„In den vergangenen 15 Jahren hat sich die Zahl der
Sozialwohnungen fast halbiert. Auch im vergangenen Jahr gab es einen Rückgang“,
so schreibt die FAZ in einem Beitrag vom 14-08.2019 und bezieht sich auf eine dpa-Meldung.
„Der Bestand an Sozialwohnungen in Deutschland“ so heißt es in dem Artikel
weiter „schrumpft weiter. Auch im vergangenen Jahr sind deutlich mehr Wohnungen
für Menschen mit geringem Einkommen weggefallen, als neu gebaut wurden. So gab
es zum Jahresende 2018 fast 42.500 Sozialwohnungen weniger als noch ein Jahr
zuvor, ein Minus von 3,5 Prozent. (…) Insgesamt wurden zum Jahreswechsel fast
1,18 Millionen Sozialwohnungen in Deutschland vermietet.“
Der Grund dafür liegt in der Vergangenheit und in der
Tatsache, dass die Sozialbindung nach einer festgesetzten Zeit (in der Regel
nach 30 Jahren) wegfällt. Seit den achtziger Jahren sind nur wenige
Sozialwohnungen neu gebaut worden. Somit fehlt es heute an Ersatz und die Zahl der
Sozialwohnungen hat sich in den vergangenen 15 Jahren etwa halbiert. Zwar würden
mit staatlicher Förderung heute wieder vermehrt solche Wohnungen gebaut, doch
das reiche längst nicht aus, um die Gesamtzahl konstant zu halten.
„Allein im vergangenen Jahr fielen der Statistik
zufolge bundesweit rund 70.000 Sozialwohnungen aus der Bindung, etwa 27.000
wurden neu gebaut“, so der FAZ-Bericht weiter. Rückläufig seien die Zahlen fast
in allen Bundesländern – so auch in Baden-Württemberg. Lediglich in Bayern und
Sachsen würden etwas mehr neue Sozialwohnungen gebaut, als alte aus der
Sozialbindung fallen.
FL ist gegen den Abriss von günstigem Wohnraum in Altbauten zugunsten teuererer Neubauten! (Foto: K. Langosch)
Der missbräuchliche „Ablasshandel“ mit Ökopunkten
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In einem sehr interessanten Beitrag der ARD-Sendung „Report Mainz“ vom 20.08.2019 geht es darum, wie schlecht der rechtlich erforderliche ökologische Ausgleich für bauliche Eingriffe derzeit vom Gesetzgeber geregelt wird. Es werden darin auch Beispiele aus Freiburg gezeigt. Rechtsgrundlagen sind einerseits das Bundesnaturschutzgesetz, als auch die darauf beruhenden Landesnaturschutzgesetze. Die darin geregelte Aufrechnung mit Ökopunktren und deren Proporz ist allerdings „ein großes Ärgernis“, wie der Report-Beitrag zeigt.
Es gibt daran schon länger fundierte Kritik von Experten. Doch nun gerät er – gerade in Freiburg – wieder in den Focus. „Der Ökopunktehandel mag ja gut gedacht sein, aber in der Praxis sehen Umweltschützer darin eher eine Art Ablasshandel, um Baugebiete ganz leicht auszugleichen“, so ein Zitat aus dem Beitrag von „Report Mainz“. Es wird in dem Beitrag auch klar, dass ein paar „Ersatzbäume“ nicht wirklich etwas an der naturvernichtenden Wirkung von baulichen Eingriffen ändern.
Auch Freiburg beteiligt sich an diesem „Ablasshandel
für die Bauindustrie“. So werden für das Baugebiet Dietenbach Ökopunkte aus dem
Bau der Fischtreppe in der Dreisam buchstäblich „ins Feld geführt“. Denn damit
lassen sich die Felder im Dietenbach überbauen. Im Grunde ist dies ein Missbrauch,
da Fischtreppen von der EU längst vorgeschrieben sind und eigentlich nicht mehr
als Ökopunkte verwendet werden dürften. Trotzdem wird es getan und den Wählern
werden ökologische Ausgleichsmaßnahmen vorgegaukelt, wo gar keine stattfinden.
Der „Missbrauch mit Ökopunkten“ findet auch in Freiburg statt: Bau der Fischtreppe in der Dreisam als Ausgleich für den Bau von Dietenbach (Foto: Report Mainz).
„Bauen im Bestand ist wichtiger, als Neubau“
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Der Bund Deutscher Architekten (BDA) hat ein radikales Umdenken beim Bauen gefordert. In einem Interview mit der FAZ, das dort am 8. August 2019 erschienen ist, äußert sich Heiner Farwick unter der Überschrift „Umbau muss Vorrang vor Neubau haben“ über die Verantwortung der Architekten in Bezug auf ökologisches Bauen und Verringerung des CO2-Ausstoßes. Er plädiert für eine „Gesamtbetrachtung von Bauten und Gebäudegruppen über ihren gesamten Lebenszyklus“ und stellt dazu radikale Forderungen auf.
„Das Mantra ‚Bauen, Bauen, Bauen‘ hat angesichts der Notwendigkeit des Klimaschutzes keine Zukunft mehr!“
So spricht der Präsident des BDA ganz deutlich aus,
was Freiburg Lebenswert (FL) schon immer betont hat: „Dass die Wachstumsfixierung
der Wirtschaft und das Mantra ‚Bauen, Bauen, Bauen‘ angesichts der
Notwendigkeit des Klimaschutzes keine Zukunft mehr haben können.“ Bei
Bauvorhaben sei eine „Gesamtbetrachtung der Energiebilanz erforderlich,
einschließlich der Berücksichtigung der grauen Energie, die im Bestand steckt.“
Der BDA plädiert deshalb für ein „Bauen im Bestand“ und hinterfragt die auch in
Freiburg so oft propagierten „Smart Houses“ oder „Smart Cities“, die zu einem „Übermaß
oftmals ökologisch fragwürdiger Dämmmaterialien“ und zu „nicht langlebigen und nicht
energetisch nachhaltigen Bauten“ führen würden.
„Der CO2-Austoß muss künftig Geld kosten — inklusive der Vernichtung von gebundenem CO2 beim Abriss von Gebäuden!“
„In einer Zeit, in der die Qualität unserer gebauten Welt zunehmend von quantitativen und ökonomischen Parametern bestimmt wird, wächst die Verantwortung der Architekten gegenüber der Gesellschaft“, betonte der Architekt Heiner Farwick bereits 2013 bei seiner Wahl zum Präsidenten des BDA. Als zentrale Aufgabe seiner Präsidentschaft erklärte er, sich für die „Wertigkeit der Baukultur als Ganzes zu engagieren.“ Das wiederholt er jetzt gegenüber der FAZ und weitet es aus: Ziel müsse eine „klimagerechte Architektur“ sein. Und er erwartet dabei eine „Unterstützung der Politik für diese Ziele.“ Der CO2-Austoß müsse künftig Geld kosten – „inklusive der Vernichtung von gebundenem CO2 beim Abriss von Gebäuden!“
FAZ-Interview mit dem Präsident des Bundes Deutscher Architekten (BDA) vom 08.08.2019Einige Gebäude des Bauvereins am Aschoffplatz aus den Jahren 1922/23 sollen abgerissen werden, um Neubauten Platz zu machen (Foto aus der Zeit um 1930)Die intakten Häuser der Familienheim-Genossenschaft in der Quäkerstraße, die abgerissen werden sollen, um Neubauten Platz zu machen (Foto: M. Managò)
Möglichkeit zum Erhalt der bestehenden Bäume
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„Ein Thema das gerade in der ‚Grünen Stadt‘ Freiburg
hohe Wellen schlägt: Baumfällungen in Zeiten des Klimawandels. Das soll ja für
neue Parkplätze am Eugen-Keidel-Bad passieren. Immer mehr Stadträte fordern
jetzt von Freiburgs Oberbürgermeister Horn, das Vorhaben zu überdenken.“ So schreibt
Baden-TV-Süd in der Ankündigung eines Beitrags vom 16. August 2019. Darin wird
unsere Pressemeldung „Baumfällungen in Zeiten des Klimawandels“ vom 10.08.2019
aufgegriffen und unser Stadträtin Gerlinde Schrempp (FL) kommt in einem
ausführlichen Interview zu Wort.
Stadträtin Gerlinde Schrempp (FL) im Interview mit Baden-TV-Süd
Sie nimmt in dem Interview auch zu den speziellen Bedingungen beim Eugen-Keidel-Bad Stellung und schlägt konkrete Alternativen vor, die einen großen Teil der zur Fällung vorgesehen Bäume erhalten könnten. Denn die Fläche, die am Eugen-Keidel-Bad für den Parkplatz vorgesehen ist, wurde schon vor 30 Jahren an die Stadtbau verkauft. Bereits damals wurde die Aufforstung von gesetzlich vorgeschriebenen Ersatzflächen vorgenommen. Insofern ist die Abholzung der dort stehenden Bäume tatsächlich rechtlich korrekt, da die Fläche schon immer für eine Erweiterung des Keidel-Bads vorgehalten war.
Insofern sollte aus unserer Sicht nun überlegt werden,
welche anderen Stellplatzmöglichkeiten denkbar sind. So z.B. ein Parkhaus in
Leichtbauweise (siehe Fraunhofer-Institut Tullastraße oder
Diakoniekrankenhaus), da ein solches Parkhaus mehr Parkmöglichkeiten auf
engerem Raum ermöglichen würde und dies vielleicht weniger Bäume kosten könnte.
Die Stadtverwaltung kann hier sicher Vorschläge machen, wie ein Teil der
bestehenden Bäume auf diese oder ähnliche Weise erhalten werden kann.
Zur Information hier auch ein „Positionspapier“ der Freiburger Stadtbau bzw. Bäder GmbH mit weitergehenden Hintergrundinformationen. Es wurde „aufgrund der Vielzahl an Fragen bezogen auf die neuen Parkmöglichkeiten am Keidel Bad und den damit verbundenen Baumfällungen in Abstimmung mit der Stadtverwaltung“ und „zuständigkeitshalber auf Bitte des Oberbürgermeisters“ erstellt.
Pressemitteilung vom 10 .08. 2019 (Siehe dazu auch die nachtträgliche Korrektur unten!)
Wieder
sollen in Freiburg Bäume in großem Ausmaß gefällt werden: Beim Eugen-Keidel-Bad
sollen für eine Erweiterung der Stellplatzanlage 190 Bäume gefällt werden und
für den Neubau der Staudinger-Gesamtschule sollen weitere 150 Bäume weichen. Insgesamt
ist das ein kleiner Wald von 340 Bäumen. In der Badischen Zeitung (BZ) steht
nun, dass „sachlich-rechtlich der Fall klar“ sei. „Soweit bekannt, lagen
und liegen die notwendigen Fällgenehmigungen der zuständigen Behörde vor.“
Gleich
auf der nächsten Seite derselben Ausgabe der BZ vom 9. August 2019 wird über
die Grünen berichtet: „Grüne wollen größere Anstrengungen der Stadt für
den Klimaschutz“. Was für eine Schizophrenie! Was haben diese Grünen denn
konkret dafür getan, Baumfällungen, die Bebauung von Grünflächen oder Ackerland
zu verhindern? Entgegen anderslautender Vermutungen in einem Leserbrief in der
BZ, sind es vor allem die Grünen, die massiv für die jüngsten Abholzungen
eingetreten sind.
Eigentlich
müssten wir doch alle wissen, welche Bedeutung Bäume für den Klimaschutz haben.
Die Warnungen zum Klimawandel, zum Landverbrauch, zur Zerstörung unserer
natürlichen Ressourcen sind eindeutig und unüberhörbar geworden. Eine
Klimakonferenz folgt der anderen und jedes Mal wird festgestellt, dass es kurz
vor 12 ist und dass man unter keinen Umständen so weitermachen darf. Jeder
müsse vor seiner Haustür beginnen! „Global denken und regional handeln“ lautet
ein beliebtes, richtiges und immer wieder zitiertes Motto. Und was macht
Freiburg? Genau das Gegenteil!
Auch
bezüglich der Bedeutung der Bäume gibt es mittlerweile eindeutige Studien und
Belege für deren Notwendigkeit im Hinblick auf eine bessere CO2-Bilanz. Eine viel
beachtete Studie der ETH Zürich hat aufgezeigt, dass Aufforstung der effektivste
Klimaschutz wäre. Doch was macht die angebliche „Green City“ Freiburg? Auch
hier und zum wiederholten Male genau das Gegenteil! Siehe: https://www.tagesschau.de/ausland/klimawandel-aufforstung-eth-101.html
Allerdings:
Für eine sehr große Anzahl der Besucher ist das Eugen-Keidel-Bad eine
therapeutische Maßnahme. Auch aus der weiteren Umgebung kommen viele kranke
Menschen ins Thermalbad nach Freiburg. Deshalb sollte nicht gegen eventuell
kranke Besucher, die mit eigenem Auto anreisen müssen, vorgegangen werden, sondern
überlegt werden, welche anderen Stellplatzmöglichkeiten man andenken kann. Die Stadtverwaltung
sollte vom Gemeinderat gebeten werden, Vorschläge zu machen, wie die
bestehenden Bäume bei gleichzeitiger Ausweitung der Parkmöglichkeiten größtenteils
erhalten werden können.
Nachträgliche Korrektur vom 13. 08. 2019 zur oben genannten Pressemitteilung:
Inzwischen haben wir von einigen neue Sachverhalte zum
oben genannten Artikel bezüglich Eugen-Keidel-Bad erfahren, die einige Aussagen
im Artikel und der Pressemitteilung relativieren, weshalb wir darüber an dieser
Stelle berichten möchten:
So haben wir erfahren, dass die Fläche, die am
Eugen-Keidel-Bad für den Parkplatz vorgesehen ist, vor 30 Jahren an die
Stadtbau verkauft wurde. Bereits damals wurde die Aufforstung von gesetzlich
vorgeschriebenen Ersatzflächen vorgenommen. Insofern ist die Abholzung der dort
stehenden Bäume tatsächlich rechtlich korrekt, da die Fläche schon immer für
eine Erweiterung des Keidel-Bads vorgehalten war.
Insofern sollte aus unserer Sicht nur überlegt werden,
welche anderen Stellplatzmöglichkeiten denkbar sind. So z.B. ein Parkhaus in
Leichtbauweise (siehe Fraunhofer-Institut Tullastraße oder
Diakoniekrankenhaus), da ein solches Parkhaus mehr Parkmöglichkeiten auf
engerem Raum ermöglichen würde und dies vielleicht weniger Bäume kosten könnte.
Die Stadtverwaltung kann hier sicher Vorschläge machen, wie ein Teil der
bestehenden Bäume auf diese oder ähnliche Weise erhalten werden kann.
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Freiburg Lebenswert e.V. Pressesprecher: Michael Managò E-Mail: presse@freiburg-lebenswert.de www.freiburg-lebenswert.de
Der Wert eines Baumes (Foto und Text: Conrad Amber)