Neubau

Stadtrat Dr. Wolf-Dieter Winkler (FL) spricht bei der Schülerdemo „Friday for future“ in Freiburg am 18.01.2019 (Foto: W. Deppert)