Alte Synagoge – Rede von Dr. W.-D. Winkler

15.11.2016

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Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

zunächst vielen Dank, Herr Oberbürgermeister, dass Sie der in der Hauptausschusssitzung am 7.11. geäußerten Bitte meiner Fraktionskollegin Schrempp nach einer Zusammenstellung der chronologischen Abläufe zum Platz der alten Synagoge nachgekommen sind. Allerdings war die gestrige Übermittlung der Chronologie natürlich sehr kurzfristig und es ist für uns unverständlich, dass dieses Papier nichtöffentlich ist. Nach diesem Papier ist aber festzuhalten, dass die gesamte Planung des Platzes der Alten Synagoge in enger Abstimmung mit der jüdischen Gemeinde in Freiburg erfolgte.

Ebenso wurde auf Hinweis meiner Fraktionsgemeinschaft hin der Landesehrenrabbiner Soussan um eine Stellungnahme gebeten, weil die insbesondere von Frau Katz und vielen Email-Schreibern vorgetragenen Einlassungen eher emotionaler Natur denn religiös fundiert einzuschätzen waren. Wobei wir für die Emotionen angesichts des grauenhaften geschichtlichen Hintergrunds völliges Verständnis haben. Aber auch vom Landesrabbiner und beim gestrigen Gespräch des Oberbürgermeisters mit dem Vorsitzenden des Oberrats der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden, Herr Suliman, erfolgte erneut der Hinweis, dass eine Synagoge kein sakraler Bau ist und die aufgefundenen Fundamentsteine somit keinen herausragenden religiösen Bezug haben.

Überrascht hat mich als Physiker, dass man nicht im Vorfeld durch die vorgenommenen Ultraschall- und Georadaruntersuchungen die ja nicht weit unter der Oberfläche befindlichen Fundamente erkennen konnte, wodurch wir erst in die jetzige unglückliche Situation kamen. Und was uns weiterhin irritierte ist, dass man angesichts der hohen Emotionalität bezüglich dieser Steine nicht mehr Sensibilität bei der Abtragung hat walten lassen. Sie können wieder und wieder erzählen, Herr Oberbürgermeister, dass bei der Bergung der Steine lauter denkmalschützerische Fachleute zum Einsatz kamen, die den Steinen auch den nötigen denkmalschützerischen Respekt erwiesen. Das von Frau Katz und Herrn Schwartz aufgenommene und im Internet kursierende Dokumentarfilmchen lässt leider einen anderen Schluss zu. Vor allem dient das an den Tag gelegte Verhalten der Mitarbeiter des Landesdenkmalamtes nicht gerade der Deeskalation.

Fazit ist aber, dass es auch unter den jüdischen Beteiligten und in der Freiburger Bevölkerung keine einheitliche Meinung dazu gibt, wie nun mit den aufgefundenen Fundamentresten verfahren werden soll. Damit liegt sozusagen die Entscheidungshoheit wieder beim Gemeinderat. Aber egal, wie wir als Stadträte entscheiden, wir können nur verlieren, weil wir von der einen wie von der anderen Seite Prügel beziehen werden. Freiburg Lebenswert/Für Freiburg hat ja in den letzten Jahren keinen Hehl daraus gemacht, dass uns ein weitgehend pflanzenfreier Platz der Alten Synagoge schon aus klimatischen Gründen ein Dorn im Auge ist. Allerdings sind wir nun pragmatisch genug, dass wir den nun einmal beschlossenen Weg der Platzgestaltung nicht wieder neu aufrollen wollen. Wir halten die vom Landesdenkmalamt vorgeschlagene Sicherung der Fundamentreste im Boden für sinnvoll und sind für alle Lösungen offen, was mit den überstehenden und nun abgetragenen Fundamentsteinen geschehen soll. Insbesondere jedoch halten wir einen Brunnen oder besser Wasserfilm mit seinem ruhigen Dahingleiten in den Grundrissen der zerstörten Synagoge für ein sehr angemessenes Bild, um der jüdischen Freiburger Opfer des Nationalsozialismus würdig zu gedenken.