„Von Haus aus missglückt“

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„Bauherren und Architekten im Würgegriff des Bebauungsplans: Warum nur ist uns die Fähigkeit abhandengekommen, schöne und bewohnbare Städte zu bauen? Ein Denkanstoß von Christoph Mäckler.“ So lauten Überschrift und der Untertitel eines sehr lesenswerten Artikels des Architekten Christoph Mäckler, der in Freiburg unter anderem das Augustinermuseum ausgebaut hat, im Feuilleton der FAZ vom 1. Sept. 2016.

Mäckler beginnt seinen Beitrag bewußt provokant: „Warum eigentlich sind unsere alten Städte in Europa schöner als alles, was Planer und Architekten je in den vergangenen  Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg an Neuem entwickelt haben? Ist das normal? Sind Städte, wie der eine oder andere Kritiker im Brustton der Überzeugung öffentlich vertritt, unplanbar? Oder beruht der desolate Zustand der neuen Stadtviertel mit ihren traurig-tristen Straßen, denen jede Anmutung und Aufenthaltsqualität fehlt, einfach nur auf einem fatalen Unwissen der Fachleute, Straßen und Plätze als städtische Aufenthaltsräume zu planen?“

Den Grund benennt Mäckler unmissverständlich: „Die Gestalt des Straßen- und Platzraumes in unseren Stadtplanungsämtern bleibt ungeplant. Sie wird der Willkür und dem Unwissen einer privatwirtschaftlich orientierten Bauherrenschaft überlassen.“

Und er stellt gegen Ende seiner Anhandlung fest, was „Kern der Misere“ ist: „Die Verantwortlichen planen zumeist aneinander vorbei. Architekten entwerfen Einzelbauten in Form, Farbe und Material, so als gäbe es keinen Stadtraum, in den sie sich einzufügen hätten. Stadtplaner setzen vor allem Planungsprozesse auf, statt Stadträume zu entwickeln und zu zeichnen. Verkehrsplaner errechnen Verkehrsströme und legen Verkehrstrassen fest, statt Stadtstraßen zu planen.“

Am Schluss zitiert Mäckler den Kunsthistoriker A. E. Brinckmann, der schon 1908 den Architekten ins Stammbuch schrieb: „Es ist notwendig, dass Architekt und Publikum aufhören, den einzelnen Bau als ein in sich abgeschlossenes Gebilde zu betrachten. Jeder Bau hat eine Verpflichtung gegen seine Umgebung, gegen die gesamte Stadt, wie der Einzelne gegen seine Familie. Nicht Einzelnes allein zu sehen, sondern Relationen zu geben, dies ist das erste Bemühen des Stadtbaues.“

Bleibt zu wünschen, dass solche Appelle auch endlich in Freiburg gehört werden, einer Stadt, in der nach wie vor ein Klima des unkontrollierten „Bauens auf Teufel komm raus“ herrscht, bei dem sich Bauträger ohne Rücksicht auf das Stadtbild austoben dürfen.

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