„Toleranz ist keine Einbahnstraße“

Die folgende Stellungnahme zum Schreiben der Fraktion UL zur Vergabe einer Kita an den Christlichen Schul- und Erziehungsverein hat Prof. Dr. Klaus-Dieter Rückauer (Stadtrat der Liste „Für Freiburg“) im Namen der Fraktionsgemeinschaft FL/FF verfasst:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Stuchlik,

am 5.4.2019 hat die Fraktion UL ein Protestschreiben gegen die Vergabe einer Kindertagesstätte an den Christlichen Schul- und Erziehungsverein an Sie gerichtet. Als Begründung wird eine Reihe von Vorwürfen erhoben, die sowohl sachlich völlig haltlos als auch in ihrer Schärfe ohne jedes Maß sind.

> Die Christliche Allianz (CA) wird als reaktionär bezeichnet

> Die Darwinsche Evolutionslehre werde abgelehnt

> Die CA sei extrem homophob

> Sie gehöre zu radikalen Abtreibungsgegnern

> Sie sei stark missionarisch unterwegs

> Insgesamt wird die CA als eine radikal reaktionäre Sekte bezeichnet.

Es wird hilfreich sein, dieser Flut unsubstanziierter und vorurteilsbeladener Äußerungen einige sachliche Informationen gegenüberzustellen:

> Die Evangelische Allianz (EA) ist mit weltweit mehr als 600 Mio. Mitgliedern nach der katholischen Kirche (1.300 Mio.) die größte Vereinigung der Christen (s.a. https://de.wikipedia.org/wiki/Weltweite_Evangelische_Allianz).

> 80 Prozent aller Menschen weltweit sind Teil einer Religionsgemeinschaft

> 30 – 40 Prozent aller Einrichtungen zur Gesundheitsvorsorge weltweit werden von Religionsgemeinschaften betrieben

> Die Schulen des CSE gehören fest zur Freiburger Schullandschaft – seit über 25 Jahren. Die Eltern von mehr als 500 Schülern vertrauen ihre Kinder dem CSE an; und zwar Nichtchristen genauso wie Christen aus den verschiedensten Glaubensgemeinschaften

> Auf der Webseite finden sich Mitgliedschaften im Evangelischen Schulwerk, Verband Evangelischer Bekenntnisschulen, Verband Deutscher Privatschulen, Diakonie Baden … sind das alles Sekten?

> Der CSE betreibt in Freiburg bereits eine Kita mit vier Gruppen

> Es mag im Hinblick auf Kritik von Seiten der Linken eine Ironie sein, dass diese Kita den Namen „Bunte Burg“ trägt.

Toleranz ist keine Einbahnstraße – wenn man Toleranz für die eigene Position einfordert, dann darf man erwarten, dass derjenige sie auch anderen Positionen gegenüber aufbringt. Selbst wenn diese im Sinn von Beschuldigungen vorgebrachten Aussagen sachlich zuträfen, darf gefragt werden, ob dies eine derart scharfe Anfeindung begründen könnte. Es ist bemerkenswert, dass die unterzeichnende Stadträtin Vogel nachträglich bekennen musste, keinerlei Beweise für ihre Anwürfe zu haben.

Wenn, wie es durch diese Protestnote erscheint, im Namen des Liberalismus vorgegeben sein soll, was gesellschaftlich – das bedeutet auch: in Einrichtungen der Kindererziehung – nicht gedacht und gesagt werden darf, dann ist das Projekt des Liberalismus doch irgendwie gescheitert. Die gerade von den Linken permanent und sehr zielstrebig eingeforderte Vielfalt unserer Gesellschaft sollte es zulassen, dass ohne Sorge bei zwei von 230 Kindereinrichtungen in Freiburg ein religiöser Hintergrund dieser Art besteht. Ist es nicht seltsam, wenn in einem Land mit christlicher Historie und Kultur christliche Grundsätze verteidigt werden müssen?

Wir möchten Sie mit Nachdruck darum bitten, dem Einspruch der UL nicht stattzugeben.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Klaus-Dieter Rückauer (Stadtrat)
Dr. Wolf-Dieter Winkler (Fraktionsvorsitzender)
Gerlinde Schrempp (Stellvertr. Fraktionsvorsitzende)

Die Fraktion FL/FF im Freiburger Gemeinderat (Foto: Creative Commons)